Rechtslage Handel mit Grünlingen

  • Hallo zusammen,
    im Pilzforum.eu ist jemand darauf gestoßen das es wohl eine Firma gibt die in Deutschland Grünlinge als Speisepilze anbietet.
    Das dürfte rechtlich als äußerst fragwürdig zu bewerten sein.
    Kann jemand von euch da Konkret was zur Rechtslage und zu eventuellen Gegenmaßnahmen sagen?
    Hier der Link zum Thread:
    http://www.pilzforum.eu/board/…rven?pid=354166#pid354166


    Sofern niemand widerspricht werde ich das hier geschriebene dann auch ins Pilzforum kopieren da ja nicht alle dort hier den PSV-Bereich einsehen können. Natürlich könnt ihr euch auch gerne direkt dort im Forum melden.


    Danke Euch

  • Hallo gdno81,


    Sofern niemand widerspricht werde ich das hier geschriebene dann auch ins Pilzforum kopieren da ja nicht alle dort hier den PSV-Bereich einsehen können.


    inhaltlich kann ich Dir zwar nicht weiterhelfen, aber das Kopieren etwaiger Antworten kannst Du Dir sparen, weil in diesem Board/Unterforum auch nicht registrierte Benutzer Beiträge lesen können. Registrierte Benutzer können auch Beiträge verfassen.


    Einzige Ausnahme in dieser Kategorie ist das Board/Unterforum "DGfM e.V." - siehe die dortige Beschreibung. Ich muss gestehen, dass "Offener Bereich" als Bezeichnung für diese Kategorie missverständlich ist, wenn dazu auch ein Board/Unterforum mit eingeschränkten Zugriffsrechten gezählt wird.


    Gruß, Andreas

  • Hallo an alle,


    zum Handel mit Grünlingen:


    Grünlinge sind nach Bundesartenschutzverordnung geschützt - das schließt auch ein Handelsverbot für einheimische Wildsammlungen ein, sofern keine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde:


    https://www.gesetze-im-interne…/bartschv_2005/gesamt.pdf


    Im Lebensmittelbuch sind sie nicht als verkehrsfähige Art aufgeführt, das hat zwar keine Gesetzeskraft, ist aber ein wichtiges Dokument, wenn es um eine rechtliche Bewertung geht:


    https://www.bmel.de/SharedDocs…df?__blob=publicationFile


    Grüße,



    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,
    Dankeschön schon mal soweit,
    leider wird der Sammelort auf der Homepage des Anbieters nicht offen gelegt.
    Als weitere Kritische Verkaufgüter tauchen dort Gyromitra infula, Boletus pinophilus und diverse Leccinum-Arten auf.
    Wie sähe es mit Handelsverboten bei Importware aus?


    Generell bleibt die Frage ob man aufgrund der kritischen/giftigen Arten hier einschreiten muss und ggf. Ämter und Behörden informiert?


    LG, Björn

  • Hallo gdno81,


    Danke, ich habe die Frage mal an den Fachausschuss Pilzverwertung & Toxikologie weitergegeben.


    Prof. Dr.Siegmar Berndt hat dazu folgende Antwort gegeben:


    Zitat von Siegmar Berndt

    Ich gehe davon aus, dass die "einheimischen" Pilze aus Osteuropa stammen, sonst würde sich die Firma strafbar machen. Der Handel mit Grünlingen ist in Deutschland (noch) nicht verboten. Das BfR hat nur empfohlen , auf den Verzehr zu verzichten.


    Grüße,
    Wolfgang

  • Wow, das ging ja zügig..... :thumbup:
    Bin gespannt ob es eine Stellungnahme geben wird.....



