Frage zu Sarcodontia setosa

  • Hallo miteinander!


    Am Freitag letzter Woche fand ich meinen ersten Apfelbaum- oder Krustigförmiger Stachelbart/-schwamm.


    1. Vorbemerkung zu aktuellen Namen:

    Auch wenn er (noch?) relativ kurze Stacheln hatte, war die Sache ziemlich schnell klar – zumindest beim deutschen Namen. Bei der Fahndung nach dem aktuellen wissenschaftlichen Namen wurde es dann etwas unübersichtlicher: Sarcodontia crocea und Sarcodontia setosa sind laut Mycobank beides gültige Namen – aber anscheinend zwei verschiedene Arten! In der Pilze-D-Kartierung gibt es nur S. setosa (hier noch eine Auswahl an Namen: Dryodon schiedermayeri (Heufl.) Ricken 1918 / Hericium croceum (Schwein.) Banker 1906 / Hydnum croceum (Schwein.) Fr. 1828 / Hydnum schiedermayeri Heufl. 1870 / Kneiffia setigera var. pomicola Schulzer 1874 / Manina schiedermayeri (Heufl.) Banker 1912 / Sarcodontia mali Schulzer 1866 / Sistotrema croceum Schwein. 1822). Im deutschsprachigen Web findet man für diesen Pilz fast ausnahmslos den Namen "Sarcodontia crocea".

    Zum Glück ist erst vor wenigen Monaten der passende Artikel von Nakasone et al. in Mycological Progress erschienen (Danke Christian!):

    Taxonomic studies of crust fungi with spines in Radulomyces, Sarcodontia, and the new genus Noblesia
    Bei den genetischen Untersuchungen ist u.a. rausgekommen, dass es nur noch drei Sarcodontia-Arten gibt: S. setosa für den europäischen gelben Stachelbart auf Apfel/Birne, S. amplissima für die entsprechende Art in Nordamerika, der Wachsgelbe Fadenstachelpilz ist von Mycoacia uda in Sarcodontia uda gewandelt worden. Und dann wird in einer neuen Gattung noch Noblesia crocea vorgeschlagen (identisch mit ehemals Phlebia hydnoidea bzw. Sistotrema croceum bzw. Sarcodontia croceum usw.). Wer es genauer wissen will, muss den Artikel lesen.


    2. Inkrustierte Zystiden bei Sarcodontia setosa?

    So erhellende die o.a. Veröffentlichung auch ist, so hat sie bei meinem Fund zu neuen Unklarheiten geführt: In der Mikro-Beschreibung dieser Art steht

    Zitat

    Taxonomic studies of crust fungi with spines in Radulomyces, Sarcodontia, and the new genus Noblesia
    (4) tramal cystidia absent; (5) hymenial cystidia absent.

    Ich habe massenhaft Zystiden gefunden, lageniforme und vor allem stark inkrustierte (siehe Fotos)! Alle anderen Merkmale passen bestens, vom Substrat angefangen über die Sporenform und -größe bishin zu den dickstwandigen Sklerozysten, Schnallen und Dunkelfärbung mit KOH.

    Kann mir jemand dazu etwas sagen?


    Viele Grüße – Rika


  • Hallo Frank,


    danke für Deinen Hinweis!

    Ich wüsste nicht, was diese inkrustierten Dinger sonst sein könnten.


    Bei Mycoacia sehe ich nur schmaler-ellipsoid Sporen – und M. uda, die wegen der gelben Färbung am ehesten in Frage kommt, ist ja jetzt ebenfalls Sarcodontia, hat aber auch einen Q-Wert von ± 2, die Sporen der anderen Mycoacia-Arten sind noch länger/schmaler.


    Die Sporen dieser Kollektion sind rund-ellipsiod (tropfenförmig) mit (4,6) 5,4 (6,7) x (3,6) 4,0 (4,7) µm; Q = (1,2) 1,35 (1,6)

    Wie oben schon geschrieben: der Rest der Merkmale passt ebenfalls perfekt zu Sarcodontia setosa, Substrat ist Apfelbaum.

    Anbei noch drei Fotos: Sporen 800x, KOH(10%)-Verfärbung nach rund 3 min. im Auflicht 20x, dieses markiertes Stück habe ich für die Mikros genommen.


