Kleiner Pluteus - ganz groß (Pluteus semibulbosus - je nach Auffassung P. plautus s.l./ P. depauperatus)

  • Hallo allerseits,
    in der letzten Zeit habe ich zwei Mal Pluteus semibulbosus scheinbar auf dem Boden gefunden - genau genommen aber auf kleinsten Holzstückchen. Bisher hatte ich die Art nur seitlich auf dickem, liegenden Buchenholz - da waren die Hüte immer nur ca. 2 cm groß.

    Die auf dem Boden wachsenden Exemplare erinnerten von Weitem sehr stark an Behangene Faserlinge, beinahe hätte ich gar nicht genau hingeschaut. Aber bei so wenigen Pilzen guckt man sich ja (fast) alles an "... ach, da ist ja gar kein Velum da ... ach, das ist ja ein Dachpilz!" (Lamellen frei, hat auch brav ausgesport).

    Bilder a-e gehören zusammen.
    Hier fand ich es auffällig, wie unterschiedlich lang die Stiele sind. Der aufgeschirmte, reifere Pilz ist ja der kürzere Pilz, da sieht man die beginnende Riefung am äußeren Hutdrittel schön, beim jüngeren Pilz kaum. Bemerkenswert auch, wie unterschiedlich stark (bzw. schwach) die kleine Knolle ausgebildet ist.
    Der hellere Hutrand täuscht aus der Entfernung tatsächlich ein Velum vor.
    Der Stiel ist von oben bis unten bereift (eigentlich nur mit "Ultranah-Makro" gut zu sehen)


    Die "langen Haare", die da ankleben, sind vermutlich vom Stoff meiner Tasche ...

    Hut abgelöst



    Beim zweiten Fund (Bilder f-j) wuchsen die Pilze nahezu büschelig - und der größte FK hat grandiose 5 cm Hutdurchmesser. Erst bei den größeren Pilzen wird dieses interessante Hutmuster auffällig. Die Huthaut müsste nach Literaturangaben ja ein Trichoderm mit aufrecht stehenden Zellen sein: Die kleinen abstehenden Strukturen sieht man ja schon mit bloßem Auge. ;)
    Auch hier sind die Stiele alle bereift, Basis immer knollig und mit flauschigem Myzel.
    Alle Pilze waren ohne deutlichen Geruch.


    Großer Fruchtkörper, Hutrand


    Kleiner Fruchtkörper


    Knollig / büschelig (bzw. sehr dicht beisammen)


    Habt ihr den "Kleinen" auch schon mal SO groß erlebt?

    Viele Grüße
    abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 


  • Hallo Raphael,

    danke für den Link.
    Die Namen habe ich jetzt noch mal nachgeschaut. Da gibt es wohl immer noch unterschiedliche Auffassungen. Etwas komplett Neues habe ich allerdings nicht herausgefunden.

    Im Gröger wird zwischen Pluteus plautus (Weinm.) Gillet - mit dunkelbraunem Hut und
    Pluteus depauperatus Romagn. mit weißlichem Hut unterschieden (Synonym Pluteus semibulbosus (Lasch) Gillet.), wobei die beiden aber doch oft für eine Art gehalten werden.

    Pilze Deutschland listet zurzeit:
    Pluteus plautus (Weinm.) Gillet 1876 (Syn. Pluteus depauperatus Romagn. 1956) und zeigt Bilder, die exakt wie meine Pilze ausschauen.
    Pluteus semibulbosus (Lasch) Gillet erscheint in der dortigen TaxRef nirgends, nur Pluteus semibulbosus ss. J. Lge, Orton, was aber ein Synonym für Pluteus inquilinus Romagn. 1979 ist. Das ist aber ein komplett anderer Pilz, weiß, mit Runzeln ohne abstehende Elemente in der Huthaut.

