Inocybe stangliana (?)

  • Hallo,


    Gestern bei der Exkursion unserer Pilzgruppe gab es mal wieder einen Rißpilz, bei dem ich mit dem Stangl wunderbar glatt und passend zu I. stangliana gekommen bin. (Selten kommt man so eindeutig zum Ziel und selten paßt die Beschreibung so perfekt!)
    Aber es gibt relativ wenig in der Literatur über diesen Pilz, so dass ich doch lieber etwas zweifel ...




    Gewachsen ist er in moosigem Fichtenforst auf Kalk mit reichlich eingestreuten Buchen.


    Habt ihr Hinweise zu weiterer Literatur oder links?
    Hattet ihr den schon mal?
    (inocybe.org hab ich schon gesehen und dort passt I. stangliana auch recht gut).


    Viele Grüße,
    Tanja


    Nachtrag: Hab ihn grad durchgeschnitten, um ihn zu trocknen, und da war der Fruchtgeruch wirklich deutlich, bißchen so wie der Gallentäubling.

  • Liebe Tanja,


    I. stangliana habe ich bislang noch nicht gefunden, dafür habe ich eine einigermaßen klare Vorstellung von I. albomarginata.


    Stangl beschreibt seine Typuskollektion von I. stangliana mit leuchtend zitronengelblichen Lamellen, nur angeschwollener Stielbasis und Sporen nicht über 7 µm Länge.


    I. albomarginata hat eine meist angedeutet gerandete, aber manchmal auch ungerandete Basalknolle, niemals zitronengelbliche Lamellen und Sporen, die 7 µm in der Länge meist überschreiten. Sehr typisch für die Art sind die eigenartig gedrungen-buckligen Sporen mit meist abgerundetem Apex (Q-Wert bei meinen Aufsammlungen im Schnitt nicht über 1,5). Einen Fruchtgeruch habe ich noch nie wahrnehmen können. 3 Kollektionen von I. albomarginata kannst du dir hier anschauen.


    Ich würde deinen Fund eher für I. albomarginata halten, wobei ich mich bei so einem Einzelexemplar lieber nicht festlegen möchte.


    Beste Grüße


    Hias

  • Hallo Tanja und Hias,


    ich selbst habe nur einen Fund, den ich in die Nähe von I. albomarginata stellen würde, denn die Stiele waren an der Basis allenfalls angeschwollen, aber auf keinen Fall knollig. Zum Geruch habe ich nichts notiert. Mikroskopisch sind die Abweichungen weniger schwerwiegend. Kaulos vom unteren Stieldrittel ziemlich variabel fusiform, zyl., einige lageni- bis schwach utriform. 48-120 x 11-22, W. 0,5 bis 1,5, farblos, Parazyst. stunpf keulig, farblos und dünnwandig. Pleuros mehrheitlich fusiform, 46-70 x 11-20, Wand am Bauch ca. 1,5, Wand farblos bis minimal gelblich. Sp. apikal abgerundet, 7-9, Q 1,5-1,7 (1,9), Qm 1,6. Der Fund stammt aus dem Plauener Stadtpark bei diversen Laubgehäölzen (Fagus, Rosea, Alnus, Fraxinus).
    I. stangliana hatte ich auch noch nie. Sehe Deinem Fund aber wie Hias eher zu albomarginata gehörend.


    Beste Grüße Andreas

  • Hallo Andreas,


    Sporen 7-9 klingt aber deutlich größer als bei meinem. Mit Mühe hab ich eine Spore mit 8 mü Länge gemessen, die meisten waren 7 oder drunter. 7x5 als Schnitt und der Q-Wert um die 1,3 bis 1,4.


    Ich lege meinen Pilz jedenfalls als albomarginata ab.
    Irgendwie gibt´s bei Rißpilzen eben doch alle Übergänge.... ?( .... oder unsere Mikroskope variieren :S


    Viele Grüße,
    Tanja

  • Hallo,


    Welche Pilze hatte denn Stangl als I. stangliana und albomarginata?
    Irgendwie passt mir diort die Beschreibung deutlich besser als Stangls von albomarginata. Die Zystiden waren bei mir eben einheitlicher spindelig (eben wie bei stangliana gezeichnet). Die Sporen waren "runder", eben wie bei stangliana gezeichnet und bei albomarginata schreibt er 6,5-8(-9)x4,5-5(-5,5) ich hatte 6-7(-8)x4,5-5,5 - der Q-Wert ist ein anderer.
    Meine Zystiden waren keine länger als 50mü.
    Bei stangliana schreibt er "mit angeschwollener Basis" (zeichner sie allerdings nicht).
    Die Stielfarbe bei meinem war auffällig hell und der Geruch war klar obstartig und nicht säuerlich.
    Bei albomarginata schreibt er "Hut um den Buckel wollig, filzig, etwas schürfelig werdend" .... meiner war aalglatt dort.