    LG, Björn

    Hi,


    ich auch. Ich kann gern, wenn es allen recht ist, die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde kontaktieren. Da ich ja in der amtlichen Lebensmittelüberwachung gearbeitet habe, kann ich meine rechtliche Einschätzung zu der Problematik der Behörde gleich mitteilen. Was gerade wirklich iwie dann doch witizig ist, dass mir keiner im Studium oder während des Staatsexamens eine befriedigende Anwort zu der Frage liefern konnte, welche rechtliche Handhabe man in so einem Fall (Inverkehrbringen von potentiellen, aber nicht tödlich giftigen Giftpilzen) hat.


    l.g.
    Stefan

    Auf der Suche nach dem heiligen (Pilz)Gral ;)

  • Hi Stefan,


    aus meiner Sicht wäre das rechtlich wie folgt geregelt:


    Laut EU-Verordnung 178/2002, Art. 14 dürfen keine Lebensmittel in Verkehr gebracht werden, die nicht sicher sind.
    Dabei ist auch eine kumulative toxische Wirkung einzubeziehen (Abs. 4 b).


    http://www.bfr.bund.de/cm/343/2002_178_de_efsa.pdf
    (im pdf auf Seite 10)



    In's Deutsche Recht wurde das mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in §5, Abs. 2, Nr. 1 übertragen.


    http://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/__5.html



    Aber reichen die Kenntnisse über Grünlingsvergiftungen aus, um sie als "nicht sicher im Sinne des EU-Lebensmittelrechts" einzustufen? Immerhin werden Grünlinge in Polen (auch ein EU-Land) immer noch im Tonnen-Maßstab verkauft und gegessen.


    Am Ende kann das nur ein Richter entscheiden, aber dazu muss erstmal jemand klagen.


    Grüße


    Wolfgang
    (der sich gerade in diesen Zeiten ehrlich freut, in einem Rechtsstaat zu leben)

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    der Zeitungsartikel gibt einen Überblick über die Firma Danner http://www.mittelbayerische.de…sion-21840-art437814.html
    Ich habe mit dem Inhaber gesprochen. Prof. Dr. Danner war dankbar für die Hinweise zu den Ungereimtheiten auf der Homepage. Die Internetseite ist als überarbeitungsbedürftig erkannt und wird demnächst geändert. Sie entspricht ohnehin nicht dem tatsächlichen Angebot der Firma. Hauptabnehmer sind Firmen der Lebensmittelindustrie, die durch einen Katalog über das aktuelle Angebot informiert werden.
    Der Grünling wird mindestens seit 2001 nicht mehr gehandelt. Ebenso ist die Gyromitra längst nicht mehr im Angebot. Einige Arten wie z. B. Stockschwämmchen sind Zuchtpilze. Die angebotenen Arten kommen aus verschiedenen Ländern; Deutschland und die BArtSchV sind nicht betroffen.
    Harry Andersson

  • Hallo zusammen!


    Es ist immerhin beruhigend, daß die Firma schon lange keine Grünlinge (und Bischofsmützen) mehr im Angebot hat. Ein veralteter Stand auf der Website ist etwas unglücklich, doch der tut niemandem weh.


    Noch interessanter an dieser Diskussion fand ich aber die Aufschlüsse darüber, daß in dem Bereich die Regelungen und gesetzlichen Vorgaben doch einigermaßen vage sind. Daß dabei auch keine fundiert - fachlicher Hintergrund (zB durch Beratungsersuchen bei der DGfM) war fast zu erwarten. Was somit an einem unglücklichen Richter hängen bleiben würde, wenn tatsächlich mal irgendwo was schief geht.


    Dank euch bin ich um ein paar Erkenntisse reicher in dem Bereich.



    LG, Pablo.

  • Hallo ihr lieben,



    erstmal vielen Dank an dich Harry für das Kontaktieren der Firma Danner und die Wiedergabe des Sachstandes.


    Nur um die Sache mal weiterzuspinnen, bzw. meine Einschätzung der Sachlage wiederzugeben für die es interessiert. Als Gutachter in dem Fall würde ich persönlich folgenden Weg gehen (jetzt mal in Kurzform skizziert).


