MORCHELLA ROTUNDA VAR. ESCULENTA mit unbekanntem Wirt/ Besuch?

  • Hallo ,

    habe eine graubraune Morchel gefunden und wollte sie unter dem Mikroskop definitiv bestimmen, ob es die Morchelle Rotuda Var. Esculenta ist. Unter dem Mikroskop gab es dann eine ganz interessante Überraschung, die ich nun mitteile und so gar nicht zuordnen kann. Sieht wie eine kleine "Pilzkolonie" im Pilz aus. Habe darauf hin mehrere Präparate gemacht, aber keine weiteren "Kolonien" mehr gefunden, es blieb bei diesem einzigen Präparat. Nehme an es war auf der Oberfläche des Pilzes und ist mit in das Präparat gekommen. Die Oberfläche des Pilzes gab keinen Hinweis auf einen Belag wie das Bild auch zeigt. Unter dem Stereomikroskop gab es für mich auch keinen weiteren Hinweis , außer ein paar mobile Proteine und Eier. Ob es sich dennoch um irgendeine Flechten- oder Moos Art handeln könnte, keine Ahnung!!

    Es wär Prima , wenn mir jemand in der Gruppe weiterhelfen kann um was es sich hier genau handelt.


    Viele Grüße

    Walter


  • Hallo in die Runde,

    in einem älteren "Tintling" war über dieses Phänomen berichtet worden, ist aber völlig von meinem Schirm verschwunden, weil's wahrscheinlich keine pilzliche Angelegenheit ist. Da werden sich schon noch Kundige melden, vielleicht auch Frau Montag.

    P. P.

  • Hallo,

    das ist ja höchst interessant, Mini-Pilzchen auf/in Pilzen.

    Gesucht hatte ich bei Pollen (ohne Ergebnis, die sind immer rundlich, eckig, mehreckig und deutlich größer), Bakterien und Viren sehen auch anders aus. Teilweise wirkt die Struktur sogar künstlich ... aber auch Nanopartikel sehen anders aus (warum sollten sie pilzförmig aussehen ... ähm ... tatsächlich gibt es so etwas: Versuche mit einer pilzförmigen Nanostruktur als trockene adhäsive Folie).


    Aber nun der Hinweis auf den Tintling - was findet man dazu online:

    Mikropilze

    Zitat

    Im Tintling 3/99 S.26-27 wurden die Teile wohl mal als Tast-und Geruchspapillen von Nematoden identifiziert.

    Aber das wird im Mikroskopie-Forum angezweifelt, bzw. nach Literaturstellen gefragt.

    Suche ich nun auf gut Glück nach "Nematodes papillae" (oder so ähnlich), dann bekomme ich Mikroaufnahmen von Nematoden gezeigt, aber ohne solche Strukturen.


    Das im obigen Forum verlinkte Bild von einem Forumsbeitrag bei Ascofrance sieht aber richtig passend aus. Dort wird das bei einer Peziza succosa als Anamorphe (der Peziza) bezeichnet.

    Es sieht so aus, als würden diese "Minipilze" unter einem "Schleier" entstehen und dann abgestoßen.

    http://cemachampi.blogs.sudouest.fr/media/01/00/1366492489.jpg


    Hier bei der Anfrage sieht man auf einem Bild (dem letzten Mikrobild, links oben) auch die "Pilzchen" ganz klein und noch mit der Oberfläche "verwachsen" bzw. "angeheftet"


    FG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Der Artikel aus dem Tintling 3/99 erscheint mir recht schlüssig. Die Diskussion in diesem Mikroforum, auch mit diesem Link, erbrachte keine weiteren Erkenntnisse und dass es sich um die Anamorphe einer Peziza handeln könnte wäre vielleicht möglich gewesen, wenn nicht auf bzw. an verschiedenen Ascomyceten dieses Phänomen beobachtet worden wäre. Vielleicht kann man den Autor des Tintling- Artikels kontaktieren, er weiss wohl hier besser Bescheid.

    VG P. P.