    Irgendwie stört mich das alles noch ein bißchen. Sind die beiden denn genetisch überhaupt verschieden?


    Wenn ich auf inocybe.org gucke, dann gefällt mir makroskopisch albomarginata sehr gut, aber die Mikromerkmale auch nur halb - die Sporen auf dem ersten Foto passen sehr gut! ....passt mir nicht besser oder schlechter als stangliana dort.



    Andreas: Ich bringe den getrockneten Pilz mit nach Eschwege, dann können wir mal gucken, ob der in deinem Mikroskop genauso aussieht :) .


    Viele Grüße,
    Tanja

  • Hallo Tanja, Hias und Andreas (und wen es sonst interessiert),
    was Literatur zu stangliana angeht, so gibt es außer den Büchern von Stangl und Kuyper u.a. auch einen Artikel von Kuyper aus dem Jahr 1988 und einen Artikel von Alessio (ich glaub von 1997), wo auch eine Farbzeichnung von der stangliana drin ist. Hier gehen die Sporen meiner Erinnerung nach sogar bis 9 µm. Die stangliana wirkt insgesamt schmächtiger als die doch meist sehr stämmige albomarginata, der Hut war da recht hell abgebildet, die Zystiden sind bei Kuyper 1988 meiner Erinnerung nach schmaler gezeichnet als deine (so auch bei Horst Glowinskis stangliana). Die Zystidenwände scheinen insgesamt bei stangliana breiter zu sein - bis ca. 2,5 µm, während die Wände unserer albomarginata-Aufsammlungen fast durchweg nur bis 1-1,5 µm gingen. Die Sporen der stangliana sind wohl rundlich oder auch nur elliptisch, aber ihnen scheint dieses knubbelige zu fehlen, was die albomarginata auszeichnet und wovon auch Hias schrieb. Der Geruch wird bei Kuyper 1988 übrigens (wenn ich mich richtig erinnere) nicht als fruchtig, sondern als spermatisch beschrieben. Da ich aus meiner Mittagspause schreibe, habe ich die zwei Artikel natürlich nicht hier.
    Um zu wissen, ob stangliana, albomarginata und ovalispora genetisch verschieden sind, müsste man die Holotypen analysieren - so sie alle drei noch vorhanden und analysierbar sind. Meines Wissens ist das bisher nicht geschehen.


    Herzlich!
    Ditte

  • Hallo Ditte,


    Danke für deine Ausführungen.
    Das klingt dann aber so, als wäre Stangls stangliana auch eher albomarginata gewesen - Zystidenwände bis 1,5mü, er zeichnet Sporen "knubbelig" und die Zystiden eher breiter als bei albomarginata und beschreibt den Pilz auch anders.


    Ich hab jedenfalls langsam ´ne Vorstellung.


    Viele Grüße,
    Tanja

  • Hallo Tanja, also ich habe mir zuhause jetzt die Infos über stangliana nochmal durchgelesen und denke nicht, dass es sich bei dem Fund von Stangl um albomarginata handelt, und zwar aus mehreren Gründen: eines der von Stangl und Kuyper, der ja Stangls Fund untersuchte, hervorgehobenen Merkmale sind die leuchtend gelben Lamellen (im Artikel von 1988 sind sie bei Kuyper allerdings nicht mehr gelb, sondern "pale olivaceous grey"). Dann ist die Stielbasis verschieden, die Zystiden sind kürzer (bei Kuyper 1988 sogar nur bis ca. 50 µm!) und haben dickere Wände und sind oft clavat. Alles das trifft auf albomarginata längst nicht in dem Maße zu. Außerdem kannten Stangl und auch Kuyper albomarginata ja. Wenn letzterer, dem es ja eher darum ging, Arten zusammenzulegen, aufgrund eines einzigen Fundes eine neue Art erschafft, würde ich ohnehin den beiden erst einmal zutrauen, dass sie damit Recht haben. Kuyper schreibt 1988 hierzu: er hätte ja 1986 geschrieben, normalerweise würde man aufgrund eines einzigen Fundes keine neue Art beschreiben, doch in dem Fall seien die Merkmale so "distinctive", dass kaum ein Zweifel an der Eigenständigkeit der Art bestehe. 1988 sagt er - anlässlich eines Fundes in Norwegen - dazu, dass sich nun gezeigt habe, dass hier doch eine größere Variabilität bestünde.
    Fazit: Für mich sprechen alle diese Dinge - einschließlich deiner Mikrozeichnungen - dafür, dass dein Fund nicht stangliana ist. Aber ich schließe mich Hias an: Ein einziger, noch dazu anscheinend ein recht bewegtes Leben hinter sich habender Fruchtkörper ist wenig aussagekräftig.
    Schöne Grüße in die Runde
    Ditte

