Hallo allerseits,
"Der Dicke" (Nr. 1)
An einem kleinen Bach lag ein dickes Totholzstück, daran wuchs ein prächtiger, ein "dicker" Porling, mit rundlicher, leuchtend gelb erscheinender Zuwachskante. Frische Oberflächen waren schön samtig, älteren Teile erschienen schwärzlich, bemoost und teilweise aufgesprungen.
Mit Mühe konnte ich mit meinem Messerchen ein Stückchen vom frischen Zuwachs heraus säbeln.
Dort war der Fruchtkörper zäh, aber noch nicht extrem hart. Oben, unten und innendrin sieht man ähnlich "gelbliche" Farbgebung, faserig, keine schwarzen Trennlinien im Kontext, Poren sehr fein, ca. 6-7 pro mm.
Erster Gedanke: "irgend so ein Phellinus im weiteren Sinn".
Das Stück ist nur fingerdick ungefähr.
Aber jetzt kommt es wieder darauf an, ob Seten vorhanden sind oder nicht. (Ich meine, welche zu "erahnen".)
Ausschnitt aus der 100-Prozent-Ansicht
Ohne Seten ginge es in Richtung Fulvifomes. Frank Dämmrich hatte in seiner Fundliste von den Seychellen Fulvifomes merillii, leider finde ich von der Art im Web keine Abbildung, nur ähnliche Arten. Da habe ich mir die Zuwachskante angeschaut, das könnte das schon so aussehen ...
Mit Seten (und dieser gelblichen Zuwachskante) bleibe ich erst einmal bei Phellinus/ Inonotus linteus hängen. Darunter verstand man lange Zeit eine Art, die in Asien medizinisch genutzt und auch kultiviert wird. Inzwischen hat sich aber durch phylogenetische Untersuchungen herausgestellt, dass es sich um einen Artenkomplex handelt. Der "eigentliche" Phellinus/ Inonotus linteus ist eine amerikanische Art.
Zum Thema fand ich folgendes ausführliche Paper von 2015
Global diversity and taxonomy of the Inonotus linteus complex (Hymenochaetales, Basidiomycota): Sanghuangporus gen. nov., Tropicoporus excentrodendri and T. guanacastensis gen. et spp. nov., and 17 new combinations
https://www.researchgate.net/publication/275721926_Global_diversity_and_taxonomy_of_the_Inonotus_linteus_complex_Hymenochaetales_Basidiomycota_Sanghuangporus_gen_nov_Tropicoporus_excentrodendri_and_T_guanacastensis_gen_et_spp_nov_and_17_new_combinatio
Darin liest man in der Einleitung auch einiges über die morphologischen Unterschiede zwischen Phellinus und Inonotus, die man immer zur Trennung herangezogen hatte. Molekulargenetische Untersuchungen führten aber teilweise zum Umsortieren und es war unklar, wohin der Phellinus/ Inononotus linteus-Komplex (mit einer steigenden Anzahl von Arten sowohl in Südamerika als auch Asien) gehört.
Näheres wird erläutert zu der Abgrenzung zu Inonotus s.str. und über die Aufspaltung des I. linteus-Komplexes in zwei neue Gattungen Sanghuangporus und Tropicoporus (mit Schlüssel zu den Gattungen und Unterschlüssel zu den bereits bekannten Arten der Gattungen).
Im Text kommt eine einzige afrikanische Art vor, Tropicoporus rudis (bisher Xanthochrous rudis, in den Arbeiten von Ryvarden 1983 mit Phellinus linteus synonymisiert). Was ich in diversen Texten zur Makroskopie lese (Oberfläche, Farbe, Trama, Porendichte), passt das ganz gut (leider kein einziges Bild gefunden), was natürlich nicht viel heißt. Abgesehen von den hier nicht bekannten Mikromerkmalen wäre ja auch möglich, dass es noch viele unbekannte Arten gibt.
Inzwischen gibt es auch einige Neubeschreibungen in der Gruppe, z.B. in Indien von 2024. Darin befindet sich ein Schlüssel für die bisher bekannten Arten der afro-asiatischen Region (Tropicoporus rudis mit verschlüsselt).
Characterization of New Tropicoporus Species (Basidiomycota, Hymenochaetales, Hymenochaetaceae) Discovered in Tamil Nadu, India - PMC
In dem Schlüssel komme ich unter Umschiffung von Mikromerkmalen auf Tropicoporus rudis.
"Basidiomes distinctly pileate" und
"Hyphal system mono-dimitic, dimitic in trama" (Alternativ "strictly dimitic" --> T. lineatus, aber dieser wäre glatt mit konzentrischer Zonierung "... Tropicoporus species (namely T. angustisulcatus, T. excentrodendri, T. lineatus and T. substratificans) in having concentrically zonate, glabrous, distinctly cracked pileal surface...) und
"Basidiomes cracked to rimose" und
"Pilear surface cracked, lacks warts, stratified tubes without intermittent context" und
"Pilear surface fulvous, velvety and cyanopilous basidiospores " --> Tropicoporus rudis
Weil die "Setenfrage" aber ungeklärt bleibt, kommt man hier nicht weiter...
Es sei denn, das Erscheinungsbild (auch von Trama und Porenschicht) wäre sehr typisch (und doch Seten makroskopisch schon erkennbar) und jemand kennt den Pilz aus eigener Anschauung sehr gut ...
Fulvifomes oder Tropicoporus oder am besten einfach doch nur "Phellinus, aber ganz s.l."