  • Hallo abeja und Peter,

    schönen Dank für die schnelle Rückmeldung und der ausführlichen Erläuterung, hat mich sehr gefreut. Das Bild sieht mir auch sehr passend aus und denke das kommt hin. Den genannten Artikel konnte ich im Internet allerdings noch nicht nachvollziehen, die Quellenfunde waren/sind inhaltlich nicht hinterlegt. Werde es weiter versuchen, auch den gefundenen Hinweisen auf ähnliche Ausbildungen bei Moostierchen (https://krebsmicro.com/webgal8/gal8_25.html).

    Hab noch ein paar Bildchen beigefügt an denen die "Anheftungen" deutlicher zu sehen sind,

    herzlichen Dank, es war eine Bereicherung für mich


    LG Walter


  • Hallo und guten Tag,


    auch ich haben diese pilzartigen Elemente, in/auf Ascomyceten dokumentieren können. Im September 2009 in/auf Peziza michelii und im Juni 2010 auf/in einem rotbraunen kurz gestielten unreifen Ascomyceten.

    Leider konnte ich nichts über diese „Pilze im Pilz“ herausfinden.


    Eine gute Zeit und bleibt gesund

    Gelbfieber & Co

  • Hallo an die Gruppe,

    wir sind einen Schritt weiter. Mit meiner ersten Anfrage hatte ich schon den Verdacht es würde sich um eine Einschleppung in das Präparat handeln und nicht wirklich ein Pilz im Pilz, was sich jetzt wohl bestätigt. Rückmeldungen von Euch gaben den Hinweis auf den Becherling (Peziza) als gemeinsamer Nenner. Tatsächlich hatte ich vor dem Mikroskopieren der Morchel einen Becherling untersucht (Peziza Arvernensis). Dabei hatte ich die Oberfläche fotografiert und intuitiv auch Auffälliges was nicht mit Pilzen zu tuen hatte, aber nicht weiter beachtet. Hab mir die Bilder nochmal angeschaut und wurde fündig. Die Bilder der Pilzchen im Pilz sind tatsächlich dem Becherling zuzuordnen. Es muss beim Transport oder beim Präparieren zu einer Kreuzkontamination gekommen sein, ist mir eine Lehre.


    Aus meiner Sicht sind die Pilzchen im Pilz Bestandteile von der Ei-Hülle eines Insektes :S :)


    Jetzt wäre es natürlich super noch das Insekt identifizieren zu können, welches sich wohl im Umfeld der bisher genannten Becherlinge besonders wohl fühlt, insbesondere für deren Nachwuchs


    Fortsetzung folgt?!


    LG Walter

  • Hallo und guten Tag,


    da diese pilzartigen Gebilde und deren Wirt bislang nicht bestimmt wurden, werde ich den Versuch einer Bestimmung nochmal „aufwärmen“ und einen neuerlichen Fund dieser Gebilde auf Peziza arvernensis zeigen.

    Die pilzartigen Gebilde messen 6 - 8,5 x 10 - 14,5µm, deren ovaler hyaliner Wirt etwa 380 x 160µm. Habe den Eindruck das die Gebilde an „Hautfalten“ oder Strängen wachsen oder diese „Hautfalten“ oder Stränge bilden.

    Leider habe ich von diesem rel. großen und kaum zu übersehenden Gebilde in etlichen Präparaten nur eines gefunden.


    Eine gute Zeit

    Gelbfieber & Co




  • Hallo zusammen,


    der Thread ist sehr interessant.

    Ich kenne diese Gebilde auch und konnte sie erstmals 2016 entdecken.

    Bisher laufen die Gebilde bei mir unter den Arbeitsnamen "Bryozoa", was wahrscheinlich nicht passt.

    Hier ist meine Sammlung dazu:

    2016 an Haplotrichum aureum



    2018 Peziza subisabellina



    2021 Radulomyces confluens



    Ich hoffe man kann dieses Rätsel bald lösen.


    VG : Thorben

  • Hallo,

    zur Auflösung kann ich leider nichts beitragen, aber die neuen Beiträge finde ich sehr interessant.

    Man sieht bei den Bildern von Thorben (wo der Fundort dieser Struktur auf unterschiedlichen Pilzarten war) unterschiedliche "Anhängsel"".


    Die Strukturen, die auf den Peziza-Arten gefunden wurden sehen alle gleich aus, die Anhängsel mit gerundetem "Kopf".

    Bei dem Fund von Haplotrichum aureum, da sind diese "Minipilzchen" ganz anders geformt, wie ein weit aufgeschirmter Pilz.