  • Hallo zusammen,
    zuerst einmal besten Dank an Ditte für die schnelle Recherche und das Fazit. Ich habe mir die Artikel auch nochmal vorgenommen. Leider kann ich kein Italienisch, so dass mir in der Kürze der Zeit die Anmerkungen bei Alessio (Mic. Ital. 1997, P.37-44) unerschlossen bleiben. M.E. passt hier nur der grazile Habitus zu I. stangliana, nicht aber die Mikromerkmale. Vielleicht ist hier noch eine andere Art im Spiel (?).
    Beste Grüße
    Andreas

  • Hallo Andreas und alle am Thema Interessierten,
    ich hatte gestern den Alessio nicht mehr angeschaut - seine Angaben passen recht oft nicht zu denjenigen der anderen ... so übrigens auch in diesem Fall: bei ihm gehen die Sporen, wie schon gesagt, bis 9 µm, die Zystiden sogar bis 75 µm, die Wandstärke ist "nicht breit", die Zystiden sollen einen langen Hals haben. Tja. Der Hut ist 1-2 (3) cm, ockerlich-nussbraun, zum Rand hin rimos, ansonsten filzig und (unter der Lupe) leicht aufschuppend, keine Cortinareste... die Lamellen sind erst weißlich, dann gelb und dann immer dunkler bis zu kräftigem Braun... Geruch praktisch null.
    Er sagt dazu, dass angesichts der recht knappen Erstbeschreibung und der einzigen Abbildung eines einzigen Fruchtkörpers er gewisse Zweifel hat, ob es sich bei seinem Fund tatsächlich um stangliana handelt. Das einzige, was er selbst meint, dass es nicht übereinstimmt, sind die Maße der Zystiden und deren Form (länger und mit schlankerem Hals). Er bittet daher um die Meinung von Mykologen, die sicher sind, die stangliana gefunden zu haben und freut sich über deren Urteil, was seine eigene hier vorgestellte Inocybe angeht.
    Die Abbildung zeigt sehr schlanke schmächtige Fruchtkörper mit ockerlichem Hut.
    Wenn man sein Buch benutzt, das fällt mir dazu noch ein, muss man sich darüber im Klaren sein, dass etliche darin vorkommenden Inocyben später in seinen Complementi revidiert wurden.
    Soviel für jetzt als Nachtrag zu stangliana....
    Was weitere mögliche Arten angeht,so haben wir im Allgäu im letzten Jahr eine kleinsporige ganzbereifte Inocybe gefunden die ein Mittelding aus amblyspora und albomarginata ist, in patschfeuchtem Gelände (Gebirgsbachufer) wuchs und deren Sequenz auch nicht mit albomarginata und amblyspora übereinstimmt. Ob ovalispora, die ja mit albomarginata synonymisiert ist, nicht doch eine eigene Art ist oder ob unsere eine neue ist, stellt sich vielleicht irgendwann heraus.
    Euch wünsch ich einen schönen Abend,
    Ditte

  • Hallo,


    Am Wochenende hat Andreas (Vesper) die Sporen angeguckt und er misst größere Sporen als ich. Ich muss also mal schauen, ob es an meiner Art zu gucken oder meinem Mikroskop lag, dass alle Rißpilze so kleinsporig waren.
    Inocybe albomarginata kann ich den Pilz jedenfalls erstmal nennen.


    Viele Grüße,
    Tanja

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!