    Ich würde da sehr pragmatisch argumentieren. Von T. equestre wurden schon Vergiftugnsfälle bekannt, sogar teilweise welche mit Todesfolge. Zudem ist die Art von DER Fachorganisation im Deutschsprachigen Raum als eindeutiger Giftpilz gelistet. Gyromitra infula ist ebenfalls in der Liste der Giftpilze, bzw. potentiellen Giftpilze enthalten. Ein zusätzliches Argument ist hierbei auch noch, dass die genannten Arten nicht in den Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse gelistet sind.
    Eine Vergiftung nach dem Verzehr von den daraus hergestellten Lebensmitteln kann nicht ausgeschlossen werden und demzufolge sind die Lebensmittel nach Artikel 14 Abs. 2b der VO EG 178/2002 für den menschlichen Verzehr nicht geeignet und damit nicht sicher. Gemäß Artikel 14 Abs. 1 dürfen derartig erzeugte Lebensmittel nicht in der Verkehr gebracht werden. Der Gesundheitsgefährdungsartikel (Art. 14 Abs. 2a der genannten Verordnung) kann nicht angewendet werden, weil dieser nur bei nachgewiesener direkter Gesundheitsgefährdung anzuwenden ist. Es gibt dazu einige Urteile zu dem Artikel.
    §5 des LFGB, was du oben erwähntest Wolfgang bezieht sich nur auf Art. 14 Abs. 2a (Gesundheitsgefährdung) und kann für Art. 2b nicht angewendet werden. Das LFGB ist für den Artikel 14 Abs. 2b dann in § 60 spannend, wenn es um den Strafvollzug geht. ;)


    Ist auf alle Fälle eine spannende Diskussion.


    l.g.
    Stefan

    Auf der Suche nach dem heiligen (Pilz)Gral ;)

  • Hallo Pablo und Stefan,


    Was somit an einem unglücklichen Richter hängen bleiben würde, wenn tatsächlich mal irgendwo was schief geht.

    Soweit ich weiß, erhielt die DGfM 2006 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) das Vorschlagsrecht für Fachgutachter. Vor Gericht würde so also einer oder mehrere FGs, die von der DGfM vorgeschlagen würden, dem Richter die Fakten, die ihm in dieser Richtung fehlen, liefern...
    ..wobei bei Tod sowieso Landgericht und dann nicht nur dem Richter, oder?



    Zudem ist die Art von DER Fachorganisation im Deutschsprachigen Raum als eindeutiger Giftpilz gelistet


    Nach den Todesfällen ist das ja wohl von "DER Fachorganisation im Deutschsprachigen Raum" eine Pflichtübung. Und, Stefan (nur falls es so gemeint war), auf den Zynismus hier habe nur ich eine Lizenz.. ;)


    Sollte sich irgendwann herausstellen, das sich durch z.B. epigenetische oder genetische Vorgänge diese Vergiftungen nur auf diesen betroffenen Personenkreis beschränken oder eine andere Erklärung gefunden wird, sind wir alle hier wohl mit die ersten, die das mitbekommen..., Dank der Vernetzung der DGfM...


    LG, Jens

  • Hallo Jens,


    soweit ich das vermeiden kann, verzichte ich auf Ironie und Sarkasmus; erst recht hier im DGfM-Forum. Im EU-Pilzforum ist das was anderes und ich habe dann schon "meine" Smiley-Kombis, so dass die anderen das auch erkennen, wenn ich was ironisch meine. So ein "teuflisches Grinsen- Smiley fehlt noch in der Liste, merke ich gerade. :D


    Ich habe meinen obigen Beitrag also ernst gemeit und ich mache dir deine Lizenz (noch) nicht streitig. :whistling:


    l.g.
    Stefan

    Auf der Suche nach dem heiligen (Pilz)Gral ;)

  • Hallo Stefan,


    Ich dachte schon... Aber sei vorsichtig, ich bin hier auf der Lauer.. Und im Eu-Forum seid ihr unter ständiger Beobachtung! :D


    Aber wenn das "(noch)" mal wirklich wegfallen sollte, würde ich mich freuen, wenn hier weiterer neuer Wind weht.
    Es gibt hier ein paar (wenige) (ähm, ich kenne nur eins) Defizite, wo dringender Handlungsbedarf besteht...



    LG, Jens

  • Hallo,


    hierzu möchte ich gerne eine eigene Erfahrung einbringen.


    Vor 3 Jahren habe ich in Luxembourg bei einem luxembourger Lebensmittelgrosshändler (Typ Metro mit besserer Ware) zwei Kisten Grünlinge entdeckt. Ich habe ca. eine halbe Stunde gebraucht bis der erste Angestellte unter Zuhilfenahme des Internets mir die Giftigkeit des Grünlings glaubte.


    Ich dachte es sei jetzt alles ok, aber eine Woche später waren wieder Grünlinge im Angebot.


    Gruss Jorge

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