Noch eine Pilzart in unserem Kleingarten

  • Hallo noch einmal ans Forum,

    es gibt noch einen zweiten Pilz-Neuankömmling in diesem Herbst. Er hat sich am Rand des im Frühjahr aufgelösten Komposthaufens eingestellt. Auf einem Bild sieht man noch das unterste Brett von der Kompostumrandung aus der Erde gucken.

    Die Schnecken oder irgendwer anders fräst die obere braune Schicht des Pilzes ab - scheint jemandem zu schmecken.

    Die Kappe reicht quasi bis an die riesige Knolle, die im Boden steckt heran und ist nicht größer als diese.


    Die Stile der beiden abgeschnittenen Exemplare (auf dem Teller) hatten kleine gelbe Stellen an der Schnittfläche unten am Stiel.


    Ansonsten sind die Flächen am Längsschnitt ziemlich schnell schmutzigrosa angelaufen. Es gibt einen länglichen Hohlraum im Stiel.


    Hat jemand eine Idee, welche Art das sein könnte? Vielen Dank!


    Viele Grüße

    flitzepitz





  • Hallo Flitzepitz (edit: da fehlte mir doch ein t, so was aber auch....)

    wollen wir das so machen ... kleine Andeutungen und dann selbst herausfinden?

    Diese Pilze wachsen wieder (wie der Erstfund) an einem ganz typischen Platz für sie, nährstoffreich, Kompost, anthropogen beeinflusst.

    Die beobachtete Rosafärbung sollte eigentlich noch ein bisschen deutlicher werden, viele Vergleichsbilder zeigen ein deutliches Röten. Der Stiel ist nicht genattert, sondern glatt. Die Verfärbung und die fehlende Natterung sind gattungstypisch.

    Wie der Ring aussieht, können wir in dem Stadium noch nicht gut erkennen, es ist sehr wahrscheinlich kein doppelter, verschiebbarer Ring und er ist eher einfach und nicht besonders komplex aufgebaut.

    Die Lamellen sind weiß und bleiben mehr oder wenig weißlich.

    Wenn der Pilz an Größe zunimmt, würde die braune Huthaut aufreißen und typische braune Schuppen auf weißem Grund hinterlassen, deutlich kontrastierend.

    Die Knolle wird wahrscheinlich bei genauer Betrachtung gerandet sein.

    Insgesamt wird der Pilz im ausgewachsenen Stadium eine eher gedrungene Statur haben.


    Hilft das weiter? :)

    FG, abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




    3 Mal editiert, zuletzt von abeja ()

  • Hallo Flitzepitz: bitte sagen, wenn das zu schwierig ist ...

    Ich würde gerne wissen, ob man mit den Angaben auch ohne große Erfahrung im Pilzbestimmen zum Ziel kommt.

    Als Botanikerin bist du ja sicher gewohnt, auch auf kleine Details zu achten.


    FG, abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo abeja, hallo Jens,

    entschuldigt bitte, dass ich mich gestern nicht gemeldet habe, aber ich hatte einen kompletten Ausfalltag.... (zum Glück keine Pilzvergiftung ^^) und bin froh, dass ich mich jetzt endlich mit allen Sinnen der Aufgabe widmen kann, die ihr mir gestellt habt:).


    Ich hatte nach meinem ersten misslungenen Bestimmungsversuch beim Spitzschuppigen Stachelschirmling (was für ein herrlicher Name :)) nicht nochmal eine Prognose gewagt, aber ich ich denke, es handelt sich um den Kompost-Egerling.


    Ich vermute diese Art, weil sie in meinem Pilzbuch (Das Beste/Pilze Mitteleuropas von Dr. Hans Haas aus dem Jahr 1982, S. 109) sehr ähnlich wie meine Exemplare aussieht. Der Standort passt haargenau und im Netz fand ich den Hinweis, dass diese Art büschelig wächst, und ich musste die beiden vorgeführten Pilze ja tatsächlich schräg von einem großen Ballen abschneiden. Haas beschreibt den Kompost-Egerling als sehr delikaten Champignon, von dem der Zuchtchampignon A. hortensis abstammt.