    Bei dem Präparat, was von Radulomyces confluens stammt, sind es nur zylindrische Strukturen ohne Verdickung.

    Ich halte diese Anhängsel irgendwie für "Haftverstärker".


    Oben wurde ja schon mal die Vermutung "Insektenei" geäußert.

    Ich hatte jetzt noch mal nachgeschaut, wie die Eier von Nematoden ausschauen (... anders, vor allem kleiner).


    Bei "Insekt und Pilz" - und dann noch irgendwie typisch, denn die "Dinger" an Peziza sehen immer gleich aus - da denke ich an die unendlich große Zahl von Pilzmücken-Arten.

    Abbildungen von Eiern oder Größenangaben dazu sind allerdings extrem schwierig zu finden ...

    Das Beste, was ich gefunden habe, sind Abbildungen von fossilen Pilzmücken mit Eiern in Bernstein festgehalten. Die ovale Eiform könnte passen, es scheint auch irgendwelche Strukturen (in dem Fall Längsrillen) zu geben - aber die Größe ist fraglich, keine Angaben dazu.

    Für Pilzmücken wird oft eine Angabe von ca. 4 mm für die Körpergröße gemacht (ob alle?), dann wären die Eier ca. 0,25 mm (ganz grob)


    (Bilder kann man vergrößern)


    Wir bräuchten hier Fachleute aus dem Bereich (Entomologen, "Pilzmückenforscher"), hat niemand Kontakte?

    Hier in dem Thema hatte das Senckenberg-Institut in Dresden weiter geholfen.

    RE: Befall auf Lactarius


    VG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo abeja,


    es könnte sein, dass wir jetzt um einiges schlauer sind.

    Der Hinweis mit der Mücke ist gold wert, denn ich fand vorhin mit dem Handy folgendes Bild.

    https://www.nikonsmallworld.com/galleries/2010-photomicrography-competition/acnemia-varipennis-fungus-gnat-eggs-in-natural-condition

    Ich werde mal weiter googeln.

    Hier in dem Thema hatte das Senckenberg-Institut in Dresden weiter geholfen.

    Vielleicht können sie auch diesmal helfen.


    VG : Thorben

  • Hallo zusammen,


    ich habe Herr Dr. Menzel vom Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut für Diptera Forschung angeschrieben.

    Dieser konnte nicht weiterhelfen, hat aber seinen Kollegen gebeten die Kollegen in AK Diptera darauf aufmerksam zu machen.

    Ich bin gespannt, ob jemand uns weiterhelfen kann.

    SDEI Sektion Diptera: Forschung | Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
    Die Sektion Diptera am SDEI Müncheberg forscht zur großen Insektengruppe der Diptera (Zweiflügler), speziel Sciaridae, Mycetophilidae und Cecidomyiidae.
    www.senckenberg.de


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben,

    auf jeden Fall sieht man, was für tolle Strukturen auf Diptera-Eiern vorkommen.

    Wobei ich Pilzmücken von der Lokalisation irgendwie für wahrscheinlicher als Schwebfliegen halten würde. Wobei ich jetzt gar nicht weiß, wohin die ihre Eier legen.

    Nachgelesen: "legen die Eier in die Nähe der Futterquellen der Larve".

    Nachgelesen: Futterquellen der Larve gehen von ... bis ...

    Zitat

    Ganz anders die Schwebfliegenlarven, hier reicht das Spektrum von Pflanzen- und Abfallfressern bis hin zu Räubern und Parasiten. Die Larven einiger Arten leben in Holzmulm, minieren in Blättern oder fressen sich wie die der Narzissen-Schwebfliege in Blumenzwiebeln satt. Andere nisten sich in Hummel- oder auch Ameisenbauten ein. .... Eier in Kothaufen ... in stark verschmutzten Pfützen und Jauchegruben zuhause ...gezielt unmittelbar an Blattlauskolonien, so dass die madenartigen Larven einen reich gedeckten Tisch vorfinden.

    aus https://www.nabu.de/tiere-und-…en-und-muecken/08292.html


    Wenn davon Eier oder Eihüllreste immer wieder an bestimmten Pilzen zu finden wären, dann würde da der Zufall eine sehr große Rolle spielen, denke ich.


