Wasserpilz überwuchert Bach

  • Liebe Pilzfreundinnen und Pilzfreunde,


    in der Online-Ausgabe der Neuen Westfälischen erschien gestern ein Artikel über einen ominösen "Wasserpilz", der einen Bach überwuchert.


    Kurioserweise wurde der Artikel inzwischen vom Netz genommen. Ich hatte die Seite zum Glück noch offen gehabt, sodass ich euch den Inhalt verkürzt wiedergeben kann.


    Im Cache der NW ist derzeit noch das Foto abrufbar:


    http://www.nw.de/_em_daten/_ca…1-1802-ad55b72e0a3d55.jpg


    Gezeigt wurde das Foto eines schleimigen, bräunlichen Klumpens, der mit einem Ast aus dem Bach gefischt wurde. Der Belag soll auf 500 Metern Länge die Steine und Äste des Bachs überziehen. Ursache soll verunreinigtes Wasser sein, das von der Siloplatte einer Biogasanlage stammt. Weiter hieß es, der zuständige Kreis habe ein Strafverfahren eingeleitet und die Staatsanwaltschaft ermittele.


    In dem Beitrag kommt auch ein Wasserbauingenieur zu Wort:


    "Das Bakterium des Pilzes sei sowieso im Wasser vorhanden ... Gelangten landwirtschaftliche Abwässer in den Bach, nutze das Bakterium die in der Gülle oder Jauche enthaltenen Nährstoffe und beginne zu wuchern. Es bilde sich ein "biologischer Rasen", der alles überzieht.


    Der Pilz verzehre den Sauerstoff im Wasser, was für die Fische problematisch werden kann. ... Der Pilz sei "vor allem ein optisches Problem". Sei die Ursache abgestellt, zerfalle der Pilz schnell, innerhalb weniger Tage."


    Was haltet ihr von der Meldung - zurecht offline genommen?


    Gruß, Andreas

  • Bei dem "Bakterium des Pilzes" standen mir auch die Haare zu Berge. Da wurde wahrscheinlich ein Wasserbauing. mit rein technischer Ausbilung befragt, der absolut keine Ahnung von Mikrobiologie hat. Ich frage mich nur, warum der den Reporter nicht gleich an andere Spezialisten verwiesen hat. Wenn er schon über Mikrobiologie nichts weiß, muss er doch wenigstens wissen, dass er nichts weiß :P .

  • Hallo beisammen,


    Thomas Pruß - besten Dank an dieser Stelle - hat das Rätsel wahrscheinlich gelöst, ich zitiere aus unserer Schwammerln-Facebook-Gruppe:

    Das ist Sphaerotilus natans, das Abwasser-Bakterium. Die Bakterien gedeihen in langen Fahnen in mit organischem Material stark verschmutzten Wasser. Die Fahnen von S. natans sehen wie ein Pilzmycel aus, weshalb die Kolonien auch "Abwasserpilz" genannt werden. Um so zu gedeihen wie auf dem Foto, muss die Verschmutzung auch schon länger bestehen. Ist das Wasser stark eisenhaltig, färben sich die Kolonien rot, da das im Wasser enthaltene Eisen II an der Luft schnell oxidiert zu Eisen III-Oxid, vulgo Rost.


    Übrigens: aus kleineren Kläranlagen mit nur 2 Stufen gelangen öfter Fetzen von S. n. in den Bach oder Fluss. Für Fische ist das so etwas wie "Power-Food", denn das ist ja praktisch pures Protein. Für Angler sind solche Fische aber nicht mehr verwertbar, weil die ein "G'schmäckle" annehmen, das etwa so schmeckt wie eine Kläranlage riecht … <X


    Im Wikipedia-Artikel findet sich noch folgender Hinweis:

    Zitat von Wikipedia

    Allerdings werden auch Lebensgemeinschaften verschiedener fadenbildender Bakterien als Abwasserpilz bezeichnet, in denen S. natans ein wesentlicher Bestandteil ist.


    Das Ganze war mir neu - wieder etwas dazugelernt. :thumbup:


    Allen ein schönes Wochenende


    Gruß, Andreas

  • Ok, hab auch was dazu gelernt, aber die Formulierung bleibt trotzdem absolut haarsträubend. Ein Pilz ist ein Pilz und ein Bakterium ist ein Bakterium. Die haben verwandtschaftlich weniger miteinander zu tun als ein Elefant mit einer Bartflechte.
    Es gibt in der Veterinärdermatologie auch zwei so absurde Bezeichnungen:"Botryomykose" und "Mycosis fungoides". Die wurden so genannt, als noch niemand wusste, dass die erste Erkrankung eine bakterielle und keine Pilznfektion und die zweite eine tumoröse Hautkrankheit ist. Heute werden diese Begriffe praktisch nicht mehr benutzt, geistern aus historischen Gründen aber immer noch durch die Fachliteratur.

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