Auch die Zunderschwämme weinen - Fomes fomentarius mit ausgeprägter Guttation (+ Fomitopsis pinicola-Riese + 180-Grad Geotropismus)

  • Hallo allerseits,

    am Rotrandigen Baumschwamm (Fomitopsis pinicola) sieht man ja recht häufig - bei mir meistens in feuchten Sommern oder Frühherbst - viele ungefärbte Guttationstropfen.

    Beim Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ist mir das noch nicht aufgefallen. Durchsuche ich meine vielen Fotos der Art, finde ich nur ein einziges Bild, wo ein paar Tröpfchen an der weißen wulstigen Zuwachskante eines relativ jungen Fruchtkörpers sitzen.


    Die Pilze, die ich heute hier zeige, sah ich zum ersten Mal Ende September im Wald in Hanglage (NSG Buchswald, Grenzach-Wyhlen), dort an einer großen dicken abgestorbenen Buche.

      


    Nun bemerkte ich an den unteren drei Fruchtkörpern reichlich Tropfen, die etwas gelblich gefärbt waren.






    Ganz oben am Stamm saßen noch mehr Fruchtkörper. Darunter war ein Exemplar, was ich für meinen bisher breitesten Fund der Art halte. Trotzdem ist das Maß sehr schwer zu schätzen, vielleicht 40 -50 cm. Die oberen (älteren) Fruchtkörper schienen ohne Tropfen zu sein.


    Habt ihr schon Sichtungen von Zunderschwämmen mit Guttationstropfen gemacht?

    Das scheint nicht sehr häufig vorzukommen, auch nicht bei jungen Fruchtkörpern.

    Irgendwo las ich die Vermutung, dass Zunderschwamm nur dann Tropfen abscheidet, wenn etwas nicht stimmt, z. B. wenn ein Befall mit anderen Organismen vorliegt. Woraus man das schließen könnte, weiß ich allerdings nicht.

    Zu sehen war nichts, außer dass das Wachstum relativ schnell gegangen sein muss und die Pilze insgesamt etwas "klumpig" wirken. Die Oberfläche ist auch noch etwas untypisch, es bildete sich nun die erste typische dunklere Linie aus. So eine Oberfläche habe ich allerdings schon häufiger bei jungen schnell wachsenden Zunderschwämmen gesehen.


    Vielleicht weinen sie ja, weil kaum "Pilzkollegen" im Wald zu sehen waren.

    Ich fand jedenfalls nichts Bemerkenswertes außer viel frischer Luft, vertrödelte aber meine Zeit mit Knospen- und Kaktus(!)-Fotografie im NSG.

    "Noch mehr Tropfen" gab es nur an Blättern, die in den wenigen feuchten Fleckchen des besonders in Hanglage rascheltrockenen Waldes lagen.




    Mit solch langen Beinen ;) sollte ich ja in Windeseile nach Hause eilen und noch vor Einbruch der Dunkelheit ankommen können - das wurde aber verflixt knapp.




    FG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Thx 4 thumbs up!

    ... beinahe hätte ich thumb mit "p" geschrieben, also mache ich mal lieber anders weiter. :D


    Sichtungen von tropfenden Zundern sind dann vermutlich wirklich nicht so häufig, denke ich (... oder?)

    Ich bin auch einmal über das Wort "gutturieren" gestolpert.

    Existiert das wirklich in der Mykologen-Fachsprache oder ist das eher eine Eigenschöpfung?

    Ich fand es nämlich ansonsten nur im Zusammenhang mit Sprachen, in denen Kehllaute existieren - also im Sinne von "guttural sprechend", von guttur = Kehle.

    Der Begriff "Gutturieren" scheint auch in der Phonetik nicht geläufig zu sein, vielleicht ist es auch da ein "Neuwort".


    EDIT:

    zutreffend wäre bei Pilzen auch der Begriff "exsudieren", denn Exsudation wird bei Pflanzen und vermutlich auch bei Pilzen synonym zu "Guttation" verwendet:


    FG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo allerseits,

    an dem oben gezeigten "Dürrständer" (Buche) komme ich öfter vorbei, immer wenn ich steile, serpentinenartige Wege in sonniger Südhanglage gehe. Dabei ist mir schon vor ein paar Wochen aufgefallen, dass die Zunderschwämme, die in Reichweite wuchsen, "weg" waren. Vermutlich hat sie jemand abgeschlagen, ob zu Verwertungszwecken oder "einfach nur so" entzieht sich meiner Kenntnis. Man sieht aber noch deutlich, wo sie saßen.

