Robuste Frühjahrsinocybe

  • Liebe Inocybefreunde
    Je mehr ich lese, um so rätselhafter wird das Teil für mich. Nachdem ich mal kurz an I. tarda dachte habe ich inzwischen nicht mal eine cf. Bestimmung. Ich bin gespannt auf Eure Meinug.


    LG Karl


    Fundbeschreibung:

    Fundort: NSG Brachter Wald (Depot), MTB 4702/224,
    10.05.2014, Magerer Rasenstreifen auf Sandboden bei Kiefer. Wegen Dauerregen kein Aufnahme vom Fundort.


    Hut: 20 – 50 mm breit, bis 10 mm hoch; ausgebreitet mit breitem Buckel. Hutmitte glatt zum Rand längsfaserig gestreift. Hutfarbe braun ohne rötlichbraune Töne mit auffallend heller Hutmitte. Lamellen breit angewachsen, teilweise schwach ausgebuchtet, jung fast weiß.


    Stiel: 25 – 50 x 3 – 7 mm, zylindrisch ohne erweiterte Basis, schon jung blass bräunlich, gefärbt. Maximal zu einem Drittel bereift.


    Geruch: schwach


    Sporen: 8,3 - 9,7 - 11,1(11,3) x 4,8 - 5,2 - 5,7 µm


    Cheilo und Pleurozystiden: Überwiegend spindelförmig mit bis 2,5 µm dicken in KOH blassgelben Wänden; 50 – 70 x 12 – 17, Cheilozystiden teilweise auch schlank bis fast zylindrisch


    Kaulozystiden: Oft schlank ohne Kristalle mit ca. 1 µm dicken Wänden 50 – 70 (80) x 8 – 12; teilweise mit Kristallen und bis 2 µm dicken Wänden 40 – 65 x 12 – 18 mµ.


    Bemerkungen: Sehr ähnliche Frk sah ich auch schon im Spätherbst an gleichen Standorten im Gebiet. Selten kamen septierte Zystiden vor, was mir bei Inocybe noch nie aufgefallen ist.

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  • Hallo Karl,


    der Hut ist zwar schon etwas zu braun. Mich erinnern die stämmigen Fruchtkörper aber an I. queletii. Ein typischer Frühjahrspilz, welcher in Mitteleuropa ausschließlich bei Tannen auf basigen Boden zu finden sein soll (?). Hier in Thüringen habe ich die Art trotz regelmäßig gezielter Suche noch nie gefunden. Bei den wenigen Rest-Tannenbeständen wohl kein Wunder.


    Von den Kanaren kenne ich die Art auch unter Kiefern (1 Fund unter Schwarz-, ein anderer unter Kanarischer Kiefer). Ein guter Kenner dieser Art ist m. E. Georg Müller. Zumindest sind von ihm viele schöne Abb. in der PilzePilze-Galerie zu finden.


    Andere Risspilze, vor allem aus der Fuscidula-Gruppe, kann ich aber nach den vorliegenden Angaben auch nicht ausschließen. Vielleicht hat jemand noch eine andere Idee?


    Septierte Zystiden sind bei Inocybe nicht selten. Vor allem ist das bei den Kaulo- und Cheilozystiden der Fall.


    Beste Grüße
    Andreas

  • Servus Karl,


    was irgendwie irritiert ist die blasse Mitte. Wenn nicht das die eigentliche Hutfarbe ist, wie von Andreas angenommen, sondern nur eine Verfärbung, kämen ganz andere Arten in die engere Wahl. Die Mitte sieht nicht aus wie ein Velumbelag, eher wie ein Witterungseinfluss (Sonne, Wasser oder beides im Wechsel?). In dem Fall könnte die Hutmitte frisch durchaus deutlich dunkler sein. Auf meinem Monitor scheint der Farbton des Außenbereiches schon ins Rotbräunliche zu gehen.


    Das Einzige, was mir dann dazu einfällt, ist I. pseudodestricta. Bei tatsächlich fehlenden Rottönen wäre auch ein Vergleich mit I. derbschii in Erwägung zu ziehen, die mit I. pseudodestricta synonymisiert wurde (kenne ich aber nicht und kann nicht beurteilen, ob's eine eigene Art ist). Was noch auffällt sind die nach unten sich verjüngenden Stiele (wie bei I. langei, die hier natürlich gar nicht passt), das bringt mich aber auch nicht weiter. Es bleibt doch eine ziemliche Raterei.