    Was mich verunsichert: die Lamellen sind bei HAAS rosa und im Kühlschrank hat sich auch die graurosa Farbe des Längsschnitts wieder in weiß verwandelt. Auch gibt es viel Durcheinander in der Namensgebung, wenn man im Internet nach Agaricus bisporus sucht. Und im von mir ausgeliehenen Kosmos-Naturführer "Welcher Pilz ist das?" von 2007 (Andreas Gminder und Tanja Böhning) steht der Kompost-Egerling als Agaricus vaporarius bei Art 144 und gilt "als nicht gerade giftig, schmeckt aber nicht gut und kann bisweilen leichte Magenbeschwerden hervorrufen." =O


    Und jetzt zu deinen Beschreibungen, abeja:

    Der Standort passt, die fehlende Natterung kann ich bestätigen, die anfängliche Rosafärbung hat sich im Kühlschrank wieder verzogen, Lamellen sind immer noch weiß, wie du auch schreibst.

    Einen Ring gibt es an meinen Kühlschrankexemplaren nicht, die Hüte haben sich dort auch nicht weiter aufgeschirmt, um einen zu hinterlassen.

    Die Schuppenbildung auf weißem Grund beginnt auch bei dem kleinen Exemplar ganz deutlich.


    Ich habe versucht, die gerandete Knolle zu erkennen: ja, es gibt einen ganz klaren Absatz = Verbreiterung unterhalb des Stiels, bevor es weiter in die unterirdische Knolle geht.


    Ich gehe nochmal in den Garten gucken, ob sich da noch was getan hat, aber die Kälte wird wohl nur wenig Wachstum zugelassen haben. Die Gedrungenheit wird daher wohl auch weiter vorhanden sein.


    Eine Endbestimmung schaffe ich leider trotz der ganzen Hinweise nicht - habe ja kein Bestimmungsbuch mit dichotomem Schlüssel zur Hand ... Und einige Widersprüche (weiße/rosa Lamellen, verschiedene Artnamen, unterschiedliche Bekömmlichkeit)

    Wo würde ich einen sicheren Bestimmungsweg finden?

    Wohin/zu welchen Fehlern die nur aus Bilderbüchern gestellten Bestimmungen führen können, weiß ich ja selbst aus der Botanik ;).


    Gattung: Agaricus und dann ?


    Vielen Dank für eure Unterstützung !

  • Hallo Flitzepitz,

    das ist jetzt wirklich tricky ... bleibend helle Lamellen sind ein Ausschlusskriterium für Agaricus.

    Jetzt sind die Pilze noch sehr sehr jung, da können auch Egerlinge schon mal noch sehr helle Lamellen haben, sie müssten aber dunkel werden (braunes Sporenpulver).


    Ich gehe hier aber von einer Gattung mit bleibend hellen Lamellen aus (und hoffe, nicht falsch zu liegen).

    Die Knolle ist auch für meinen "Geschmack" viel zu klumpig, auch deshalb denke ich an eine andere Gattung.

    Bei meiner favorisierten Gattung ist auch der Stiel hohl, bei Egerlingen nicht (edit: bei alten Pilzen auch dort möglich).


    Also es gibt noch eine Pilzart, die gerne auf Kompost wächst (und der gesuchte Vertreter wäre giftig) - im Gegensatz zu einer verwandten Art, die im Wald wächst (und weniger kontrastierende Hutschuppen hat und keine gerandete Knolle hat und essbar wäre und es gibt noch eine weitere Art in der Gattung, die sich mehr oder weniger nur an der Knollenform und Ringkomplexität unterscheidet, was aber schwierig zu beurteilen sein kann.)


    Die gesuchte Gattung fängt mir C. an (wurde früher aber auch schon mal in die Gattung M. gestellt, die Arten der Gattung M. hätten aber genatterte Stiele). All diese Pilze haben helles Sporenpulver, weiß bzw. manchmal mit einer leichten Tönung (auch grünlich bei einer Art, die bei uns noch nicht (?) vorkommt) , aber nie dunkelbraun wie Egerlinge.


    FG, abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




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  • Hallo abeja,

    danke für deine Antwort, die meinen Detektivspürsinn in Fahrt gebracht hat :) .