    Letzte Woche stand vom Reststamm nur noch die Hälfte, vermutlich ist der obere Teil abgebrochen. Die Reststücke lagen zerteilt den Hang hinunter. Da dürfen sie auch liegenbleiben, da es sich um ein NSG handelt.




    Nun konnte ich mir den riesigen Porling, von dem ich weiter oben im Text ein Foto von Weitem und von unten eingestellt hatte, näher anschauen.

    Verdächtig helle Unterseite, verdächtige Form ... für einen Zunderschwamm ... mmmmhhh....

    Oje ^^ , Pilze nur "von unten" können auch wie "Käfer von unten" sein.





    Es ist ein Rotrandiger Baumschwamm, Fomitopsis pinicola - in bemerkenswerter Größe: knapp 60 cm ! Man liest zur Größe: 30 cm (und mehr). Hier war es "ein bisschen" mehr, jedenfalls habe ich bisher noch nie so einen großen Fompini gesehen.

    Ansonsten wächst im Wald, im Park und auf der Wiese nichts Frisches, der Regen Anfang April hat hier keinerlei sichtbaren Pilzwuchs ausgelöst.


    FG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • abeja

    Hat den Titel des Themas von „Auch die Zunderschwämme weinen - Fomes fomentarius mit ausgeprägter Guttation“ zu „Auch die Zunderschwämme weinen - Fomes fomentarius mit ausgeprägter Guttation (+ Fomitopsis pinicola-Riese)“ geändert.
  • Hallo,

    auch hier eine Fortsetzungsgeschichte:

    bei dem abgebrochenen Stamm, wo die Zunderschwämme von jemandem abgeschlagen wurden, wachsen nun (letzte Woche gesehen) neue Fruchtkörper nach. An einer Stelle kam unterhalb der obersten hellen Schicht relativ dunkles Fruchtfleisch zutage, bei Herumkratzen ziemlich deutlich. Leicht zweifelnd habe ich tatsächlich mit meinem Messerchen ein Stückchen herausoperiert.

    Doch, tatsächlich Zunderschwamm, mittelbraun-holzfarben, noch sehr feucht, sehr zäh. Die alleräußerste eingefärbte Schicht war tatsächlich etwas dunkler als der Rest.



    Der sehr große Rotrandige Baumschwamm sah aus der Distanz auch etwas seltsam aus, ein leuchtend oranger Belag ... ein Befall???

    Nein, natürlich nicht ... er ist nur mit extremen Umbauarbeiten beschäftigt: Geotropismus um 180 Grad.

    Die ehemalige Porenschicht ist jetzt - wenn auch nur um wenige Grade - die "nach oben zeigende" Schicht, dort wurde nun eine neue Lackkruste ausgebildet. Allerdings befinden sich darauf wieder "weiße Knubbel", von denen ich nicht weiß, ob sie auch lackartig werden mit der Zeit.

    Die ursprüngliche Oberseite (dunkelrot, harzhaltig) sieht noch unverändert aus. Im Moment hat der Pilz gar keine funktionstüchtigen Poren. Jetzt wäre es zu erwarten, dass um den Rand herum auch weißlicher Zuwachs erfolgt und sich da dann auf der ehemaligen Oberseite eine neue Fruchtschicht ausbildet ... ?


    Mal abwarten, vielleicht weiß er noch gar nicht genau, was er will ^^


    VG abeja





    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • abeja

    Hat den Titel des Themas von „Auch die Zunderschwämme weinen - Fomes fomentarius mit ausgeprägter Guttation (+ Fomitopsis pinicola-Riese)“ zu „Auch die Zunderschwämme weinen - Fomes fomentarius mit ausgeprägter Guttation (+ Fomitopsis pinicola-Riese + 180-Grad Geotropismus)“ geändert.
  • Hallo,

    nach gut einem Monat bin ich wieder an der Stelle mit dem gigantischen Rotrand (Fomitopsis pinicola) gewesen.

    Es gab ordentlich Zuwachs, und zwar in ähnlicher Weise wie bei Peter Püwerts Beispiel: an der "frisch lackierten" Fläche Hütchen ausbildend, wobei die Porenschicht natürlich nach unten zeigt.

    Angedeutet hatte sich das ja schon bei den Bildern von Juni, das ist vermutlich "das Einfachste" für den Pilz.

    Die Bauarbeiten waren besonders intensiv rechts und links am Rand, aber auch an der großen Fläche.

