Entoloma cf. ursulae

  • Hallo zusammen


    Zuerst stelle ich mich ganz kurz vor. Ich lese hier schon länger mit, war aber sonst vor allem im pilzforum.eu aktiv, einige von euch kennen mich sicher von dort.

    Mein Name ist Raphael, ich wohne im Süden der Schweiz (Kanton Wallis). Ich beschäftige mich hauptsächlich mit Lamellenpilzen, am liebsten mit schwierigen Gattungen, unter anderem auch mit Rötlingen.


    Nachdem ich nun das lang ersehnte Entoloma-Buch (FE 5b) bekommen habe, versuche ich damit einige unsichere und unbestimmte Kollektionen nachzubestimmen.

    Dabei bin ich immer froh um andere Meinungen, die Gattung ist und bleibt schwierig. Ich denke mit diesen Anfragen bin ich hier noch besser aufgehoben als im eu-Forum.


    Hier die erste Kollektion, die hatte ich letztes Jahr auch im eu-Forum gezeigt, aber ohne Ergebnis.

    Die Kollektion habe ich im Rahmen eines Kartierungsprojekt gemacht, der Beleg wurde sequenziert. Die ähnlichste Art ist Entoloma meridionale mit 94.6% Übereinstimmung.


    Habitat: Recht trockener Kiefern-/Fichtenwald auf ca. 950m, Kalkboden.

    Gefunden am 16.07.2021.

    Geruch: mehlig.

    Hutdurchmesser bis ca. 15 mm.


    Mit dieser auffallenden Farbkombination dachte ich nicht, dass die Bestimmung so schwierig sein könnte.



    Der Stiel ist nahezu poliert und oft flachgedrückt. Der Hut ist leicht gerieft.


    Die Lamellenschneiden sind stelleweise etwas dunkler.


    Sporen um 10.5-12.5 x 6.5-8.0 µm, Q=1.45-1.65, mit 5-6 leicht abgerundeten Ecken


    Cheilozystiden keulig, ziemlich zahlreich.


    HDS zumindest im Zentrum trichodermal, intrazellulär pigmentiert (hier in 3% KOH).


    Schnallen konnte ich trotz mehrfacher, gründlicher Suche nicht finden. Die Basidien sind 4-sporig.


    Mit dem neuen Schlüssel in FE 5b komme ich nun auf Entoloma ursulae.

    Zu der Art gibt es nur wenige Beschreibungen. Die Original-Beschreibung in der ÖZP 1995, die bei Ludwig und in FE 5b stimmen recht gut. Nur die Sporen sind bei meiner Kollektion etwas grösser, was ich aber noch im Toleranz-Bereich sehen würde.


    Was meint ihr dazu?


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Hallo Raphael,


    ich denke nicht, dass es E. ursulae ist. Entoloma ursulae müsste eine Lamellenschneide vom rhynchocystidiatum-type haben und einen deutlich durchscheinend gerieften Hut.

    Die gezeigte Lamellenschneide ist kein rhynchostidiatum-type, vmtl. eher poliopus-type, wobei ich mich anhand dem Bild nicht festlegen will. Auch das genannte Sequenzierungsergebnis deutet auf eine Art der sect. Poliopodes hin.


    Beste Grüße

    Kai

  • ich denke nicht, dass es E. ursulae ist. Entoloma ursulae müsste eine Lamellenschneide vom rhynchocystidiatum-type haben und einen deutlich durchscheinend gerieften Hut.

    Die gezeigte Lamellenschneide ist kein rhynchostidiatum-type, vmtl. eher poliopus-type, wobei ich mich anhand dem Bild nicht festlegen will. Auch das genannte Sequenzierungsergebnis deutet auf eine Art der sect. Poliopodes hin.

