gyroporus castaneus

  • Hallo an alle,


    ich habe gestern in dem Pilzbuch


    Pierre Roux, Mille et un champignons, 2006, S. 21


    folgendes zum Hasenröhrling gelesen:


    "des intoxations ayant été signalées ..."


    Ich übersetze besser: Es sind Vergiftungsfälle angezeigt worden und daher solle der Hasenröhrling zu Speisezwecken gemieden werden, zumal er auch mit dem giftigen Falschen Hasenröhrling (gyroporus ammophilus) verwechselt werden könnte.


    Dieser Pilz wurde ja früher der Gattung Paxillus zugeordnet, und alle Paxillae gelten als zumindest giftverdächtig, wesshalb die als bislang ungiftig bekannten Paxillae ja inzwichen wieder ausgruppiert werden (vermutlich jedoch basierend auf die DNA-Analysen).


    Gibt es da neue Erkenntnisse?


    Gruß Jorge

  • Hallo Jorge,


    ich hatte mich zugegbenermaßen auch gewundert, den Hasenröhrling in der DGfM-Positivliste der unkritische Speisepilze zu finden.


    Da ich aber volles Vertrauen in die Arbeit des Fachbeirates Toxikologie habe, gibt es offensichtlich nach aktuellem Forschungsstand keine Gründe, die Essbarkeit des Hasenröhrlings anzuzweifeln.


    Gegessen habe ich ihn aber selbst noch nicht - da die Essbarkeit für mich eine relativ neue Information ist und ich ihn nicht jedes Jahr finde (gelegentlich aber in sehr großer Zahl).


    Grüße, Wolfgang

  • Hallo Jorge,


    der einzige Grund, Gyroporus irgendwie mit Kremplingen in Verbindung zu bringen, war die Gemeinsamkeit der Schnallen, die aber auch bei anderen Boletales auftreten. Insofern ist die Zuordnung von Gyroporus zu den Paxillineae bzw. Paxillaceae m.M.n. nie wirklich gut begründet gewesen und mittlerweile absolut "out of date".


    Verwandtschaftlich gehört Gyroporus in den Dunstkreis der Kartoffelboviste (siehe z.B. auch hier: http://eol.org/pages/11976598/overview).


    Ich habe den Hasenröhrling zwar selbst noch nicht gegessen, hätte da aber wenig Bedenken (abgesehen von der gebietsabhängigen Seltenheit der Art). In Frankreich sieht es etwas anders aus, da der "Falsche Hasenröhrling" ja ein mediterranes Element darstellt und daher in Südfrankreich zu erwarten ist (oder schon nachgewiesen ist?).


    Noch kurz zu den Paxillaceae...


    Zitat

    weshalb die als bislang ungiftig bekannten Paxillae ja inzwichen wieder
    ausgruppiert werden (vermutlich jedoch basierend auf die DNA-Analysen).


    Die Ausgliederung der Tapinellaceae (also z.B. des Samtfußkremplings und des Muschelkremplings) erfolgte von mir primär anhand der Fruchtkörper- und Rhizomorphenanatomie, wurde aber auch genetisch bestätigt und ist auch bezüglich der Inhaltsstoffe nachvollziehbar. Mit der Genießbarkeit hatte diese Entscheidung nichts zu tun.


    Als erster hatte Gilbert zumindest auf Gattungsebene den Muschelkrempling in die Gattung Tapinella gesteckt, Sutara viel später auch den Samtfußkrempling. Sutara bezog sich ebenfalls auf die Anatomie (hier der Fruchtkörper). Damals hatte man nur keine eigene Familie bzw. auch Unterordnung beschrieben, da man immer noch an der Makroskopie ("kremplingsartige Fruchtkörper") festhielt.


    LG
    Christoph

  • .. jetzt ist mein Interesse ja geweckt, weil ich in den Mainzer Binnendünen mit submediterranen Floren-Einflüssen ja gewarnt sein muss. Ich hatte von der Art bis eben noch nie gehört.


    Kann mir jemand diese Literaturstelle besorgen?


    Castro, M.L.; Freire, L. (1995). Gyroporus ammophilus, a new poisonous bolete from the Iberian Peninsula. Persoonia 16 (1): 123-126.


    (Bitte als PM, keine öffentlichen Literatur-Downloads einstellen).


    Danke, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang, hallo Christoph, hallo Gernot,


    vielen Dank für die aufschlußreichen Ausführungen.


    ich schließe, daß bei Pierre Roux nur ein klassischer fehler aus Vorsicht Eingang gefunden hat, der aus der ursprünglichen Publikation von Marcel Bon ursact.



    Merci und Gruß Jorge

  • Andreas Kunze

    Hat das Label Expertenthema hinzugefügt.

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