    Theoretisch ist jeder kleine weißliche Wulst schon ein Hutansatz, wobei bestimmt nicht alle sich entwickeln werden.

    Aber auch auf der anderen Seite tut sich was, ganz zaghaft oben am Rand, jedoch kein "Lack", sondern direkt eine weißliche Schicht, auf der sich sofort Poren bilden.


    Ein paar Eindrücke - mangels anderer Funde ... ich hoffe, ich langweile niemanden damit :saint:.









    "Figürliches" (aus Entenhausen?)


    Auch am stehenden Restbaum haben die Zunderschwämme (Fomes fomentarius) wieder deutlich an Größe gewonnen (innerhalb von 4-5 Wochen), sie sind wiederum so hell wie die Fruchtkörper vom letzten Jahr.



    VG

    abeja

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  • Hallo allerseits,

    innerhalb von vier Monaten gab es sowohl größenmäßig als auch mengenmäßig sehr viel Zuwachs von Fomitopsis pinicola an diesem dicken abgebrochenen Buchenstamm. An beiden Stirnkanten des Stammes und zum Teil auch seitlich sind Fruchtkörper gewachsen.


    Aber Hauptdarsteller bleibt der Pilz, der schon am stehenden Stamm sehr groß war.

    Formidable!



    Die ehemalige Unterseite


    Die ehemalige Oberseite





    VG

    abeja

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  • Hallo Abeja,


    merci für die Übermittlung der Wachstumsgeschwindigkeit + Gigantomanie dieser Rotrandigen!


    Ich hätte da noch eine Frage, über die wir kürzlich unter Hobbymykologen diskutiert haben: gibt es auf diesem Stamm noch andere Pilzarten (in relavanter Menge)?


    Fom. pin. wie auch Fom. fom. sind ja ziemlich "besitzergreifende" Zersetzer, die als Braun- und Weißfäuleerzeuger – wenn auf dem gleichen Substrat – für einen recht zügigen kompletten Abbau des gesamten Holzes sorgen dürften?! Nach meinen sporadischen Beobachtungen ist die Artenvielfalt bei Fom.-pin.-Befall schon deutlich geringer, beim Zunderschwamm (ohne rotrandige Beteiligung) hingegen gibt es durchaus etliche andere Arten. Ich denke, der Rotrandige verstoffwechselt doch wesentlich schneller als der Zunderschwamm, was man auch an Deinen riesigen Frk. sieht.


    Viele Grüße – Rika

  • Hallo Rika,

    hier der abgestorbene Baum stand ja vor einem Jahr noch aufrecht.

    Unten waren nur die Zunderschwämme ... nun auf dem noch stehenden Reststück sichtbar auch nur Zunderschwämme (Fomes fomentarius).

    (Nach schwarzen Flecken etc. habe ich aber nicht bewusst geschaut ...)


    Oben im Baum, jetzt auf den liegenden Bruchstücken, zurzeit auffällig nur die vielen Fruchtkörper von Fomitopsis pinicola.

    Im Sommer war jedoch an einer Bruchkante auch ein kleinerer FK von Pycnoporellus fulgens (Leuchtender Weichporling), aber schon in Auflösung begriffen. Sonst ist mir da tatsächlich noch nichts aufgefallen.

    Auf der Ehinger Pilzseite steht auch die Aussage "Pycnoporellus fulgens ist vermutlich ein Folgezersetzer vom Rotrandigen Baumschwamm (Fomitopsis pinicola) und mit diesem assoziiert."


    Direkt daneben liegen aber dickere Astbruchstücke, wobei ich allerdings nicht weiß, ob die vom gleichen Baum stammen. Da ist vor allem (neu) Coriolopsis gallica (Dunkle Borstentramete) vorhanden.


    VG

    abeja

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  • Hallo,

    kleines Update vom Fomitopsis-Riesen: von November bis Mitte März gab es keinen sichtbaren Größenzuwachs, doch eine erhebliche Farbveränderung. Die hellen Kanten sind nun fast überall kräftig orange-rot, die bisher roten Oberflächen wurden sehr dunkel, fast schwarz.


    Auch im hiesigen Wald kommt es „in Mode„, Pilzfruchtkörper von Zunderschwamm und Rotrandigem Baumschwamm „zu ernten“. So wurde von den nachgewachsenen hellen Zunderschwämmen und von den kleineren Fomitopsis-Fruchtkörpern an den Stirnseiten des liegenden Stammes einiges entfernt inzwischen.


    Zum Glück hat niemand das Designobjekt (made by nature) angetastet.


    VG

    abeja




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