Ist dies Amanita magnivolvata?

  • Liebe Pilzfreunde,


    bei diesem Scheidenstreifling (Foto 1) weisen einige Merkmale in Richtung Amanita magnivolvata, obwohl der eine kräftigere, rostocker-marmorierte Volva haben müsste. Gefunden habe ich ihn letzten September unter Rotbuche auf kalkhaltigem Untergrund.


    Hut flach konvex, hell inkarnatbräunlich bis hell haselbraun, Rand deutlich und grob gerieft (Foto 2). Stiel auf blass inkarnatockerfarbenem Grund mit auffallenden sparrigen Schüppchen (Foto 3). Volva dick, bis 3 mm, außen weiß, innen inkarnatocker (Foto 3), ein Gemisch aus Hyphen und birnförmigen bis kugeligen Elementen (Foto 4).
    Sporen [95% • 18 • SAP • v • H2O(nat)] = 12,2-13,3-14,4 x 6,9-8,1-9,2 µm; Q = 1,5-1,7-1,8; Vm = 456 µm³, breit ellipsoid (Foto 5).


    Wer kennt sich in der Gattung aus und kann mir bei der Bestimmung weiter helfen?


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo Christian,


    ich bin zwar kein Kenner der Gattung, habe aber dennoch Zweifel an Amanita magnivolvata.


    Auf Deinen Aufnahmen erscheint mir die Volva eher dick und brüchig, was auf viele Sphaerozyten hinweist. Auch das Mikrofoto zeigt etliche.


    Lt. Ludwigs Pilzkompendium Bd. 3, S. 7:
    " Volva bis zur Mitte des Stieles heraufreichend, weit abstehend; zäh und ausdauernd, aber (zumindest alt) nicht auffällig dick; weiß mit vereinzelten rostockerlichen Flecken."


    Eine Abbildung befindet sich unter anderem in Cetto, "I fungi dal vero", Bd. 5., Nr. 1698.
    Übereinstimmungen mit Deinen Aufnahmen kann ich da nicht feststellen.


    Beste Grüße Udo


    Nachtrag:
    Auch hier sind ein paar Aufnahmen:
    http://www.fungiworld.com/swit…98&gattcode=aat&bildnum=0

  • Hallo Christian,


    wie ich schon im PilzePilze-Forum schrob gehört dieser Pilz in die lividopallescens-Gruppe. Allerdings in sehr weitem Sinne, denn A. lividopallescens ist eine rundsporige Art.
    Dein Pilz hat sogar auffallend lang-elliptische Sporen, zumindest für eine Amanita. Die Volva ist recht brüchig, enthält rundliche Elemente. Daher bleibe ich bei meiner ersten Diagnose als A. oblongispora. Das müßtest Du allerdings noch anhand der Basidien verifizieren, die in dem Fall Schnallen aufweisen sollten. Wenn dies nicht der Fall ist, dann müßte man bei A.malleata s.l. suchen.


    A. magnivolvata ist auch eher aus den nordischen, saureren Gegenden bekannt, da würde Kalkbuchenwald nicht gut passen.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo Andreas, hallo Udo,


    Danke für die Korrektur! Wie ich schon im PilzePilze-Forum geschrieben habe stehe ich vor einem Patt und muss warten bis der Pilz wieder erscheint.


    Für die Prüfung auf A. oblongispora müsste ich nachmikroskopieren. Welche Bestimmungsschlüssel sind denn heute für Amanita relevant?


    Ich habe außer der FN noch den Krieglsteinerband und eine Übersetzung des Fraiture-Schlüssels.


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo Christian,


    vielleicht kann ich noch etwas beitragen... Klar ist, dass es sich um einen Scheidenstreifling mit länglichen Sporen und brüchiger Volva handelt. In dieser Kombination gibt es nicht mehr so viele Arten (Amanita sect. Vaginatae subsect. Ovigerae series Biovigera - je nach Einteilung der Scheidenstreiflinge). Insofern fallen z.B. Amanita lividopallescens und verwandte Arten weg.


    Abgesehen von dem leichten Grauton, den ich auf einem Foto am Hut zu erkennen meine, sieht das sehr nach Amanita dryophila aus. Eine gute Beschreibung findet man hier: http://www.amanitaceae.org/?Amanita%20dryophila). Insbesondere der deutlich genatterte Stiel und die generelle Hutfarbe passen hier gut.


    Generell (und wegen des Grauanteils) kommt, wie Andreas schon schrieb, auch Amanita oblongispora in Betracht. Die hätte, wie schon erwähnt wurde, u. A. Schnallen an den Basidien (A. dryophila nicht).


    Amanita malleata kenne ich deutlich grauer, Amanita biovigera soll kräftiger braunoliv sein, kenne ich aber nicht ( beide hätten auch keine Schnallen).


    Rein gefühlsmäßig tippe ich auf Amanita dryophila. Die ist vermutlich häufiger, als man denkt. Im Raum München kommt sie jedenfalls vor.