    Hallo Kai


    Vielen Dank, ja du hast recht, ich habe der Lamellenschneide zu wenig Beachtung geschenkt. E. ursulae kann das nicht sein. Nur was sonst... mit dem neuen Schlüssel komme ich am ehesten wieder zu E. meridionale, die es aber offensichtlich nicht ist.


    täusche ich mich oder ist da eine Schnalle, an der Basidiole im Hintergrund?

    Hallo Wolfgang


    Hm das ist nun schwer zu sagen. Ausschliessen kann ich es nicht, diese Basidiole sieht wirklich schnallenverdächtig aus aber ist halt zu unscharf.

    Andererseits ist die Frage nach den Schnallen im neuen Schlüssel nicht mehr so wichtig. Aber weil man nie den absoluten Beweis fehlender Schnallen erbringen kann, habe ich es auch in Betracht gezogen dass ich sie übersehen habe. Dann lande ich auch nur in Sackgassen bzw. komme zum gleichen Ergebnis. Wobei ich inzwischen recht geübt bin, normalerweise finde ich die Schnallen an den Basidiolen in wenigen Minuten.


    Naja nicht verzagen, man sollte ja nicht immer nur blindlings schlüsseln, ich werde nochmal die Beschreibungen aus der poliopus-Gruppe gründlich studieren.


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Hallo Raphael und Wolfgang,

    ich würde das nicht als sichere Schnalle werten und bin mir auch sicher dass es da keine gibt.

    Das Statement dass Schnallen nicht mehr so wichtig sind kann ich nicht nachvollziehen. Das Gegenteil ist der Fall, keine Art in der Untergattung Cyanula hat Schnallen und das steht auch so im Schlüssel als erstes, Key 1:11.

    Entoloma meridionale ist eine Art ausgesprochen mediterraner Habitate (Cistus, Pistacia lentiscus, Pinus pinaster, etc.), die kann es ohnehin nicht sein. Was spricht gegen E. poliopus?


    Beste Grüße
    Kai

  • Hallo Kai


    Hm, interessant. E. poliopus soll ja enorm variabel sein. Ich habe mal im Schlüssel geschaut wieso ich daran vorbei geschlüsselt habe.

    E. poliopus taucht zweimal auf:


    Schlüssel 4.2 Frage 6*: Pileus bright blue, ultramarine, or indigo.

    Das passte gar nicht, darum kam ich gar nicht erst zu Frage 7.


    Schlüssel 4.3 hatte ich aufgrund der Hutfarbe bereits nur mit einem Fragenzeichen probiert.

    Da kam dann die Frage 10: Pileus deeply translucently striate. Das ist hier nicht der Fall.
    Der Hut ist nur undeutlich gerieft, sicher nicht durchscheinend.

    Bei 10* landet man dann via 19/20 bei E. montanum, was natürlich nicht stimmen kann.


    Wenn man dann aber die Beschreibung von E. poliopus studiert, kommt man doch ins Grübeln. Sowohl Farben, als auch Riefung sind sehr variabel.


    Aber wir haben ja noch die Sequenzierung. Da taucht E. poliopus im Blast gar nicht auf. Von der WSL, wo die Sequenzierung durchgeführt wurde, wurde mir E. poliopus mit 83% Übereinstimmung angegeben, aus welcher Datenbank das stammt weiss ich nicht.

    Ich kann dir gerne die Sequenz schicken, vielleicht findest du mehr raus damit. Ich habe leider zu wenig Ahnung davon.


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Hallo Raphael,


    im Schlüssel werden hauptsächlich die typischen Formen geschlüsselt, sehr untypische Formen sind ohnehin meist nicht bestimmbar. Es bleibt selbstverständlich nach wie vor wichtig, die Beschreibungen genau zu lesen, außerdem gibt es reichlich Bildmaterial.


    Die Sequenzen der Epi- und Neotypen in der Untergattung Cyanula werden dann in Genbank verfügbar sein wenn der zugehörige Artikel (Dima et al. 2023) veröffentlich ist. Bis dahin sind Blast Ergebnisse solcher "alter Arten" nicht aussagekräftig.


    Beste Grüße

    Kai

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