Hemileccinum depilatum und Amanita echinocephala extrem "spindel-stielig" - wetterbedingt?

  • Hallo,

    soeben habe ich mich in diesem Forum registriert und hoffe auf interessanten Austausch zum Thema Pilze.

    Hier bin ich die "Neue" - aber der eine oder andere wird meinen "Nickname" (auch in einer anderen Sprache) aus anderen Foren kennen - ursprünglich war ich hauptsächlich an Pflanzen interessiert, die Pilze sind seit 2012 dazu gekommen. Bisher bin ich mit "Leib und Seele" Makroskopikerin. ;)


    Leider ist mein direktes Umfeld sehr pilzarm - überwiegend handelt es sich um Kalkbuchenwald am Hochrhein, teilweise trockene Südhanglage, teils mit schluchtartigen Einschnitten. Meine Streifzüge führen mich zwar auch in die nähere Umgebung - auf die etwas flachere Höhenlage bei 500 m, aber nicht zig Kilomenter weit.

    Hier machen sich sogar die bekanntesten Speisepilze und auch die bekanntesten Giftpilze rar - dafür kann ich hin und wieder einen Fund machen, der vielleicht anderswo selten ist.


    Obwohl es hier wie fast überall sehr trocken war, konnte ich in den letzten Wochen persönliche Zweitfunde machen:

    erst zum zweiten Mal fand ich Hemileccinum depilatum (Boletus depilatus) - aber das Mycel ist fleißig, da kam noch etwas nach und auch erst zum zweiten Mal sah ich Amanita echinocephala (diesen Pilz gleich an mehreren Stellen).


    Beide Pilzarten zeigen einen sehr spindeligen Stiel, teilweise fand ich ähnliche Fotos im Web - aber oft doch auch mit mehr "Substanz".

    Ist diese Ausbildung des Stiels witterungsbedingt oder ist das allgemein so variabel, auch unabhängig vom Wetter?


    Ich hoffe, meine Bestimmungen sind eindeutig (?):).

    Hemileccinum depilatum erscheint mir vom Hut her stimmend (beim alten Schlappen war das nicht mehr so deutlich zu sehen), der Stiel war stark wurzelnd und auch sowohl mit hellen Körnchen besetzt als auch leicht streifig, teilweise rotfleckig (eine Woche später bei neuen Pilzen war das nicht mehr so ausgeprägt), Geruch an der Stielbasis nach Jod, Poren etwas "neongelb" später grünlich.

    Fundort in einem Hainbuchen-Wäldchen/Gebüsch auf 500 m Höhe.


    Ein großer Pilz und ein kleiner Pilz (alle Bilder haben 1200 Pixel Breite)

     


    Der große Pilz

     


    Der kleine Pilz

      


    Der schönste Pilz

     

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




    Einmal editiert, zuletzt von abeja ()

  • Auch Amanita echinocephala hat wohl die ganz typischen pyramidalen Velumreste auf dem Hut und auch den grünlichen Schimmer in den Lamellen (verglichen hatte ich auch mit A. vittadinii, aber der sieht ja anders aus, auch anderer Standort)

    Fundort im Kalkbuchenwald auf ca. 450 m Höhe.


    Und auch hier: extrem dünne Stiele, kaum eine Verdickung (mein Erstfund war da ganz "klumpig".)

    Insgesamt waren da drei ältere Pilze, das letzte Stielbild stammt von Nr. 3

       


     


    Ein Winzling


    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Herzlich willkommen hier im Forum, liebe abeja!


    Danke fürs Zeigen dieser seltenen Funde.

    Ich denke, daß die Stielform und -größe kein sehr konstantes genetisches Merkmal ist, sondern daß dies auch sehr vom vorhandenen Bodengrund und der Schnelligkeit des Wachstums abhängig ist. Auch die relative Festigkeit der Außenhyphen des Stieles kann ich mir als Ursache für mehr Breiten- oder Höhenwachstum vorstellen. Wenn ich richtig gelernt habe vergrößern sich doch nur mehr oder weniger die Hyphen. Das eigentliche Hyphenwachstum findet doch wohl an den Enden statt.


    Beste Grüße

    Stefan F.