    Amanita magnivolvata kann man komplett ausschließen. Die hätte eine sehr dicke, zähe Volva und einen braunoliven Hut.


    LG
    Christoph

  • Hallo Christoph,


    vielen Dank für den Tipp. Einen leichten Grauton konnte ich auf dem Hut von meinem Fund nicht beobachten. So könnte die Art A. dryophila gut passen. Allerdings halten GMINDER & SAAR in "Ergänzungen zur Großpilzflora Baden-Württemberg" den Status der Art wegen der schwierigen Abgrenzung zu A. malleata noch nicht für restlos geklärt. Sollte mein Pilz keine Schnallen an den Basidienbasen haben, müsste ich eine subjektive Bestimmung anhand der Hutfarbe vornehmen (malleate vs dryophila).


    Es ist schade, dass TULOSS auf seiner Webseite keine Q-Werte bei den Sporenmaßen angibt. Meine Kollektion sticht mit einem Mittelwert von 1,7 aus dem Gros der Amanitaarten heraus. Vergleichbares habe ich bisher nur von einer A. stenospora Contu in LUDWIG 2012 gelesen. Zu dieser Art finde ich nirgends Beschreibungen! Für A. oblongispora gibt LUDWIG nur einen Q-Wert von 1,2 bis 1,5 an. Hat A. dryophila ähnlich schmale Sporen?


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo Christian,


    was den Sporenquotienten betrifft, ist Deine Kollektion schon extrem. Gut, Du hast nur 18 Sporen vermessen (und von einer Lamelle?!). Der Trend ist aber bereits klar. Ein Problem bei Amanita dryophila ist, dass die Angaben der Originalbeschreibung eine Art mit kleinem Quotienten suggeriert, Tuloss aber deutlich andere Maße bestimmt hat (wie Du ja in der verlinkten Seite nachsehen konntest).


    Ich habe in München mal ein Amaniten-Wochenende geleitet, bei dem wir viele Scheidenstreiflinge angesehen haben. Wir hatten damals auch eine Kollektion, die wir als A. dryophila bestimmt hatten. Die war nicht so langsporig wie Deine Kollektion (ich habe leider keine Aufzeichnungen, da es nicht mein Fund war). Aber zumindest Deine Sporenlängen passen zu den Tulloss'schen Maßen. Und bedenkt man, dass er sogar Sporen bis 18 µm Länge gesehen hat (als Ausreißer), scheint das Sporenmaß schon sehr variabel zu sein. Das müsste über genügend Kollektionen zu klären sein. Vielleicht ist A. dryophila hinsichtlich der Sporenlänge und damit auch des Quotienten sehr variabel... Wieviele Kollektionen wurden denn bislang untersucht?


    Rein makroskopisch passt es jedenfalls gut (wobei ich eben auch nur eine Kollektion selbst gesehen habe und mich sonst auf die in der Literatur abgebildeten Fotos beziehe). Wenn die Art wieder erscheint, wird es spannend: Haben die Basidien doch Schnallen? Wie sind dann die Sporenmaße? Wie ist es bei jungen vs. alten Fruchtkörpern? --> Bei alten mit längeren Sporen als bei jungen?


    LG
    Christoph

  • Hallo Christoph,


    ich habe dir noch ein Foto angehängt mit einer Ausreißerspore. Auch meine Kollektion hatte Ausreißer bis 16 µm Länge, die ich für die Sporenstatistik nicht mitgemessen habe! Die Maße habe ich mit Axiovision Release 4.8 gemessen. Das Sporenabwurfpräparat stammt von einem kompletten Hutsektor, der auf einem Objekträger lag.


    Wenn es von A. dryophila nicht allzuviele bearbeitete Kollektionen gibt, ist dann die Abgrenzung zu eng verwandten Arten gut begründet?


    Viele Grüße
    Christian

  • Liebe Pilzfreunde,


    der Scheidenstreifling ist wieder unter der selben Eiche erschienen wie letztes Jahr und dank dieser Standorttreue hatte ich nun Gelegenheit, nach Schnallen an den Basidienbasen zu suchen. Die Basidien erwiesen sich als schnallenlos, so dass Christophs Einschätzung auf Amanita dryophila zutreffen könnte (siehe Fotos 4 bis 5).
    Die damaligen grauen Farbtöne auf meinen Fotos waren der Lichtreflexion durch das Tageslicht geschuldet. Ich konnte auch bei der neuen Kollektion (wieder mal nur ein Exemplar!) keine Grautöne erkennen (siehe Fotos 1 bis 3). Der Hut war hell haselbraun.


    Kann von den Wulstlingsspezialisten jemand überprüfen, ob es sich evtl. auch um A. malleata handeln könnte?


    Viele Grüße
    Christian

  • Donnerwetter!


    Nach einer Nacht im Kühlschrank hatte der Hut heute früh eine graue Hutbereifung bekommen. Beim frischen Fruchtkörper gestern, war dieses Merkmal für mich noch nicht erkennbar. Die Fotos zeigen, dass der Rand haselbraun geblieben ist.


    Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Stielbasis auffallende ocker-orange Flecken hat. Man sieht dies gut auf Foto 1 bei meinem vorigen Beitrag. Die Beschreibung von A. dryophila auf TULLOSS' Webseite erwähnt weder die graue Hutbereifung noch die Flecken an der Stielbasis.


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo Christian

    Auch meine Kollektion hatte Ausreißer bis 16 µm Länge, die ich für die Sporenstatistik nicht mitgemessen habe!

    Das hast du nicht richtig gemacht. Dadurch ergeben sich Werte, die durch unser "Gefühl" bestimmt werden. Du solltest immer alle (richtig) liegenden Sporen pro Foto vermessen und keine Auswahl zwischen großen und kleinen treffen, wenn du einen wirklich (mathematisch) vergleichbaren Mittelwert und natürlich auch Q-Wert errechnen willst.
    Smaff gibt dir doch dann die Möglichkeit, Ausreisser (die dann wirklich welche sind!) aus der Messreihe zu entfernen und das sollte man dann auch unbedingt machen. Es wäre im Ausreisserfall üblich, auf Ausreisser nach oben und/oder unten hinzuweisen. Aber bitte in keinem Fall eine Vorauswahl treffen.
    Hast du erneut Sporen vermessen?




    Hallo Christof,

    Gut, Du hast nur 18 Sporen vermessen (und von einer Lamelle?!)

    Da Christian ja seine Messwerte statistisch aufbereitet, habe ich kein Problem mit "nur" 18 Sporen. Viel gravierender, also hier den Mittelwert beeinflussend, dürfte seine oben zitierte Vorauswahl bei der Messung sein.



    LG, Jens

  • Hallo Jens,


    ich habe die Sporenmessung nochmal wiederholt und dabei alle gut liegenden Sporen mitgemessen.


    Hier die Ergebnisse:


    Bisherige Messung: Sporen [95% • 18 • SAP • v • H2O(nat)] = 12,2 - 13,3 - 14,4 x 6,9 - 8,1 - 9,2 µm


    Neue Messung: Sporen [95% • 25 • SAP • v • H2O(nat)] = (11)11,2 - 13,2 - 15,3(16,3) x 6,9 - 7,9 - 9,0 µm


    Beim Mittelwert macht es nicht soviel aus. Die Min/Max-Werte verändern sich dagegen schon.


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo Christian,

    Beim Mittelwert macht es nicht soviel aus. Die Min/Max-Werte verändern sich dagegen schon.

    Deine Messung ist einerseits mal wieder ein gutes Beispiel für die Macht des Mittelwertes, andererseits hätte ich mit einer Abweichung der Mittelwerte nach oben, anstatt nach unten gerechnet. Das mag aber dem jeweiligen Alter, bzw. den Wachstumsbedingungen geschuldet sein.
    Was man aber sagen kann, ist, dass man jetzt die Spannweite (Variationsbreite) der vorkommenden Sporen besser erkennen kann, da du ja alle gemessen hast. Sie ist zwar größer, als in der ersten Messreihe, zeigt aber dadurch aber auch die wahrscheinlicheren möglichen Sporengrößen bei weiteren Messungen.
    Wenn ich mal wieder genug Energie habe, mache ich in Smaff noch den direkten Vergleich von Messungen fertig. Der vergleicht dann hauptsächlich die Mittelwerte mit ihren Standardabweichungen und Varianzen miteinander.
    Erstaunlicherweise haben immer noch nicht alle die wahre Bedeutung des Mittelwertes erkannt. Für mich viel besser lesbar könnte man die Maße sowieso immer so oder ähnlich angeben:


    erste Messreihe: 13,1 ± 1,1 x 8,1 ± 1,1
    zweite Messreihe: 13,2 ± 2 x 7,9 ± 1,1


    So kann man z.B. sofort erkennen, dass die Mittelwerte sehr nah bei einander liegen und dass die zweite Messreihe besonders in der Spannweite der Länge von der ersten differiert. Natürlich müsste man Kopfrechnen ?( , wenn in Schlüsseln Angaben sind, wie: Sporenlänge kleiner 15 µm, aber viel toller wäre es, wenn man in diesen lesen könnte, Sporenlänge kleiner 12 µm im Mittel. Denn diese Aussage könnte man mit deinen Messreihen sofort negieren und die Aussagekraft wäre ungleich höher und sicher, obwohl es dann nur noch um 1µm geht.
    Natürlich sind meine Aussagen nicht ganz (mathematisch!) korrekt, aber sie zeigen, wo es lang gehen könnte.
    Und ansonsten finde ich es super, dass du mein Prog benutzt. Kommt eh kaum einer mehr drum rum, Messergebnissse statistisch aufbereitet zu publizieren, wenn man so sieht, was in in internationalen Periodika veröffentlicht wird, jedenfalls bei denen, die ich da so zu sehen bekomme.


    LG, Jens

  • Andreas Kunze

    Hat das Label Expertenthema hinzugefügt.

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