• Hallo Dirk,

    ich halte das für einen Kaffeebraunen Gabeltrichterling, Pseudoclitocybe cyathiformis.


    Kleines "Problem": er ist hier nicht besonders kaffeebraun und die typischen gegabelten Lamellen sehe ich auch nicht. ;)

    Aber die Oberfläche der vorgeschlagenen Art ist stark hygrophan, d.h. die Farbe ändert sich mit dem Feuchtigkeitsgehalt und die Lamellen sind manchmal nur wenig oder gar nicht gegabelt. Der Gesamteindruck erscheint mir jedoch typisch.

    Es gibt auch noch sehr ähnliche Arten aus der Gattung, die aber typischerweise nicht auf so einem Holzstückchen wachsen und die sich auch am Geruch unterscheiden würden (und auch eher einen gerieften Hutrand haben).


    Allgemein muss man aber sagen, dass normalerweise für eine Pilzbestimmung mehr als ein Foto notwendig ist.

    Oft braucht man mehrere Ansichten, von oben, von unten, von der Seite. Das müssen dann keine künstlerisch ausgearbeiteten Fotos sein, da hat "Dokustyle", d.h. gute Schärfe an wesentlichen Stellen und möglichst Farbtreue genügend Aussagekraft.

    Zur Pilzbestimmung bietet es sich an, neben dem besonders schönen auch ein paar "normale" Fotos zu machen ;)

    Oft ist es auch notwendig, den Pilz zu entnehmen, einen Längsschnitt zu machen inkl. Basis, daran zu riechen usw.

    Weiter geht es mit der Sporenpulverfarbe.

    Bei einer Vielzahl von Arten geht eine eindeutige Bestimmung nur mit weiteren Untersuchungen wie makrochemischen Tests und Mikroskopie. Und oft reicht das immer noch nicht ... dann kann nur eine genetische Untersuchung mehr Klarheit schaffen.


    Es ist aber völlig legitim, nur ein schönes Fotos zu machen und zu versuchen, den Pilz zu benennen. Es führt nur oft dazu , dass dabei kein sicherer Name herauskommt und manchmal noch nicht einmal eine gute Idee.


    FG, abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo Dirk,


    ich kann den Beitrag von abeja nur in allen Punkten unterstützen. Pilzbestimmung funktioniert so leider nur in seltenen Fällen.


    Die kleinen violetten Punkte zwischen den Lamellen deuten auf eine künstlerische Farbverschiebung bei der Bearbeitung, ggf. zusammen mit einer nicht farbneutralen LED-Beleuchtung. Das macht die Bestimmung im Allgemeinen noch mehr zu einem Rätselspiel.


    Auf Deinem Bild hat sich übrigens eine zweite Pilzart versteckt: die kleinen schwarzen Kügelchen unter der Rinde gehören zu einem Pyrenomyceten (Kernpilz).


    Gruß,


    Wolfgang


    P.S.: wirklich schönes Bild übrigens - Danke dafür!

  • Mir gefällt das Bild auch sehr gut - wie gemalt! :)


    Die Farbwahrnehmung wird auch stark von den Gewohnheiten und der Verarbeitung im Gehirn beeinflusst. Die zart violetten Pünktchen in den Lamellen waren mir gar nicht aufgefallen. Meine "grauen Zellen" hatten sich das als "irgendwie Grau" zurechtgelegt.

    Nimmt man in einem Bildbearbeitungsprogramm mit der Pipette die Farbe auf, dann bemerkt man, dass es auch im Hut deutlich bläuliche und rosaliche Töne gibt, die zart changieren.

    Es ist übrigens noch mehr Pilz auf dem Bild: Rhizomorphen vom Hallimasch, Armillaria spec. - und diese sind in natura schwarz. Hier - zumindest auf meinem Bildschirm und auch wenn ich mit der Pipette Farbe aufnehme, sind sie intensiv blau bzw. blau-violett, genauso wie die kleinen Pyrenos. Das Holz selbst erscheint mir in einem angenehmen Rotton.


    Als Ausdruck künstlerischen Gestaltungswillens kann man die Natur so darzustellen - selbstverständlich auch im Foto. Ich selbst z.B. habe - ist schon etwas länger her - mit Acrylfarben gemalt. Da habe ich für die Schatten auch nicht Braun oder Schwarz genommen, sondern ich "schwelgte" in Blautönen und setzte dazu starke Kontraste.


    Bei der künstlerisch anspruchsvollen Fotografie ist es dann ein bisschen eine Gratwanderung. Nehme ich hier bei dem Bild z.B. extrem die Sättigung heraus und verschiebe Blau ein wenig in Richtung Gelb ... schon sieht der Pilz deutlicher nach Gabeltrichterling aus (immer noch mit rel. hellem Hut) und er sitzt auf weniger "schönem" Holz, das dann aber eher meinem Sichteindruck in der Natur entspricht.

    Nur ... das intensive Bild bleibt deutlich attraktiver. ;)


    FG, abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo abeja, hallo Wolfgang,


    danke, dass Ihr so kompetent und umfangreich reagiert, bzw. antwortet. Daraus lerne ich wirklich sehr viel.

    Vor allen, dass auch „normale“ Bilder mit unterschiedlichen Ansichten zur Bestimmung hilfreich sind. Ich beschäftige mich erst seit kurzer Zeit mit Pilzen; bin momentan in dem Stadium, dass ich am liebsten mit Stelzen durch den Wald ginge, um bloß nichts zu zerstören. Wolfgang analysiert sehr gut, die verwendete LED-Beleuchtung. In der Tat ein schwieriges Unterfangen, im dichten Wald, ohne direktes Sonnenlicht die richtige Farbabstimmung zu finden. Ohne zusätzliches Licht fehlt dem Bild die Akzentuierung. Völlig klar, dass hier noch Raum für Lernbedarf und Feinabstimmung offen steht.


    Vielen Dank und beste Grüsse


    Dirk

  • Hallo Dirk,


    ohne Zusatzbeleuchtung geht es meist nicht. Für Fotografen gibt es aber inzwischen erschwingliche LED-Videoleuchten mit einem CRI von 98, ich habe eine mit CRI 94, das ist schon deutlich farbneutraler als eine handelsübliche Taschenlampe.


    Hängt natürlich davon ab, wie wichtig Dir eine naturnahe Farbgebung Deiner Bilder ist.


    Grüße,


    Wolfgang

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