Hilfe gesucht zur Identifizierung

  • Liebe Pilzfreunde,
    bei der Suche nach einer Möglichkeit, den gefunden Pilz zu identifizieren, bin ich auf euer Forum gestossen.
    Ich bin heute morgen bei der Überprüfung einer Wohnung (wg. Pflegedefiziten) auf diese Vertreter getroffen. Keine Ahnung, was das für einer ist. Ich hoffe, ihr könnte mir helfen! In Häusern habe ich schon viele Schimmelpilze entdeckt, aber so einen noch nicht...


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    Ich gehe davon aus, dass es überhaupt nichts gutes bedeutet, wenn der im Mauerwerk haust. Von den schwarzen Schimmelkollegen will ich lieber erst gar nicht schreiben. So was habe ich noch nicht gesehen!!!!

  • Hallo Toby,


    so etwas habe ich schon öfter mal gesehen. Vermutlich befindet sich unter dem Fliesenspiegel ein zelluloshaltiges und dauerhaft feuchtes Baumaterial, woraus der Pilz die Kohlehydrate für sein Wachstum zieht. Nachdem was auf dem Bild für mich erkennbar ist, sollte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Becherling aus der Gattung Peziza handeln. Die Fruchtkörper auf deinem Bild sind aufgrund des speziellen Standortes dicht zusammengedrängt und daher auch etwas deformiert. Ein in Gebäuden an ähnlichen Standorten schon ein paar mal angetroffener Vertreter dieser Gattung ist der sog. Blasige Becherling. (Peziza vesiculosa).
    Ob es sich bei deinem Fund um diese Art handelt, kann nur eine genauere Untersuchung durch einen Fachmann ergeben, was aber eigentlich nur von nachrangigem Interesse für dich sein sollte.
    Nach derzeitigem Kenntnisstand sollte von den Becherlingen aus umwelthygienischer Sicht und in Bezug auf die gesundheitliche Gefährdung der Bewohner keine erhöhte Gefahr ausgehen. Da solche Becherlinge bei der Reife dennoch recht große Sporenmengen freisetzen, möchte ich dir trotzdem die Entfernung der Fruchtkörper empfehlen. Aufgrund deiner groben Beschreibung der örtlichen Verhältnisse dürfte für die Bewohner ohnehin bereits eine erhöhte Keimbelastung bestehen und die Personen u.U. auch zu einer Risikogruppe gehören, für die bereits geringere Mengen von Pilzsporen in der Luft eine gesundheitliche Gefährdung darstellen.


    Eines muss jedoch klar sein. Mit der Entfernung der sichtbaren Fruchtkörper ist der eigentliche und in der Bausubtanz lebende Pilz nicht entfernt. Dieser wird, solange er Nahrung findet, immer wieder mal Fruchtkörper produzieren. Hier hilft nur die Beseitigung der Ursachen der Feuchtigkeit und eine Sanierung der Bausubstanz.


    Bei den Schimmelpilzen an der Wand ist das im Grunde häufig der gleiche Zusammenhang. Tapeten bestehen aus Zellstofffasern und der Tapetenleim ist chemisch betrachtet im Grunde auch nichts anderes als Zellulose und im feuchten Zustand damit ein sehr guter Nährboden für Schimmelpilze.
    Jedoch ist nicht jeder dunkle Schimmel an der Wand ein gefährlicher Schwarzschimmel (Stachybotrys), bei dem wirklich bereits kleine Keimzahlen pro Kubikmeter Luft ein sehr hohes allergologisches Risiko bedeuten. Ob es sich bei deinen "schwarzen Schimmelkollegen" um einen Stachybotrys oder z.B. nur um einen aus umwelthygienischen Gesichtspunkten deutlich weniger gefährlichen, aber ungleich viel häufigeren Vertreter aus der Gattung Cladosporium handelt, kann eigenlich nur von einem Fachmann festgestellt werden.


    In der Hoffnung ein wenig weiter geholfen zu haben.


    Beste Grüße
    Peter

  • Hallo Peter,
    vielen Dank für Deine tolle und ausführliche Antwort! Das hilft mir super weiter :thumbup: Und ich habe wieder was gelernt, klasse! Becherlinge habe ich bisher eher im Wald getroffen, aber Deine Erklärung mit der Zellulose ist einleuchtend.


    Der Bursche ist nicht alleine, das ist die andere Seite der Wand. Ich stell mal ein Bild der anderen Seite ein. Ich war nur eine knappe halbe Stunde in der Wohnung und es hat mir voll und ganz gereicht. Der Feuchteschaden (die ganze Wand ist klatschnass und bis in den Keller hinein durchfeuchtet) ist sicherlich rund 2-3 Jahre alt, soviel haben meine Recherchen ergeben. Warum nichts passiert ist, ist mir absolut schleierhaft. Auf dem Boden stand 3cm hoch Wasser, sieht man auf dem Foto nicht.



    Das wird eine Sanierung geben, zumal in der Wand so wie es aussieht ein Rohr defekt ist und eh aufgestemmt werden muss. Ich hoffe im Interesse der Bewohnerin, dass der dunkle Schimmel kein Stachybotrys ist!

  • Hallo,


    Becherlinge wachsen sehr oft auf feuchten mineralischen Baustoffen. Extrem oft kommen sie in Fliesenfugen in Bädern und auch auf feuchten Estrichen in Kellern vor. Zellulose benötigen sie dort nicht zum Wachstum, sie können sie gar nichts selbst abbauen, sondern sind, wenn sie auf Holz wachsen, auf den Aufschluss der Zellulose durch andere, holzzerstörende Pilze angewiesen. Den sogenannten Mauerwerksbecherlingen reichen geringste organische Verschmutzungen und eben eine hohe Feuchtigkeit. Demzufolge muss natürlich auch nicht zwingend ein Holzschaden unterhalb des Fliesenbereiches vorliegen.
    Informationen über die häufig auftretenden Becherlinge in Bauwerken gibt es z. B. hier http://www.dhbv.de/dokumente/u…ef_becherlinge_2-2011.pdf oder sehr gut hier: http://www.holzfragen.de/seiten/peziza.html


    Beste Grüße - Peter Specht - HolzschutzSV

  • Ein spannendes Thema! Und vielschichtig.
    Holz kann ich dort ziemlich ausschließen, da eine massive Betondecke. Eher irgendwas in den Trennfugen zur Wand bzw. Putz/Tapete.
    Jetzt muss eh erstmal ein Sachverständiger rein, der den Schaden genauer untersucht und dann Vorschläge zur Sanierung macht.
    Der Keller muss wie auch immer getrocknet werden, da ist es feucht wie in einer Höhle durch das stehende Wasser in dem einen Raum. Ich bin nur noch am Kopfschütteln, wie so nachlässig mit einem Haus umgegangen wird.

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