  • Hallo abeja,

    auch von mir ein Willkommen im Forum und Glückwunsch zu den schönen Funden.


    Dass die Kalkbuchenwälder am Hochrhein artenarm sein sollen, kann ich mir gar nicht vorstellen, aber sicherlich ist das Pilzaufkommen noch stärker witterungsabhängig als auf anderen Untergründen. Freuen wir uns also diesmal auf einen Pilz-November...


    Liebe Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo abeja,

    Hemileccinum depilatum erscheint mir vom Hut her stimmend (beim alten Schlappen war das nicht mehr so deutlich zu sehen), der Stiel war stark wurzelnd und auch sowohl mit hellen Körnchen besetzt als auch leicht streifig, teilweise rotfleckig (eine Woche später bei neuen Pilzen war das nicht mehr so ausgeprägt), Geruch an der Stielbasis nach Jod, Poren etwas "neongelb" später grünlich.

    die Kombination aus eingedelltem (gehämmertem) Hut, körniger Stieloberfläche, roten Flecken (gerne am unteren Stielende), der Geruch nach Jodoform an der Stielbasis ist eindeutig. Toller Fund - gratuliere! :thumbup:


    Auch wenn bei dem alten Exemplar die Dellen nicht mehr so stark ausgeprägt sind, kann man sie noch erkennen. Ebenso den fleckig braun gefärbten Hut, weshalb er u.a. auch "Gefleckthütiger Röhrling" genannt wird.


    Ich kenne die Art hier aus Donauwörth, dort wächst der Pilz mitten in der Stadt bei Hainbuchen (solitär und als Hecke) unmittelbar auf einem Grünstreifen zwischen Straße und Parkplatz. Auf meiner Website habe ich den Fund porträtiert.


    Werde dort morgen gleich mal hinschauen - vielleicht habe ich ja Glück und finde ein paar fotogene(re) Exemplare. :S


    Gruß, Andreas

  • Hallo,

    danke fürs Willkommensheißen und eure Kommentare zu meinen Funden. :)


    @ Stefan/Bibliothekar:

    das kann gut möglich sein, dass die Bodenbeschaffenheit konkret am Fundort eine Rolle spielt sowie die Wachstumgeschwindigkeit (was dann abhängig von der Feuchtigkeit wäre).

    Die sehr langstieligen Exemplare von Amanita echinocephala wuchsen auf sehr flachem und lockerem Grund ungefähr eine Woche nach Regen (die Pilze saßen ganz locker und waren ganz leicht herausziehbar).

    Den letzten kleinen Pilz fand vor ich 8 Tagen am Wegesrand an einer extrem steilen Böschung, fürs Foto hatte ich ihn etwas von Erde und Laubstreu befreit.

    Da das ganz bei mir in der Nähe ist, habe ich heute noch mal nachgeschaut (zwischendurch war kein neuer Regen)..

    In 8 Tagen (!) ist der Pilz zwar ausgewachsen, aber immer noch frisch und relativ klein (und kurzstielig), auch nicht sehr dick.

    Ich hatte Probleme, ihn aus dem Erdreich zu befreien . Ich wollte ihn mal ausporen lassen und auch die Ringstruktur fotografieren, die oberseitige Riefung konnte ich bei den großen Pilzen oben nicht mehr eindeutig sehen (oder das Foto gibt es nicht her), weil der Ring schon fast vergangen war.

    Ein paar Meter weiter gab es noch ein ganzes Nest ...

    Ich hänge noch mal 2 Bilder an, der umgelegte Pilz links ist der kleine Winzling nach 8 Tagen Wachstum:

       



    @ Wolfgang:

    das stimmt ... "artenarm" kann man das Pilzvorkommen hier eigentlich nicht nennen, da ich doch schon so einiges fand (habe aber nie gezählt), trotzdem ist der Wald überwiegend "pilzarm" - auf den ersten und auch auf den zweiten Blick... .

    Deshalb sind mir ab 2012 überwiegend erst einmal die Porlinge aufgefallen. Lamellenpilze und Röhrlinge gibt es zwar, aber immer nur vereinzelt. Es ist hier eigentlich fast immer so, wie jetzt aus anderen Gegenden "beklagt" wird.