    Christian hatte ich dazu auch schon befragt. Er meinte, dass alte Frk. vielleicht solche Zystiden ausbilden könnten?! Die ganze Fruktifikation ist knapp 20 cm lang in allen möglichen Reifegraden, siehe die ersten beiden Fotos im Eingangsbeitrag.

    Was gibt es noch für Ideen? Was könnte ich noch untersuchen (der ganze Ast liegt hinterm Haus)? Oder hat jemand anderes vielleicht auch schon solche inkrustierten "Dinger" bei S. setosa (ehem. crocea) gefunden?


    LG – Rika


  • Hallo Rika,


    die Sporen und deine anderen Angaben sprechen natürlich für Sarcodontia setosa. Dann sind es vielleicht keine echten Zystiden sondern Inkrustationen von Hyphen durch Umwelt- und Wettereinflüsse!?


    LG

    Frank

  • Hallo Frank,


    dann nehme ich das als so gegeben hin. Ich habe mit Polyporales ja wirklich nicht viel Erfahrung und wundere mich halt über solche "Unregelmäßigkeiten", die eine sichere Bestimmung ordentlich erschweren. Danke für die Info, dass "die" sowas können!


    In der Nakasone-Veröffentlichung werden von der nordamerikanischen Schwesterart S. amplissima ja Zystiden beschrieben, aber die sollen nur schleimige Überzüge/Köpfchen haben, keine Inkrustierungen. Außerdem sollen die Zäpfchen innen braun gefärbt sein, was auf meinen Fund ebenfalls nicht zutrifft.


    Würdest Du an meiner Stelle ein "cf." dazu schreiben?


    LG – Rika

  • Hallo Frank,


    das will ich gerne tun, Deine Adresse habe ich ja. Besten Dank für Dein Angebot – bin schon neugierig, was Du dann dazu sagst! Ich schnitze Dir ein schönes Stück ab... vermutlich ist der Frk. eh schon knochentrocken bei dem Wind und ohne Niederschlag in den letzten Tagen.

    Anbei noch ein screenshot vom Fundort (der graue Kreis) mit Koordinaten – MTB 7625-141, 540 mNN – 89079 Ulm-Eggingen – (ehem.) Streuobstwiese.


    LG – Rika


  • Hallo miteinander!


    Inzwischen hat sich Frank diesen Winterfund genauer angesehen – Zitat aus seiner Mail:

    Zitat
    ...

    Es ist eindeutig Sarcodontia setosa. Die stark inkrustierten Hyphen, die aber keine Zystiden sind, könnten verschiedene Ursachen haben. Im Winterhalbjahr werden vielleicht wetterbedingt diese Kristalle verstärkt gebildet? Der Fund ist an manchen Stellen noch sehr jung. Gut entwickelte Exemplare können ja Zähne bis 15 mm Länge ausbilden.

    ...

    Typisch für Sarcodontia setosa sind die rundlichen, dickwandigen Sporen, die dickwandigen Basalhyphen und das schwefelgelbe Subikulum, aus dem die Zähnchen heraus wachsen.

    Auch interessant finde ich seinen Hinweis, dass neben dem Hauptwirt Apfel auch noch andere Wirte, wie z.B. Buche(!), in Frage kommen. Das bedeutet also, dass man bei solchen schwefelgelben, stacheligen Überzügen auf alle Fälle die Sporen anschauen sollte, um zwischen Sarcodontia setosa und S. (ehem. Mycoacia) uda zu unterscheiden.

    Nochmals herzlichen Dank für Deine Mühe & Erklärungen, Frank!


    Viele Grüße – Rika

    Einmal editiert, zuletzt von UmUlmHerum () aus folgendem Grund: Ergänzung im Zitat

  • Hallo,

    ich las auch was vom Geruch, der auch sehr typisch sein soll. War da nichts - oder war das Material schon zu abgetrocknet?