    Mein Pilz ist auf jeden Fall hohl!!!

    Ich bin jetzt mal beim Gerandetknolligen Garten-Safranschirmling gelandet:

    https://www.123pilzsuche.de/da…ails/Gartenschirmling.htm

    Das zweite Bild trifft genau den Ausdruck meiner Exemplare.


    Hiernach https://de.wikipedia.org/wiki/Safranschirmlinge

    müsste es wohl C. brunneum sein, Garten- oder Großknolliger Safranschirmling.


    Welches wäre denn der Waldverwandte?

  • Hallo Flitzepitz,

    genau den meinte ich!

    Und hoffentlich fliegt mir meine Bestimmung jetzt nicht um die Ohren ^^ ... weil die Pilze wirklich noch recht klein sind.


    Die Bilder bei 123 haben mir in diesem Fall auch geholfen, vor allem, weil da auch ganz junge Pilze abgebildet sind und auch schön im Schnitt mit dem hohlen Stiel - ich kenne die Art selbst nämlich noch nicht aus eigener Anschauung (den Kompost-Egerling auch nicht...) Übrigens habe ich oben Halbwissen von mir gegeben - werde ich noch verbessern: auch Egerlinge können hohle Stiele haben, entwickeln die aber erst im fortgeschrittenen Alter.


    Die Informationen auf der genannten Seite nehme ich auch immer gerne an. Allerdings empfiehlt es sich, alles soweit möglich noch einmal mit Büchern bzw. anderen Internetquellen zu vergleichen. Hin und wieder sind auf der Seite die Zuordnungen zweifelhaft, vor allem wenn Bilder aus diversen Webquellen verwendet werden für Pilze, die nur mikroskopisch sicher zu bestimmen sind.


    Der dunkle Vertreter der Gattung, der im Wald wächst (überwiegend im Nadelwald, in meiner Gegend zumindest ) ist Chlorophyllum olivieri. Der ist schön eindeutig bei der Bestimmung. --> hier in diesem längeren Beitrag hatte ich mal einen zerpflückt und Details gezeigt.


    Probleme soll manchmal die Unterscheidung zwischen Chlorophyllum brunneum und rachodes machen.


    Dichotome Schlüssel bei der Pilzbestimmung sind leider in vielen Büchern rar (gibt es natürlich in den Gattungs-Monografien und in den Büchern für Fortgeschrittene fürs Mikroskopieren). Meine besten Bestimmungsergebnisse erziele ich immer noch mit Pareys Buch der Pilze (Bon), aber das gibt es zur Zeit (?) nur gebraucht zu Mondpreisen. Die Gattung Macrolepiota s.l. wird da aber noch anders interpretiert.


    Wesentlich ist aber immer, auf die Sporenpulverfarbe zu achten, bzw. wenn man die noch nicht feststellen kann (Rückschlüsse aus der Lamellenfarbe sind möglich, aber nicht immer richtig), mehrere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.


    Meine Neuerwerbung sind diese Bücher hier, da wird ein neuartiges Schlüsselprinzip verfolgt. Aber auch in solch extrem ausführlichen Büchern sind natürlich nicht alle Pilze enthalten.


    FG, abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




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  • Hallo abeja -

    vielen herzlichen Dank, dass du mir diese spannende Reise durch den Bestimmungsdschungel ermöglicht hast und wir jetzt bei einem endlich vertrauenserweckenden Ergebnis gelandet sind - Chlorophyllum brunneum. Wenn ich dir, die als Siegerin aus dem Labyrinth von Fallenstellungen hervorging, einige Exemplare zuschicken soll, gib mir bitte Bescheid. Das mach ich sehr gerne! Ich kann sie ja jetzt leider leider doch nicht verspeisen ;(;(. --> Alleine wäre ich NIE auf das Ergebnis gekommen.

    Kompost-Egerling - das wärs echt gewesen! *träum*...


    Vielleicht schaffe ich es ja, mal Sporen aufzufangen.