    Pilze Deutschland folgend müsste ich meinen Pilz Pluteus plautus nennen.
    Das bedeutet aber, dass die helle und die dunkle "Variante" zusammengelegt wären.
    In der letzten Zeit sah ich jedoch in diversen Foren Funde, die meinen Pilzen farblich gleich waren (eher hell) und Pluteus semibulbosus (Lasch) Gillet genannt wurden.
    In FoTE ist ein Pilz mit diesen Farben abgebildet, ebenfalls unter dem Namen Pluteus semibulbosus (Lasch) Gillet - mit dem Hinweis auf einen dort nicht abgebildeten Pluteus plautus, der dunkler und etwas größer wäre.
    (Bei index fungorum ist Pluteus plautus gelistet (Syn. Pluteus depauperatus) + Pluteus semibulbosus (Lasch) Gillet.)

    Ich denke, die Arbeit aus der Schweiz folgt eventuell der Namensgebung, wie sie damals im Gröger verwendet wurde: Pluteus depauperatus (wobei damit nach heutiger Sicht Pluteus semibulbosus (Lasch) Gillet möglicherweise zusammen mit Pluteus plautus (Weinm.) Gillet gemeint war).
    Sehr interessant fand ich im Dokument den Hinweis, dass die Pilze dunkler bei Feuchtigkeit wären (meine waren trocken, einmal vor Jahren fand ich einen dunkleren FK) und dass sie tendenziell größer auf Holzhäcksel sind. Also normalerweise Hut ca. 2 cm, auf Holzhäcksel aber bis 6 cm, auch mit etwas größeren mikroskopischen Strukturen (!) - ohne dass das dann verschiedene Arten wären.

    Jetzt habe ich auch nochmal nach anderen Vergleichsbildern geschaut.
    Matthias Dondl hat auf seiner Seite 5x Pluteus plautus (sehr dunkel) und 4x Pluteus semibulbosus (darunter ein Fund mit Hutdurchmesser bis 4,5 cm). Da sehen im Vergleich meine Pilze wie die dortigen Pluteus semibulbosus aus.
    https://www.interhias.de/schwammerlseiten/galerie/artenindex.html

    Viele Grüße
    abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 


  • Hallo,

    ich nenne diesen recht häufigen Pilz P. semibulbosus, und ich halte ihn nicht für synonym mit plautus. Die Art ist eigentlich wenig variabel und gut kenntlich, wird gerne im Alter bei feuchter Witterung etwas rosa am Hutrand aufgrund der durchscheinenden reifen Lamellen. Wenn der gültige Name dafür depauperatus ein soll, dann bin ich da auch fein damit. Nur plautus möchte ich ihn nicht nennen .....

    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo zusammen

    Ja diese Gruppe wurde wohl noch nicht molekular erforscht, deshalb gibt es da verschiedene Auffassungen. Welche davon richtig ist, bleibt abzuwarten. In den letzten Jahren wurden viele andere Pluteus-Artenkomplexe gründlich erforscht. Tendenziell wurden mehr als weniger Arten anerkannt, die morphologisch nur geringe Unterschiede aufweisen. Deshalb glaube ich auch nicht, dass das hier nach genetischen Untersuchungen alles unter Pl. plautus synonymisiert werden wird.

    Für mich ist Pl. semibulbosus eine sehr zarte Art auf grösseren Holzresten. Die Fruchtkörper zerbrechen bei der geringsten Berührung. Auch farblich sind sie noch etwas heller als das, was ich depauperatus nenne:

    Ein gutes Bild von depauperatus nach meinem Verständnis gibt es auch im "Pilzatlas" von Roger Phillips.

    Es bleibt spannend.

    Nachtrag: Es gibt doch schon ein Paper das sich mit dem Komplex beschäftigt: https://www.researchgate.net/publication/33…spidoderma_2019

    Da werden alle drei Arten anerkannt. Wobei es keine Typusbelege gibt, also ist das auch nur eine weitere morphologische Auffassung.

    LG Raphael

  • abeja September 15, 2024 at 9:20 PM

    Changed the title of the thread from “Kleiner Pluteus - ganz groß” to “Kleiner Pluteus - ganz groß (Pluteus semibulbosus - je nach Auffassung P. plautus s.l./ P. depauperatus)”.

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