Kleiner Stielporling, mir unbekannt und unbenannt ... Picipes (Polyporus) melanopus

  • Hallo allerseits,


    eine Neuentdeckung habe ich noch, die mir etwas "Probleme" macht.


    Daten und Fakten:

    gefunden am 29.08. auf ca. 520 m Höhe

    thermophiler Laubmischwald auf Kalk (Hochrhein, Dinkelberg) überwiegend Buchen, dort aber auch ein paar Fichten auf der anderen Wegseite

    scheinbar auf dem Boden, sehr leicht entnehmbar, doch vermutlich mit Kontakt zu vergrab. Holz


    Stielporling, Einzelexemplar, 3 cm Hutdurchmesser, ca. 3 cm Höhe insgesamt

    Hut trichterförmig, Rand dünn, eingebogen

    Hutoberfläche grau-braun, nicht glatt, sondern samtig-feinschuppig

    Poren weiß, extrem fein, mit bloßem Auge nicht sichtbar, kaum fotografierbar, ca. 6-8 pro mm,

    (vergleichbar P. badius und viel feiner als P. varius, beide Arten am gleichen Tag auch gesehen)

    Poren zumindest einseitig sichtbar herablaufend am Stiel bis zur braunen Färbung, an einer Stelle etwas grober erscheinend

    Röhren sehr dünn, Fleisch weiß, dünn, kein Geruch feststellbar

    Stiel unten ungleichmäßig dunkler braun gefärbt (nicht schwarz)


    Ich denke, Polyporus/ Picipes badius und varius kann man ausschließen,

    Picipes tubaeformis und melanopus habe ich noch nie gefunden, diese Ideen hatte ich vor Ort, hatte aber die Merkmale nicht im Kopf.

    Aber P. tubaeformis soll auf Holz wachsen und hat eine andere Oberfläche - stimmen würde allerdings die Form und die Porendichte.

    P. melanopus, da würde die Oberfläche (vielleicht) passen und der Wuchs auf dem Boden, aber der erscheint mir doch (meist) anders von der Form und Größe her, er soll auch (eher) keinen trichterförmigen Hut haben und grobere Poren.

    Aber ich finde die Art optisch immer noch am nächsten dran, vielleicht ein kleines "mickriges" Exemplar von Picipes melanopus ? (... aber die Porendichte!)


    Dann stieß ich im Web darauf, dass ein asiatischer Stielporling im Baltikum gefunden wurde, Polyporus ulleungus. Die Bilder von P. ulleungus finde ich auch ziemlich ähnlich, er soll aber auch grobporiger sein und zudem direkt auf Holz wachsen.


    Wie würdet ihr diesen kleinen Stielporling nennen?

    Ich finde die Merkmale sehr widersprüchlich ... ein riesengroßes :?:


    VG abeja


    Nun noch die Bilder:

    das erste Bild entstand unter dem Laubdach und ist nicht ganz farbecht, die späteren Fotos machte ich unter Himmelslicht bzw. am nächsten Tag in der Wohnung.




       


       

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo,


    den P. melanopus kenne ich eigentlich mit Hutoberfläche geschlossen filzig und nicht schuppig. Ferner hatten alle Aufsammlungen die ich kenne einen deutlich wurzelnden, oft verbogenen Stiel.

    P. tubaeformis hat wie badius eine glatte, glänzende Hutoberfläche und fällt raus.

    Was spricht gegen den Löwengelben Stielporling - nur die engen Poren? Bin nicht so sicher, ob man den wirklich sicher ausschließen kann. Aber P. melanopus würde ich auch nicht sicher ausschließen.

    Ich habe keine Literatur zur Hand, aber wenn ich mich recht erinnere hat P. varius amyloide Stielhyphen. Das müsste man ja mikroskopisch (auch makroskopisch?) testen können.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,

    jetzt bin ich später dran als ich eigentlich wollte (.... heute im Wald gewesen, in starkes Gewitter gekommen, richtig nass geworden - auch ein paar essbare Pilze gefunden ... usw. usw. usw. ... und dann wollte ich noch einmal Literaturstellen suchen.)

    Danke für die Hinweise, Erfahrungswerte und auch die Anmerkung zur möglicherweise unterschiedlichen amyloiden Rk.


    Wenn ich mit meinen eigenen Aufnahmen und letzten Funden von P. varius vergleiche, dann sehe ich da keine Ähnlichkeit.

    Diese waren gelblich auf der Oberfläche, fast glatt, eher radialfaserig, kein bisschen vertieft, wuchsen auf Stöckchen und vor allem: die Poren waren sehr deutlich sichtbar. Ich stelle noch zwei Fotos von "Winzlingen" ein, leider habe ich keinen exakten Maßstab (nur meinen Daumennagel).