    Schade mit dem Pareys-Pilze-Buch - die Serie hat ja zu einigen Bereichen der Tier- und Pflanzenwelt recht gute Bestimmungsbücher hervorgebracht. Und das neue Monster-Werk in zwei dicken Bänden für ca. 100 € ... da werde ich wohl schwach werden... :)


    Nochmal herzlichen Dank für die vielen Hinweise und dein Kümmern - und viele Grüße von

    Flitzepitz

  • Hallo Flitzepitz,

    Deine Fotos sind leider suboptimal, aber zusammen mit den Beschreibungen könnte man auch Leucoagaricus americanus denken. Schau mal in den Anhang, Tintling 2/2019 sowie einige Fotos mit Bestimmungsmerkmalen. Fand sich an einem ähnlichen Standort - Gewächshaus.

    LG

    Herriot

  • Hallo,

    aha, noch ein Kandidat! Danke für den Input.

    An den hatte ich jetzt nicht gedacht, weil ich oben bei den Bildern (wo die Einzelpilze nicht abgeschnitten sind) eine deutliche, sehr klumpige, mutmaßlich gerandete Knolle sehe. (Flitzepitz schrieb: "Ich habe versucht, die gerandete Knolle zu erkennen: ja, es gibt einen ganz klaren Absatz")

    Flitzepitz: sind eventuell die Pilze noch etwas gewachsen ? Oder sind sie alle schon "perdu". Es wäre schön, weitere Merkmale zu sehen.


    Leucoagaricus americanus sollte rötlich-braune (relativ feine) Schuppen entwickeln, unterschiedlich verfärben (es ist von gelblich, orange und rötlich die Rede) und einen spindelförmigen Stiel haben, dh. leicht verdickt unten und dann wieder stark verschmälert.

    Der Stiel erscheint auf Vergleichsbildern auch nicht rein weiß, sondern etwas bräunlich-rötlich beschuppt.


    Eine amerikanische Seite, da sind unsere Kandidaten auch sehr gut beschrieben und abgebildet:

    http://www.alpental.com/psms/P…Lepiota.htm#Leucoagaricus


    FG, abeja

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  • Hallo, Ihr beiden,

    danke für euer genaues Hingucken - ich bin ja leider blutige Anfängerin und heute auch noch vereist (und habe dadurch keine gute Studiermöglichkeit), aber vor der Abfahrt heute morgen habe ich noch die Pilze besucht - und siehe da, aus dem kleinen braunkappigen Knubbel mit der großen, abgetreppten Knolle ist ein riesiger Schirmling geworden. Leider hab ich auch nur eine bloody Smartphonekamera (und muss anschließend das Bild noch zum Hochladen "verkleinern") und hab heute morgen auch nicht damit gerechnet, dass noch genauer hingeschaut werden könnte. An deinen Bildern, Herriot, sehe ich eine Delle in der Kappe, die gab es bei meinen Exemplaren nicht. Auch ist der spindelförmige Stiel bei meinen nicht vorhanden, sondern es gibt eine Abtreppung zur Knolle hin und die Ränder sind fast parallel zueinander.

    Mehr kann ich aus der Ferne nicht feststellen - hoffe, die beiden neuen Bilder können irgendwie Klarheit bringen....

    LG und vielen Dank!


  • Hallo,

    das untere Bild zeigt m.M. nach gut das typische Aufbrechen der Huthaut á la C. brunneum, wo auf Bildern oft auch diese großflächige braune "Mittelschuppe" übrig bleibt.

    Das obere Bild zeigt, dass Schnecken diesen Pilz mögen ^^

    Das Weiße, was man da sieht, müsste ja der Ring sein, der ziemlich einfach erscheint und etwas zerfetzt.

    Eine Knolle kann man auf dem Bild leider nicht deutlich erkennen, das sind wahrscheinlich nur Erdklumpen, die man da sieht und die Knolle sitzt noch etwas tiefer.


    BG, abeja

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  • Heute war ich noch einmal im Kleingarten und habe zwei Knollen von Chlorophyllum brunneum fotografiert, sie sind sehr erdbehaftet, aber ich hoffe, dass man den Absatz zwischen Stiel und Knolle dieses Mal erkennt :)


  • Andreas Kunze

    Hat das Label Bestimmung hinzugefügt.

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