    Der Wuchsort am Substrat ist wahrscheinlich auch ein Hinweis, Sarcodontia s.als Wundparasit ... in Vertiefungen, Spalten etc. - Sarcodontia uda an abgestorbenem Holz (auch wenn es noch anhängen sollte) eher exponiert auf der Oberfläche. S. uda (als Makroskopikerin suche ich ja immer nach so etwas ;) ) soll auch eine spektakuläre Reaktion mit KOH haben (ob das wirklich so farblich abweichend ist ... noch nicht probiert, da ich selbst erst einmal mutmaßliche S. uda hatte.)



    FG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo Andreas,


    so rum gesehen hast Du sicher Recht – aber wenn Du z.B. auf Buche solche schwefelgelben Zähnchen findest: das könnte dann eben entweder eine reife uda sein oder eine junge setosa sein – so hatte ich das gemeint. Ich hatte nämlich meinen bisher einzigen uda-Fund nicht mikroskopiert. Und gerade in den Holzspalten ist oft nur gelber Belag mit feinen Zähnchen drauf (kein Platz für große?!).


    Hallo Abeja, jetzt hat sich Dein Beitrag überschnitten, während ich hierdran schrieb:


    Hat mal jemand die Gerüche dieser beiden Arten verglichen? Von der uda weiß ich es nicht mehr. Aber zu setosa läßt sich da eine Menge sagen: Man hatte bei meinem aktuellen Fund an die 30 uralte Obstbäume (die meisten waren Apfelbäume, + Birne, Mirabelle, Kirsche, Walnuss + ein paar Weiden) umgemacht ;( – zur Erschließung eines Neubaugebiets. Das ganze zerbrochene Holz lagerte auf 2 riesigen Häufen, und die rochen dermaßen intensiv nach einer schwer zu beschreibenden Mischung aus Most, Obst und einem ätherischen Balsam. Nachdem ich aber nur diese eine Fruktifikation fand (gezielte Suche!), ist davon auszugehen, dass S. setosa sich in den meisten Bäumen bereits befunden hat ... und "man" bildet erst spät Frk., wenn das Substart zur Neige geht – z.B. ein dicker Ast abstirbt, wie bei meinem Fund.

    Ergänzung: das trockene Substrat von meinem Fund riecht nach nix.


    Die Farbreaktion mit KOH ist recht ähnlich – damit kommst Du nicht weiter, aber vielleicht doch mit dem Geruch? Wobei ich nicht weiß, ob setosa auf Nicht-Obstholz vielleicht ganz anders oder nicht riecht?? Hat da jemand Erfahrungswerte?


    Viele Grüße – Rika


    – Die Fotos sind beide von S. uda.

  • Hallo miteinander!


    Frank hat mich per Mail darauf hingewiesen, dass man diese beiden Art durch den Farbtest schon makroskopisch auseinander halten kann – da hat er recht. Sarcodontia uda macht violett, und S. setosa rot-braun – wie man ja auch meinen eigenen Bildern sehen kann :huh:. Um keine Ungenauigkeit durch meine Interpretation reinzubringen, hier die Original-Aussage:

    Zitat

    Mit der KOH-Reaktion ist S. uda und S. setosa sehr gut zu trennen, da das schwefelgelbe Subikulum von S. setosa sich in KOH nicht violett färbt

    Also, Abeja, Du kommst da auch als Makroskopikerin weiter! Immer dem Geruch nach...


    Viele Grüße – Rika

  • Hallo Rika,

    dadurch du Sarcodontia setosa, als deinen Erstfund mikroskopiert hast ist eine prima Diskusion zustande gekommen: kann ich Äpfel mit Birnen verwechseln. Ich habe zu meinem Glück noch einige Streuobstwiesen mit alten Apfelbäumen in der Umgebung. Daher finde ich S. setosa immer wieder. 2022 war es feuchter da habe ich mehrere Funde gemacht. Aber "nur" auf Malus als Rinden abhebender Pilz! Anders als Phlebia uda die immer oberflächlich zu finden ist auf mehreren Lh. Arten!

    Schöne Grüße

    Hans

  • Hallo Rika,


    den Test mit KOH sollte man nur mit 3-5 % KOH machen, dann bleibt Sarcodontia setosa unverändert. Das hätte ich noch bemerken sollen. Mit 20 % KOH bewirkt man bei vielen Arten eine untypische Farbveränderung.


    Liebe Grüße

    Frank

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