    VG abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo Zusammen,

    da sind ja mittlerweile schöne und interessante Rückmeldungen und tollen Bildern gekommen.

    Zum jetzigen Wochenende habe ich zu meinen Bildern Rückmeldung von der UNI Gießen, Herrn Prof. Dr. Martin Rühl erhalten.

    Dabei wird eine Zuordnung (nicht in letzter Konsequenz) zu den Buckelfliegen (Phoridae) für wahrscheinlich erachtet. Beispielhaft genannt Megaselia scalaris oder Megaselia halterata oder ähnliche.


    In dieser Familie gibt es Arten, welche vermehrt auch oder insbesondere auf Kulturspeisepilzen auftreten. Hierzu wird auf eine Recherche von M.J. Navarro verwiesen. In der Zusammenfassung der Recherche wird auszugsweise dargestellt, dass hier schwerpunktmäßig Megaselia halterata sich von einem unbedeutenden Schädling zu einem Hauptschädling von Pilzkulturen in Indien, UK, und USA entwickelt hat, bei denen Verluste von 10 bis 40% gemeldet wurden. Link allerdings in Englisch: Mushroom Phorid Flies—A Review (irta.cat)


    Systematische Zuordnung : Insecta > Diptera (Zweiflügler) > Brachycera (Fliegen) > Platypezoidea (Tummelfliegen) > Phoridae (Buckelfliegen)


    Diptera wurde ja schon von Thorben in einem früheren Beitrag genannt


    Beigefügte Schemazeichnung von der UNI zeigt das Ei der Megaselia scalaris im frühreifen Erwachsenenalter, sieht dem letzten Foto von Thorben (3. Juli) doch sehr ähnlich:



    Pezizia sind wohl nach jetziger Erkenntnis nicht nur die alleinige bevorzugte Stelle für Eiablage


    Noch ein Dateianhang zum Pilzphoridenbefall:

    Pilzphoriden-Fliegenbefall in Pilzfarmen und umliegenden Stadtteilen.pdf


    LG Walter

  • Hallo abeja,


    das mit der Schwebfliege war nur eine Vermutung, weil man muss sich an jedem Strohhalm klammern, um überhaupt bei diesem Rätsel weiter zu kommen.

    Ich glaube auch, dass Schwebfliegen raus sind, nur wer kennt sich damit aus ?

    Auf jeden Fall denke ich, dass wir das Rätsel lösen werden.


    VG : Thorben

  • Hallo Walter,

    Zum jetzigen Wochenende habe ich zu meinen Bildern Rückmeldung von der UNI Gießen, Herrn Prof. Dr. Martin Rühl erhalten.

    Dabei wird eine Zuordnung (nicht in letzter Konsequenz) zu den Buckelfliegen (Phoridae) für wahrscheinlich erachtet. Beispielhaft genannt Megaselia scalaris oder Megaselia halterata oder ähnliche.

    Das ist interessant und wenn die Eier M. scalaris auch diese Pilz-Gebilde bilden, dann würde das passen.

    Ich glaube wir sind mit Diptera auf den richtigen Weg.


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben,

    Denke schon daß wir auf dem richtigen Weg sind und durch die eingereichten Beiträge die Thematik schon deutlich eingegrenzt werden kann. Dein Bild passt gut zu der Schemazeichnung, für mich zutreffend. Interessant wäre, ob unterschiedliches Aussehen dieser Eihüllen immer bestimmten Unterarten der Diptera zuzuordnen wäre, bzw. bestimmte Arten der Diptera nur bestimmte Pilze besiedeln. In Spanien untersuchen Wissenschaftler den Pilzbefall an Kulturspeisepilzen durch die Phoridae, vielleicht bekomme ich hier konkreten Hinweis welcher Art der Eihülle meinen Bildern zuzuordnen sind. Ist halt wirklich alles sehr mühselig, aber sehr spannend. Erfrischend von abeja sogar in Bernstein eingegossene Eier (hier Mycetophilidae) mit einzubeziehen, Toll. In der Vergrößerung sieht man tatsächlich auch sehr deutlich die "Noppen" auf den Eiern.

    Bin neugierig welche Erkenntnisse noch kommen werden.


    VG an alle

    Walter

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