Tricholoma arvernense (vs. sejunctum)

  • Liebe Ritterlingsfreunde,


    aufgrund eines Beitrages im Fachforum Inocybe möchte ich hier gerne meine Meinung vertreten, dass Funde von Tricholoma sejunctum aus sauren Sandkiefernwälder besser als T. arvernense angesprochen oder zumindest daraufhin untersucht werden sollten.


    Begründung (Ausschnitt aus Zitzmann, H. (2005): Die Pilze des Oberpfälzer Waldes: Die Gattung Tricholoma. Mycol. Bav. 7:27-42):


    Tricholoma arvernense Bon
    Synonyme: T. sejunctum var. arvernense Bon, T. sejunctoides Orton (nach BAS et al. 1999)
    Abbildungen:
    Ref.: Ma 866 (var. discolor), Ma 865,
    Sonst.: Ähnlich sehen auch die Bilder von T. sejunctum aus: Ma 865, K S. 565, R S. 289, D 245,
    G 75, Ri 37.
    Bemerkungen: Eine nicht einfach zu bestimmende Kollektion. Die Ursache liegt auch hier in der verwirrenden Artauffassung. Neben T. sejunctum (Sow.: Fr.) Quél. stößt man noch auf T. viridilutescens Moser, T. sejunctoides Orton, T. subsejunctum Peck oder eben T. arvernense Bon. Von T. arvernense wie auch von T. sejunctum sind zudem noch Varietäten beschrieben.
    Weiter geht das Problem in der Ökologie. Während die einen T. sejunctum für eine Art auf lehmigen Kalkböden halten (MARCHAND 1986, BAS et al. 1999), nennen andere „acidophile“ Standorte wie Birken-Eichen-Wälder oder Heiden (BON 1995). Am Besten passt auch die Angabe für T. arvernense, z. B. bei BAS et al. (1999), S. 115: „in pine woods rich in lichens on nutrient-poor, acid sandy soil“.
    Beide Aufsammlungen waren schon makroskopisch identisch, unterschieden sich aber von Funden aus calciphilen Laubwäldern der Regensburger Umgebung. Sie waren zunächst als T. sejunctum bestimmt worden. Diese sollte jedoch nach BAS et al. (1999) Sporen von (5,5) 6,0–7,5 (8,5) x 4,5–6,0 μm aufweisen, T. arvernense hingegen 4,5–6,0 x 3,5–5,0 μm mit fast kugeliger bis breit ellipsoider Form. Dieses Merkmal in Kombination mit der Ökologie gab den Ausschlag zur Bestimmung.
    Funddaten: MTB 6339/4, Elm bei Kaimling, 22.10.1989 (Dia, Exs); MTB 6739/13, Spitalhaus, 06.10.2002
    (Dia, Exs)


    Meinungen hierzu - vor allem abweichende - würden mich sehr interessieren.


    Gruß


    Helmut

  • Hallo in die Runde,


    nicht daß ich mich mit Ritterlingen auskenne, aber ich halte mich in der Regel an BON mit der Benennung. Ob der Name dann "current" ist, oder der "modernste", oder im Sinne von und zu usw. usf., ist für mich inzwischen beinahe sekundär, ich weiß dann jedenfalls, welcher Pilz gemeint ist. Versucht 'mal, eine frühere Nectria vernünftig einzuordnen, da ist diese Sejunctum- Gruppe noch ein Kinderspiel.


    Die im Foto gezeigte Art hatte ich mit Hilfe von BON als Tr. sej. var. conif. bestimmt, gefunden hat sie M. Vogel in einen Fichtenwald mit eingestreuten Buchen und einigen Kiefern über Muschelkalk , vom Gesamtartenspektrum ein typischer Kalkfichtenwald. Das Foto entstand nicht am Fundort.


    Gruß P. P.

  • Hallo Helmut und P.P.,


    zur Problematik gibts hier noch eine Diskussion:


    http://forum.fungiworld.com/in…ic=4719.msg28180#msg28180


    Ob T. sejunctum var. coniferarum wirklich eine "gute Art" ist? Einziger Unterschied ist ja nur die leicht rötende Stielbasis ... und natürlich die Bindung an Nadelbäume. Ansonsten gibts aber keine Unterschiede zur Laubwaldform. Meine Funde beider Varietäten stammen von kalkreichen, frischfeuchten und etwas lehmigen Böden. Auf Sandböden bei Kiefern sind sicherlich andere Arten aus diesem Kreis zu finden. Wie Helmut schon schrieb, z.B. T. arvernense.


    Grüßle
    Jürgen

  • Servus zusammen,


    2010 hatte ich zwei Kollektionen im Fichten-Tannen-Buchenwald auf Kalk im Mangfallgebirge, die mit dem Grögerschlüssel eindeutig als T. arvernense zu bestimmen waren (Sporen unter 6, rundlich, Schnallen reichlich, Marginalzellen gut differenziert). Mykorrhizapartner waren sicher Nadelbäume (Tanne/Fichte).


    Der Standort ist natürlich nahzu das Gegenteil eines sandigen Kiefernwaldes. Da mir Vergleichskollektionen fehlen, dann ich nicht mehr dazu sagen.


    Grüße


    Hias

  • Hallo Hias,


    schöne Kollektion! Sieht wirklich nach T. arvernense aus. Wie sah denn die Botanik an der Fundstelle aus? Waren da typische Kalkzeiger oder basiphile Arten vorhanden? Die Kalkalpen heißen zwar so, aber es gibt da trotz Kalk und Mergel auch noch Schiefer, Grauwacken und vor allem Dolomit! Dolomit ist zwar Kalk, aber er ist für Böden mineralisch schlecht verfügbar.


    Grüßle
    Jürgen

  • Hallo,


    An der Bestimmung des durch Hias vorgestellten Fundes als Tr. avernense habe ich keine Zweifel. Er hat ja die mikroskopischen Unterschiede zu Tr. sejunctum hervorragend beschrieben.
    Meiner Meinung nach gibt es auch makroskopische Unterschiede: Während bei Tr. sejunctum am Hut lange Zeit die Gelbtöne dominieren, finden sich bei Tr. avernense nur im ganz jungen Zustand überhaupt Gelbtöne auf dem Hut.
    Den Standort sollte man vielleicht nicht überbewerten. Wie schon Jürgen schreibt, kann der Standort im Mangfallgebiet durchaus oberflächenversauert sein.
    Anbei ein Bild aus dem sandigen Kiefernwald bei Roth. Dort kommt die Art seit Jahrzehnten regelmäßig vor.



    Mich würde auch mal interessieren ob die Art in Deutschland schon einmal nördlich des Mains gefunden wurde.


    Gruß Gerhard

  • Servus,


    botanisch kann ich leider nicht viel zum Standort sagen. Sauerklee, nicht näher bestimmte Moose. Durch die dicke Nadelstreu sicher oberflächlich etwas abgesauert. Aber auch ein schöner Cortinarienwald mit C. dionysae und C. vespertinus.


    Geologische Unterlage: Hauptdolomit und quartärer Hang- und Verwitterungsschutt.


    Grüße


    Hias

  • Andreas Kunze

    Hat das Label Expertenthema hinzugefügt.

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