    Der kleine Pilz war unter 1 cm Hutdurchmesser, der größere Pilz hatte knapp 2 cm Hutdurchmesser.

    Die Poren sind da (auch bei ganz jungen Pilzen) schön gleichmäßig von oben bis unten und ca. 4 pro mm.

    (Man könnte ja auch die Theorie haben, dass bei jg. FK die Poren noch feiner sind und sich später strecken. Bei P. varius ist das zumindest nicht so, bzw. nicht sehr deutlich.)


    Aktuelle Bilder von kleinen FK von P. varius

      



    Eben habe ich mein Pilzchen aufgerissen und mit Melzers Reagenz im Stielfleisch und auf der Stielaußenseite (im braunen Bereich und im Übergang zu den Poren) auf Amyloidität getestet).

    Die Reaktion ist m. M. nach negativ.

    Außen zeigt sich exakt die Farbe, die Melzers R. selbst hat (dieses rötliche Braun), wobei der Rotanteil verblasst und nur Braun übrig bleibt.

    Innen zeigt sich eher ein Braun-Grau (!, aber nicht violett oder bläulich), das Braun wird schwächer, innerhalb von einer Minute ist die Stelle blass grau, nach einer Stunde gar nicht mehr zu sehen.


    Melzers Reagenz auf Außenseite (unten und mittig), auf Stieltrama innen (frisch), auf Stieltrama (nach gut 1 Minute)

       


    Nun habe ich nachgeschaut, ob ich überhaupt eine Literaturstelle zur Amyloidität dieser Arten finde. Im "Dörfelt" steht dazu nichts, aber bei der I-net-Suche kam mit einer anderen Polyporus-Art ein Ergebnis aus den Westfälischen Pilzbriefen.

    Konkret zu P. melanopus in den Westf. Pilzbriefen gesucht, finde ich ein sehr schönes Dokument mit Vergleich P. melanopus u. P. badius

    https://wwwuser.gwdg.de/~rjahn/Pilzbriefe/PB_Bd_9_11.pdf

    Zitat

    Von der dritten Art in dieser Gruppe (kurzsporige Arten der Sekt . Melanopus), P . varius (Pers .) ex Fr . mit
    tiefschwarzer Stielbasis, sind P . melanopus und P . badius auch durch die fehlende Amyloidität der Basis der Stielhaare deutlich geschieden (P o u z a r 1972)


    In dem Dokument wird P. melanopus ausführlichst beschrieben.

    Zitat

    P . melanopus : Der junge Pilz ist matt, mit einem feinen bräunlichen Haarfilz bekleidet oder auch durch Haarbüschel feinschuppig . Beim älteren Pilz verschwindet in den meisten Fällen der Haarfilz allmählich, und in vielen Fällen tritt eine Verfestigung ein, die nach dem Trocknen zu einer hornartig verhärteten, krustigen Oberfläche von zunächst rotbrauner, schließlich oft dunkelroter Farbe führt.

    Zitat

    Porengröße
    Als Mittel fand ich bei P. melanopus 5—7 Poren auf der Strecke von 1 Millimeter, bei jungen Exemplaren auch 8—9 per mm . Bei P. badius waren die Poren im Mittel ein wenig kleiner, 7—9 per mm, vereinzelt sogar bis 10 per mm. Es fällt auf, dass ältere Fruchtkörper beider Arten, besonders von melanopus, häufig weitere Poren haben als jüngere, was wohl mit einer Streckung des Hutes zusammenhängt. Im Ganzen gesehen überschneiden sich die Porengrößen. Der Unterschied ist höchstens statistisch einigermaßen deutlich, aber kaum brauchbar für die Determination von Einzelfunden.

    Die Porengröße für P. melanopus ist hier deutlich feiner angegeben als in anderen Literaturstellen! Fast identisch mit P. badius, zumindest bei jungen Ex.!!!

    Ich sehe bei meinem kleinen, jungen Exemplar, dass unten die Poren deutlich grober sind, fast doppelt so groß sind - dort statt ca. 8 pro mm, eher 4 (das wiederum entspricht eher den sonstigen Literaturangaben). Interessant auch der Hinweis: bei älteren FK grober werdend.

    Zitat

    Gestalt des Stieles
    Merkwürdigerweise wird eine Besonderheit des Stiels von P. melanopus in den großen Monographien (Pilät, Overholts, Bondartsev, Bourdot& G a 1 z i n, D o m a iz s k i et al .) nicht erwähnt (Abb . 3) : Er ist häufig
    an der Basis gekrümmt, wurzelartig-spindelig verlängert, kann unten fast sklerotioide Anhängsel oder seitliche Ausläufer tragen (c, g), zeigt oft einen bis mehrere unentwickelte Seitenstiele (d, e, g) und kann gabelig verzweigt sein und mehrere Hüte tragen (b, c, e, f) . Eine wurzelnde Stielbasis wird natürlich vor allem dann ausgebildet, wenn der Pilz auf tiefer vergrabenem Holz oder Wurzeln wächst, der Stiel also weitgehend im Boden steckt. Wächst der Pilz dagegen direkt auf Holz am Erdboden (z . B . auf Ästchen) oder höher , so ist er „normal” gestaltet mit ± stumpf endender Basis (a)

    Ich finde schon, dass der Stiel bei meinem Fund leicht gekrümmt ist und eine winzige seitliche Verzweigung (wie ein Wurzelfaserchen) war da auch. Allerdings erscheint das Ende insgesamt doch eher rundlich, weil der Pilz nicht tief im Erdboden steckte.

