alte Pilznamen

  • Hallo zusammen,
    nach dem ich seit über einem halben Jahr am neuen Europaparkthotel "Bell Rock" mitarbeite, durfte ich da nun auch eine Nacht verbringen.
    Im Bereich des Buffet-Restaurants sah ich als Dekoration ein Kästchen mit 12 Pilzmodellen, die offensichtlich schon betagt aber recht ordentlich waren.
    Auf Messingschildern war der botanisch Name drauf. Zwei davon haben ich etwas irritiert:
    Ixocomus variegetus konnte ich als Sandröhrling erkennen, aber von Ixocomus habe ich noch nie gehört.
    Krombholzia rugosa habe ich als Leccinum (in meinem Parey steht noch Krombholziella) erkannt, aber die Art ist mir völlig fremd. Auch Google konnte mir nicht helfen.
    Leider kein Bild, war recht dunkel da http://resort.europapark.com/l…tml?id=8508&xzuy=640zu360 und ich habe nur ein unbrauchbares Handy-Foto. Auf dem Hotelbild war das noch nicht da, steht am Ende der Theke. Vielleicht nehme ich den Foto mal zur Arbeit mit.
    Falls sich mal da jemand hin verirrt, das Modell von Marasimus Oreades passt mir gar nicht. Bin mir aber nicht sicher, ob das Modell falsch beschriftet ist, oder ob ich die Variationsbreite der Art nicht drauf habe.


    viele Grüße
    Alis

  • Hallo Alis,
    manche Autoren haben früher die Gattung der Schmierröhrlinge halt Ixocomus genannt, heute scheint sich da ja Suillus durchgesetzt zu haben,
    vielleicht schreibt da ja noch jemand was genaueres dazu,
    viele Grüsse
    Matthias

  • Danke Willihund,


    hilft leider nicht. Bis zur mycobank bin ich auch gekommen.
    Im Abbildungsverzeichnis von Bollman gibt es die Art nicht und der Google-Bildersuche traue ich in dem Fall nicht.


    Gruß Alis

  • Hallo Alis,


    ich hab auch mal etwas recherchiert. Der Name Boletus rugosus für einen Raufußröhrling geht auf Fries & Hök zurück, welche sich in ihrer Arbeit „Boleti, fungorum generis illustratio“ (1835) für Boletus rugosus auf die Tafeln 420 und 421 in Sowerbys Werk „Coloured figures of English fungi or mushrooms 3“ beziehen. Tab. 420 in Sowerbys Arbeit zeigt jedoch Boletus lactifluus bzw. B. granulatus (heute Suillus granulatus) und kann daher nicht für einen Raufußröhrling in Frage kommen. Auf tab. 421 ist B. fuscoalbus (ein Raufußröhrling) abgebildet. Der Name „Boletus rugosus“, auf den sich Fries & Hök beziehen, taucht aber erst bei tab. 422 auf und bezeichnet dort einen Porling, den wir heute als Abortiporus biennis kennen. Fries & Hök haben sich da also offensichtlich vertan und den falschen Namen verwendet. Zu allem Überfluss ist Boletus rugosus Sowerby eigentlich ein nom. illeg., da ein späteres Homonym von Boletus rugosus Jacq.


    Folgt man MycoBank, so hat Bon (Doc. Mycol. 11(43), 1981) Leccinum rugosum als nom. nov. für Boletus rugosus Fries & Hök nom. illeg. vorgeschlagen. Ich verstehe allerdings nicht so ganz, wie der Name B. rugosus Fries & Hök entstanden ist, da sich die beiden in ihrer Arbeit klar auf Sowerby beziehen und Boletus rugosus nicht als neue Art beschreiben (vielleicht kann das jemand erklären). Früher wurde oft der Name Krombholzia statt Leccinum verwendet (Krombholziella, wie in deinem Parey, ist wieder ein anderer Name), weshalb auch dein Pilzmodell so benannt sein dürfte. Es gibt zwar weder im Index Fungorum noch in der MycoBank den Namen „Krombholzia rugosa“, weshalb wohl nie eine gültige Umkombination von Boletus rugosus zu Krombholzia stattgefunden haben dürfte aber bei so einem Modell würde ich kaum eine nomenklatorisch korrekte Benennung erwarten ;) . Dazu kommt, dass Pilát in einigen seiner Werken anscheinend sehr wohl den Namen Krombholzia rugosa verwendet hat (siehe http://fungi.fr/Html/bolcrpn_descript.html; Bibliographie), wenngleich er den Namen eben nie korrekt umkombiniert hat (?). Laut der gerade genannten Website und z.B. auch Moser (Kryptogamenflora) verwendete Pilát den Namen B. rugosus bzw. K. rugosa für den heutigen Leccinum pseudoscabrum (Leccinellum carpini), daher würde ich jetzt einfach mal vermuten, dass dein Pilzmodell den Hainbuchen-Raufußröhrling darstellt. Könnte das hinkommen?


    Heute wird Boletus rugosus m.M. in der Regel als Synonym von L. fuscoalbum angesehen, da sich Fries & Hök ja ursprünglich auch auf Sowerbys Tafel von Boletus fuscoalbus bezogen, fälschlicherweise jedoch den Namen Boletus rugosus verwendeten.


    Schöne Grüße
    Gernot


    PS.: Die Werke von Fries & Hök und Sowerby gibt es hier: http://boletales.com/wp-conten…leti_fungorum_generis.pdf bzw. hier:#mce_temp_url# .

  • danke Gernot für die Fleißarbeit. Sehr aufschlußreich.
    Erinnert mich an eine Aussage von Walter Pätzold: "deutsche Pilznamen ändern sich von Region zu Region, die botanischen von Jahr zu Jahr"
    Wie gesagt, es war wenig Licht in dem Raum. Wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte, schaue ich mir das noch mal an.
    Ich habe mir noch einen weiteren Namen notiert, den ich dann auch nicht in meiner Literatur gefunden habe: Tricholoma georgii
    Da brachte Google schnell die Antwort und es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Calocybe gambosa wird doch auch Georgsritterling genannt.
    So kann man sich auch austoben, wenn keine Frischpilze zur Hand sind....


    viele Grüße
    Alis

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