    Waren denn die Frk. alle in der Mitte so ausgeblasst? Hast Du auch ganz junge gesehen, an denen die Cortina noch erkennbar war? Und war das Stielfleich auch so gefärbt wie der Stiel außen?


    Gruß


    Helmut

  • Hallo Andreas


    Danke für Deine Antwort I. queletii bei Ferrari in FND Vol. 54 - 55 hat eine gewisse Ähnlichkeit, aber die Sporenmaße mit 9- 13 x 6 -7 weichen doch sehr ab. Auch Stangl gibt größere (besonders breitere) Sporen an und zeigt deutlich hellere Fruchtkörper. Da muss ich wohl noch weiter nachforschen.

    Hallo Helmut

    Auch dir vielen Dank. Die Frk. waren zwar dem Regen ausgesetzt aber noch sehr frisch und ein Ausblassen nur in der Mitte unwahrscheinlich. Ich sehe mir morgen bei Tageslicht noch die Exsikkate an, ob da ein farblicher Unterschied zu sehen ist. An dem kleinen Frk. in der Bildmitte waren am Hutrand noch spärliche Fasern zu sehen. Ganz junge noch fast geschlossene Frk, hatte ich leider nicht. Das Stielfleisch war innen heller als die Außenseite. Die Mikros passen sehr gut zu pseudodestricta ( bei Stangl) aber die Hutmitte schmeißt alles über den Haufen. Zu I. derbschii muss ich mich erst schlau machen.


    LG Karl

  • Servus zusammen,


    die Idee mit I. queletii finde ich nicht schlecht, auch wenn ich diese Art ausschließlich aus Tannenbeständen im Gebirge kenne.


    Die ausgeblasste Hutmitte habe ich schon mal gesehen bei dieser Art. Hier mal eine Vergleichskollektion mit ganz ähnlichen Sporenmaßen:



    Die Doku dazu und weitere Fotos findet ihr hier. Wichtig wäre vielleicht noch die Form der Sporen.


    Beste Grüße


    Hias

  • Hallo,


    ich meine Inocybe queletii von Stuttgart her recht gut zu kennen. Wir haben die Art dort regelmäßig jedes Jahr beim Spitzmorcheln Suchen in den Wäldern am Ostrand des Schwarzwaldes gefunden. Dort wo die Fichten-Tannenwälder auf Muschelkalk übergehen ist die Art nicht selten.


    Makroskopisch passen drei Dinge nicht gut zu typischen queletii:
    - Hutfarbe zu dunkel. Bzw. wenn die "echte" Hutfarbe die aus der Hutmitte wäre, dann würde es wiederum passen. Das was ich so als queletii gesehen habe war anfangs und jung recht hell, fast wie I. erubescens, aber bald ockerlicher. Reife Fruchtkörper strohfarben, hellocker, ähnlich wie z.B. I. mixtilis, aber nicht so lebhaft im Ton.
    - Stielfarbe. Im Stuttgartet Verein hies die Art intern der "Spargel-Risspilz", weil er blendend weiße Stiele hat, die frisch beim Durchbrechen richtig knacken. Hörbar, fast so wie bei einem Täubling. Klar können die im Alter ein wenig gelblich nachtönen, aber "schon jung blass bräunlich" wäre für mich definitiv ein Ausschlusskriterium.
    - Stielbasis war bei meinen Funden immer leicht verdickt. Nicht wirklich knollig, aber immer leicht dicker.


    Soweit mikroskopiert und meine Erinnerung reicht, waren die großen Sporen immer ein weiteres Merkmal. 12-13 µm ist immer die normale Länge der größeren Sporen gewesen, keine Ausreißer. Insofern gefallen mir die Sporenmaße auch nicht so sehr.


    Ich halte diese Pilze nicht für I. queletii.


    Für I. derbschii halte ich sie aber auch nicht. Auch hier passen die Sporen schon mal nicht. Ich habe beim Typus (9-)10-10,6-12 x 5,8-6,1-6,5 µm gemessen. Die Zystidenwände habe ich mit 1,5-2 µm gemessen. Makroskopisch soll I. derbschii durch ihre Färbung auffallen: Immer mit deutlichem Olivton, manchmal regelrecht olivgelb. Passt alles nicht gut zur gezeigten Kollektion.