    Zitat

    Behaarung und Färbung des Stieles
    Beim Vergleich vieler nebeneinandergelegter Exemplare beider Arten fällt auf, dass der Stiel von P . melanopus meist überall schön tiefbraun gefärbt und unter der starken Lupe bis fast zum Porenansatz hinauf gleichmäßig und dicht mit deutlichen braunen Haaren bekleidet ist . Die Stiele von P . badius wirken dagegen oft mehr mattschwarz oder schwarzbraun, graubraun (aber nie rein schwarz wie bei P. varius) oder besonders bei jungen Stücken auch bräunlich-rußgrau oder nur olivgrau. Die Behaarung erscheint besonders oben feiner und kürzer . Dies Merkmal ist aber nicht immer deutlich und für Bestimmungszwecke wenig brauchbar.

    Diese hübsche braune Farbe am Stiel (nicht extrem dunkel) war mir auch aufgefallen.


    Dann noch zu der (ungewöhnlichen ?) trichterartigen Form:

    meist steht da zu P. melanopus "nicht trichterförmig", im "Dörfelt" an einer Stelle "Hüte meist nahezu rund, oberseits abgeflacht oder über dem Stiel etwas genabelt, selten trichterförmig" , an anderer Stelle (im Vergleich zu anderen Arten) "nie trichterförmig".


    Bei "Pilzflora Ehingen" sind viele rel. kleine Exemplare abgebildet. Darunter auch jg. trichterförmige Exemplare mit leicht schuppiger Huthaut. http://www.pilzflora-ehingen.d…ra/arthtml/pmelanopus.php

    Dort ähneln die kleinsten Exemplare meinem Fund sehr stark von der Form und Oberfläche. Auch die Seitenansicht finde ich passend.

    Zitat

    Hut 20-60 mm breit, in Draufsicht kreisrund - oval, auch unregelmäßig (kleinere Exemplare), trichterig mit etwas herabgebogenem Rand, teilweise vom Rand her eingerissen, Oberfläche feinfilzig, matt, kittfarben - schmutzigweiß, in der Mitte schmutzig bräunlich, kleine braune Schüppchen sichtbar (Lupe 20x), die zur Mitte hin zunehmen.


    Alles zusammengefasst, vor allem mit dem negativ ausgefallenen Test auf Amyloidität und den sehr unterschiedlichen Angaben zur Porengröße (die nun auch passt), bin ich inzwischen sehr stark geneigt, den Pilz Picipes melanopus zu nennen.


    VG

    abeja

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  • Hallo Rika,

    das ist ja ein "Brummer", danke für die Vergleichsbilder! :)

    Einen unerklärlichen Widerspruch zu meinem "Zwerg" sehe ich nicht. Vor allem die Hutoberfläche (grau, leicht filzig haarig, in der Mitte etwas schuppig) ist trotz der Größe noch identisch, das soll ja verkahlen und rötlicher/glatter (aber nicht glänzend, sondern matt bleibend) mit zunehmendem Alter werden.

    Ebenso stimmt der dünne "elegant" umgebogene Hutrand und die feinen Poren (ich komme mit deinem Bild auf ca. 7 pro mm), und der Übergang zum braunen Stielteil, sowie die Farbe des braunen Stielteils.

    Der "monströs" verlängerte Stiel mit seitlichen Auswüchsen liegt wohl daran, dass das Holz so tief vergraben war. (Ich hatte übrigens schon mal einen kleinen Löwengelben P., der auch so einen langen Stiel hatte, weil er auf einem verborgenen Ästchen wuchs. Beim Löwengelben soll auch oft zwischen der dunklen (meist schwarzen) Stielfärbung und den Poren ein steriler Abschnitt sein, das sieht man bei meinem zweiten P. varius-Bild oben, während bei P. melanopus die Porenschicht direkt an die farblich dunkleren Zone anschließt.


    VG

    abeja

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  • abeja

    Hat den Titel des Themas von „Kleiner Stielporling, mir unbekannt und unbenannt ...“ zu „Kleiner Stielporling, mir unbekannt und unbenannt ... Picipes (Polyporus) melanopus“ geändert.

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