    Am Hang fließt das Wasser schnell ab, der Untergrund lässt es auch auf der Höhe in flacherem Gelände recht schnell versickern - es gibt Dolinen.

    Deshalb gibt es hier auch keinen PSV und so gut wie keine Pilzsammler ... mit Korb im Wald käme man sich fast schon "albern" vor. Trotzdem sind manche Leute interessiert ... das sieht man daran, dass einzelne Pilze "umgedreht" da liegen ... und dass man häufig angesprochen wird, wenn man querwaldein läuft und sich Pilze anschaut und fotografiert ... und diese noch nicht einmal essbar sind.

    Einmal traf ich jemanden im Wald ca. 15 km entfernt, der früher in Inzlingen (Nachbarort) wohnte und berichtete, der Wald dort wäre vor Jahren ein Pilz-Eldorado (bzgl. Speisepilzen) gewesen - aber seit dem Autobahnbau (die Straße berührt aber nicht den ganzen Wald) sei großflächig alles vorbei. So als hätte sich grundsätzlich etwas geändert, eventuell wie und wohin das Wasser abfließt.


    @ Andreas,

    danke auch noch mal für die Bestätigung von Hemileccinum depilatum. Informationen im I-net machten die Sache auch für mich eindeutig. In meinen Standardbüchern ist der Pilz nicht abgebildet - und die Beschreibung im Bon passte bis auf die Hutstruktur fast besser für H. impolitum - im Gröger las sich das schon viel besser ....

    Die Hüte, die ich hier zeigte, waren auch die "passenden" Hüte. Ich hatte noch ganz ganz alte Pilze von oben fotografiert, da waren die Dellen nicht mehr so erkennbar. Die Nachzügler dort waren 1 Woche später übrigens noch spindeliger, besonders die jungen frischen Exemplare: ganz kleiner Hut und gaaaanz langer Stiel (davon habe ich aber kein Foto mehr gemacht.)

    Obwohl es ja ein seltener Pilz ist, habe ich wg. des großen Vorkommens auch mal 2 verkostet (der zweite Schub war nur minimal madig). Sehr viel Aroma entwickelte sich aber nicht, allerdings war auch nichts "Unangenehmes" daran - die Pilze kann man m.M. getrost stehen lassen. (Allerdings bin ich sowieso kein großer Röhrlingsfan).


    VG abeja

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    Einmal editiert, zuletzt von abeja ()

  • Hallo Andreas,

    ja gut ... der alte Pilz sieht fast aus wie ein x-beliebiger alter Pilz ... die anderen Exemplare waren noch zerfallener.

    Hier der erscheint mir ganz typisch (und ist vor Ort fotografiert - das war eine sehr dunkle Ecke, weil die Hainbuchen tiefhängende Äste hatten - und auch noch etliches Strauchartiges am Rand des Areals stand.


    Hemileccinum depilatum, uralt


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  • Hallo abeja,

    Werde dort morgen gleich mal hinschauen - vielleicht habe ich ja Glück und finde ein paar fotogene(re) Exemplare.

    an besagter Stelle hatte ich vorgestern nichts gesehen, allerdings radelte ich auf der anderen Straßenseite vorbei und hatte keine Zeit, den Grünstreifen zu inspizieren.


    Dafür habe ich gestern ein anderes Vorkommen dieser Art entdeckt- dieses Mal sogar mit einem stattlichen Exemplar:




    Gruß, Andreas

  • Hallo Andreas,

    das ist wirklich ein Prachtexemplar, so wie man sich die Art im optimalen Zustand vorstellt. Der hatte bestimmt sehr gute Wachstumsbedingungen. Danke für das Vergleichsbild.


    VG abeja

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  • Hallo abeja,


    gerne. Schade nur, dass das Exemplar heute Abend auf der Münchner Pilzausstellung schon etwas mitgenommen aussah. Leider war in meinem Kühlschrank gestern auf heute kein Platz für den "Brummer", sonst hätte er sicher noch länger durchgehalten. Dennoch schön, dass die Art außer mir noch mehr Menschen live sehen konnten. :)


    Gruß, Andreas

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