    beste Grüße,
    Andreas


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo Andreas


    Neben den von Dir beschriebenen makroskopischen Abweichungen gefielen mir ja schon die Sporen nicht, wobei mir aufgefallen ist, dass ich weder Bild noch Quotien eingestellt habe.
    Sporen: 8,3 - 9,7 - 11,1(11,3) x 4,8 - 5,2 - 5,7 µm; Q= 1,6 -2,1; Qm=1,84


    Viel Grüße Karl


  • Lieber Karl (danke für die Mail, hatte viel um die Ohren und daher keine Zeit, im Forum zu schauen), liebe Alle,
    ich schließe mich der Meinung von Andreas (Gminder) an: Ich glaube nicht an queletii. Zu den von ihm aufgezählten Punkten sowie dem falschen Standort kommt noch, dass die andere Zystiden (siehe Anhang) und einen (zumindest seh ich das so) anderen Habitus hat.
    Derbschii würde ich auch ausschließen, denn die Originalbeschreibung der Hutfarbe passt wirklich nicht. Ob sie identisch ist mit pseudodestricta, wird sich hoffentlich bald klären (wir arbeiten dran), ich denke das aber überhaupt nicht. Für mich sieht deine Inocybe jedenfalls auch nicht nach pseudodestricta aus - denn da scheint mir nichts Kupferstichiges Glänzendes im Hut zu sein, und diese aufällig weißliche Hutmitte würde auch nicht zur Beschreibung der pseudodestricta passen.
    Ich halte diese weißliche Hutmitte auch nicht für etwas, das durch den Regen bedingt war - dafür ist es bei den Fruchtkörpern einfach zu einheitlich vorhanden - gerade auch bei dem jungen Fruchtkörper gut zu sehen.
    Tarda ist es - zumindest nach dem Foto zu schließen - für mich aber eigentlich auch nicht.
    Tja, ich frag mich, ob das nicht eher in die Richtung stirps rufula/neorufula geht. Bloß wären die Sporen dafür zu klein....


    Könntest du nicht nochmal dorthin und nachsehen, ob es frische Fruchtkörper gibt und dann ein Standortbild machen - auch wegen der Hutfarbe? Falls es was Spannendes sein sollte, wäre das natürlich besser. Ich weiß halt auch nicht, inwieweit die Farben durch Regen und Kunstlicht verfälscht sind.
    Wenn du magst, kannst du mir auch gern ein oder besser zwei (von wegen etwaiger DNA-Analyse) Fruchtkörper schicken, dann untersuch ich sie nochmal selbst, und vielleicht fällt mir dann ja nochwas dazu ein. Aber wie du möchtest.
    Übrigens: am besten Inocyben (für den Fall, dass sie mal sequenziert werden sollen) bei 40 Grad trocknen - wir haben jetzt festgestellt, dass diese Exsikkate am besten zu analysieren sind.
    An euch alle herzliche Grüße!
    Ditte

  • Lieber Ditte


    Den Standort werde ich sicher kurzfristig wieder aufsuchen, da er in meiner zweiten Heimat (Depot) liegt und es in den letzten Tagen geregnet hat. Wahrscheinlich schon am Sonntag.
    Einen Teil Fruchtkörper habe ich sofort getrocknet und kann sie Dir gerne schicken.


    LG Karl

  • Servus beisammen,


    wie es der Zufall will habe ich am 14.5. einen Risspilz gefunden, der mal ausnahmsweise in praktisch allen Punkten I. pseudodestricta entspricht. Da mache ich nachher noch ein eigenes Thema auf. Denn der Fund von Karl scheint doch etwas Anderes zu sein, vor allem hat er ganz oben geschrieben: „Sehr ähnliche Frk sah ich auch schon im Spätherbst an gleichen Standorten im Gebiet.“ Das deutet wohl darauf hin, dass die Art immer so aussieht.


    Gruß


    Helmut

  • Hallo Risspilzinteressierte,

    heute erhielt ich eine erfreuliche Nachricht. Ditte schaut sich nach und nach Fremdfunde an und hat den Fund als Inocybe griseotarda bestimmt.


    Ich kannte damals die Bandbreite der Art noch nicht - inzwischen aber schon. Typisch ist dieses reichliche Velum in der Mitte, das aber manchmal auch den ganzen Hut überzieht. Typisch eben immer bei Kiefer, viel Velipellis, oft Sandboden, meist sehr stumpige Fruchtkörper, Sporen Mittelmaß um die 10 µm. Recht häufige Art, nur immer noch sehr unbekannt. Von Frühjahr bis Dezember (ich finde sie noch Ende Dezember oft auf Ameland).


    LG Karl

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