Bruchwald-Inocybe

  • Liebe Risspilzfreunde,


    am letzten Sonntag zeigte mir Jörg Albers vom AK Pilze / Bremen einen Knickbruch bei Tostedt, in dem wir tolle Risspilzfunde machten, die uns zum Teil aber große Rätsel aufgeben. Bereits das Biotop ist erstaunlich: rechts und links einer Landstraße ziehen sich über ca. 300 Meter zwei 20 Meter breite Streifen Bruchwald mit Pappeln, Birken, Erlen, Fichten und Eichen. Das Biotop ist durchsetzt von kleinen Tongruben (Durchmesser bis 5 m, Tiefe 1 m), in denen der Boden in diesem eigentlich sauren Bereich deutlich alkalischer wird. Bei den Gruben wuchs Sanikel, in den angrenzenden Flächen und nur zwei Meter weiter Heidelbeeren und Gallenröhrlinge.


    In der nackten Uferzone der Tonkuhlen stießen wir zunächst auf Inocybe paludinella und dann auf einen Risspilz, den ich vor Ort als Inocybe salicis ansprechen wollte. Die Untersuchung zuhause schien den Befund zunächst zu bestätigen, aber die Sporen passen nicht zu Inocybe salicis, sondern sehen aus wie die von Inocybe margaritispora. Letztere Art kenne ich nicht. Sie weist aber nach der mir zu Verfügung stehenden Literatur makroskopisch von den gefundenen Exemplaren ab (insbesondere: keine Beschuppung).



    Hut: bis 15 mm Durchmesser; zunächst breitkegelig mit herabgezogenem Rand,

    dann aufgespannt mit deutlichem schmalen Buckel, der stumpf zuläuft;

    Huthaut rotocker, strähnig aufreißend, nicht divergierend; keine Velipellis-Reste

    Lamellen: zunächst weißlich, dann grauend

    Stiel: zylindrisch basal aber mit kleinem abgesetzten Knöllchen, über

    die Gesamtlänge bereift, hellbräunlich; 40 x 2 mm

    Fleisch: dünnfleischig, geruchslos

    Mikromerkmale: Hymenialzystiden spärlich, lageniform, z.B. 53 x 12

    beschopft, dickwandig, leicht gelblich in Ammoniak; Sporen gnubbelig,

    also mit abgerundeten (o. halbkugeligen) Höckern (ca. 10 Stück

    sichtbar) Länge bis 11 µm; honigbräunlich; Kaulozystiden auch in der

    unteren Stielhälfte ohne Weiteres zu finden.



    .


    Fruchtkörper am Fundort (Foto: Jörg Albers)



    Sporen in Wasser




    Hymenialzystiden in Ammoniak



    Hat jemand eine Idee, um welche Art es sich handeln könnte?

  • Gruß Dich Martin,

    ich denke in der Sektion Marginatae bist Du schon richtig.

    Wenn sich der Stiel über Nacht dunkelbraun verfärben sollte könntest Du mit I.xanthomelas vergleichen.

    Viele Grüße aus dem Weserbergland

    Axel

  • Hallo Axel,


    schön von Dir zu lesen.


    Tatsächlich zeigte der Pilz, als ich ihn für den Dörex fertig machte, einen dunkelgrau verfärbten Stiel. Beim Blättern im Ludwig habe ich dann gesehen, dass das ein Hinweis auf xanthomelas sein könnte. Vom Sporenbild würde das ja auch gut passen. Danke für den Hinweis.


    Ich hoffe, wir sehen uns im August (Röderhof).


    Liebe Grüße


    Martin

  • Liebe Risspilzfreunde,


    wir haben uns den Pilz in den letzten Wochen noch genauer angeschaut und die einschlägige Literatur gewälzt. Insbesondere wollten wir überprüfen, ob unser Fund nicht doch bei den Arten einzusortieren ist, die eindeutig Bruchwald-Biotopen zugewiesen werden können.


    Wir hatten da die relativ neue Inocybe lacunarum (Vauras & E.Larsson) ins Auge gefasst und haben die Autoren kontaktiert. Jukka Vauras ist aber sicher, dass unser Fund keine Inocybe lacunarum ist (möglicherweise ist diese Art auch auf Fenno-Skandinavien beschränkt). Ditte Bandini und Co-Autoren stellen in ihrem 2019er Artikel Three new hygrophilous species of Inocybe, subgenus Inocybe drei weitere Risspilze feuchter Wälder vor, von denen zwei Höckersporer sind, aber bereits makroskopisch von unserem Fund abweichen.


    In dem Zusammenhang hatte sich Ditte auch unsere Aufnahmen, Daten und Beschreibungen angeschaut und bemerkt:


    Zitat

    Also "Inocybe xanthomelas" ist ein Sammelbegriff für mehrere Arten, daher Vorsicht bei allem, was in der Literatur so genannt wird - ohne dass dafür der Typus untersucht wurde!


    Inzwischen gibt es aber einen Lectotyp, den wir auch untersucht haben.


    Die Durchschnitts-Sporenwerte, die du mir geschickt hast, passen haargenau zu denjenigen, die ich von xanthomelas habe. Eure sind 10.3 x 8.1 µm, meine 10.4 x 8.1 µm (80 gemessene Sporen). Besser geht es gar nicht. Dazu passt auch die Sporenform mit den auffällig dicken rundlichen Höckern und, das ist ungewöhnlich, zuweilen Doppelhöckern. Das hab ich bei meinen Kollektionen auch. Die Zystiden müssten im Durchschnitt kleiner als 60 µm sein. Falls das so ist, würde ich die Art als I. xanthomelas bezeichnen, allerdings mit cf. (von meiner Warte aus), weil ich den Fund nicht selbst untersucht habe und daher nicht völlig ausschließen kann, dass es sich doch um eine andere der "xanthomelas"-Arten handelt.

    Ich kann ergänzen, dass die Zystidenmaße im Durchschnitt ein klein wenig über 60 µm liegen. Außerdem habe ich im obigen Beitrag das Foto vom Fundort ausgetauscht, da das die Fruchtkörper zeigt, von denen auch die Mikrofotos stammen.

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