Herbstlorchel

  • Hallo,


    Gestern Abend lief im Hessischen Fernsehen ein Film über die tollen Wälder dieses Bundeslandes. Dabei wurde in einem kleinen Beitrag auch auf das Sammeln von Pilzen eingegangen. Als Speisepilze wurde dabei auch Arten wie der wasserfleckige Röteltrichterling und die Herbstlorschel präsentiert.
    Wie steht man in der DGFM zum Speisewert dieser Pilze, d.h. auch zur Freigabe als Speisepilz?


    Gruß Gerhard

  • Eine entsprechende Antwort von Prof. Dr. Siegmar Berndt an einen Kollegen, ich zitiere:


    "Nachfolgende Lorcheln enthalten Gyromitrin und/bzw. sein Abbauprodukt Monomethylhydrazin (MMH): Sehr giftig ist die Gift- oder Frühjahrslorchel. Weniger giftig sind die Riesenlorchel und die Bischofsmütze.In sehr hoher Konzentration konnte MMH im Helmkreisling (Cudonia circinans) nachgewiesen werden.
    Dagegen wurden in der Herbstlorchel nur Spuren von Gyromitrin bzw. MMH gefunden, die beim Genuss üblicher Mengen toxikologisch unbedenklich sind.
    Die Angaben von Kleber und Zilker(2000) bedürfen der Richtigstellung: Das Gemeine Gallertkäppchen ist toxikologisch unbedenklich.(Siehe auch meinen Bericht über einen folgenlos gebliebenen Verzehr von Grüngelben Gallertkäppchen in den DGfM-Mitteilungen, Mai 2012, Z.Mykol.78/1,S.18-19).
    Der Kronenbecherling enthält nach den Untersuchungen von Stijve überhaupt kein Gyromitrin, sondern die Vergiftung beruht auf seinem extrem hohen Arsengehalt.
    Die Würzburger Toxikologin und Mykologin R. Seeger beschreibt Helvella crispa als "völlig ungiftig".
    Trotzdem ist vom Verzehr von Herbstlorcheln wegen ihres, wenn auch nur sehr geringen MMH Gehaltes, abzuraten. MMH ist im Tierversuch hochkanzerogen, mutagen und teratogen.
    In einer 2000 veröffentlichen Stellungnahme der WHO hat eine Expertengruppe vom Lorchelverzehr generell abgeraten. Und Riesenlorcheln, Zipfelorcheln und Bischofsmützen sollten schon allein wegen ihrer Seltenheit geschont werden."

    Landeskoordinator Pilzkartierung Hessen

  • Hallo Herr Wölfel,


    meine Beurteilung des Speisewertes von Herbstlorcheln wurde bereits widergegeben; ich nehme noch zur Giftigkeit vom Wasserfleckigen Rötelritterling Stellung:
    Lepista gilva sollte wie der Fuchsige Rötelritterling (L. flaccida) betrachtet werden, da beide Sippen z.Zt. synonymisiert sind. Bei E. Ludwig ist L.gilva zur Forma herabgestuft (L.flaccida fm. gilva ). Diese schwer verdauliche Art enthält hitzelabile Agglutinine und Hämolysine, ist somit roh oder ungenügend gegart stark giftig.
    1984 wurde im MyMiBl. ein Vergiftungsfall mit alledings möglicherweise nicht ausreichend erhitzten Fuchsigen Rötelritterlingen im Mischpilzgericht geschildert. Dabei kam es 15 Min. nach der Mahlzeit, zu der Bier getrunken worden war, zu Schweißausbruch, Hitzeschauern, Augentränen und über drei Stunden anhaltendes Unwohlsein.
    Nachdem 24 Std. später erneut ein Glas Bier getrunken wurde, trat die gleiche Symptomatik wieder auf.


    Verwechslungsgefahr besteht mit dem Parfümierten Trichterling (Clitocybe o. Paralepistopsis amoenolens) . Alle bisher aus Frankreich bekannt gewordenen Vergiftungsfälle( Acromelalgie !) beruhen auf einer Verwechslung des in älteren Pilzbüchern noch als eßbar bezeichneten Fuchsigen Rötelritterlings mit dem Parfümierten Trichterling.


    Der Fachbeirat "Toxikologie und Pilzverwertung" hat daher L. flaccida = gilva natürlich nicht in die Speisepilzliste sondern in die Liste der kritischen Speisepilze gestellt.

  • Hallo Harald, hallo Herr Dr. Berndt,


    Danke für die Stellungnahmen. Den hier wiedergegebenen Sachverhalt kannte ich in etwa. Deshalb war es für mich recht befremdlich, dass gerade die beiden genannten Arten in diesem Film (von einem ehemaligen Vorstandsmitglied der DGFM!!) als hervorragende Speisepilze vorgestellt und auch noch geputzt und im Kochtopf gezeigt wurden.


    Mit herzlichem Gruß
    G.Wölfel

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