Frühlingsrötlinge

  • Da in unserem Arbeitskreis derzeit Flaute herrscht und im Frühling ohnehin wenig Rötlingsarten wachsen, möchte ich heute mal ein nomenklatorisches Problem zur Diskussion stellen.
    Sicherlich hat jeder von euch hier im Arbeitskreis eine klare Vorstellung von Entoloma vernum und Entoloma aprile. Beide Arten lassen sich leicht anhand der Pigmentierung, der Schnallen, der Tramahyphen, des Geruchs, des Standorts und – obwohl sie sich ähnlich sehen können – auch anhand der Färbung trennen. Klar zwei Arten!
    Ganz problemlos ist die Sache, wie ich sie sehe, allerdings nicht.
    Dazu muss ich etwas ausholen:
    Mittelfranken, wo ich jahrzehntelang Pilze gesucht habe, ist in klimatischer Hinsicht dem Sammelgebiet Britzlmayrs sehr ähnlich. Unterschiede hinsichtlich des Zeitpunkts der Fruktifizierung einzelner Arten können – wenn überhaupt vorhanden – nur äußerst gering sein.
    Nun sind mir beide genannten Arten im Laufe mehrerer Jahrzehnte recht regelmäßig begegnet. Interessanterweise konnte ich „E. aprile“ ausschließlich in einem Zeitfenster von Ende Mai bis Ende Juni finden. Das wirft natürlich die Frage auf warum Britzlmayr eine solche Art ausgerechnet „aprile“ genannt habe soll. Liest man in der Erstbeschreibung von E. aprile nach, so findet man als Zeitangabe „Im März und April“. Es gibt aber noch weitere Ungereimtheiten: Britzlmayr beschreibt seine Art als geruchlos und bildet auf Tafel 190 E. aprile mit fast schwarzem Hut ab, eine Farbe die „E. aprile“ nie zeigt.


    Vergleicht man Britzlmayrs Angaben dagegen mit „E. vernum“, so passt fast alles zusammen. In Franken habe ich „E.vernum“ zwischen dem 26 März und dem 28 April gefunden.


    Muss also nicht die als „E. vernum“ bekannte Art richtigerweise Entoloma aprile heißen?
    Natürlich müsste dann für die derzeit unter „ Entoloma aprile“ geführte Art ein neuer Name vergeben werden.


    Was haltet Ihr von diesem Thema?


    Gruß Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    ich kenne von der Orgiginalbeschreibung nur den Abdruck in FE5, 132. Die ist ja nicht soo aussagekräftig. Den Hinweis "mit majalis verwandt" hast Du unterschlagen. Nun weiß ich gar nicht, was zu Britzlmayers Zeiten unter "majalis" verstanden wurde, aber ich unterstelle mal dass es dem heutigen majaloides ähnlich ist. Das würde ich bei aprile gelten lassen, bei vernum käme mir diese Assoziation nicht.


    Britzlmayers Sporenangabe "8,10; 8,9" klingt auch eher nach den subisodiametrischen aprile-Sporen.


    E. vernum habe ich übrigens kürzlich erstmals "persönlich kennengelernt", mitten auf dem einem Trockenrasen.



    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    Das sind für mich recht schwache Gegenargumente.
    Zum Einen sind Entoloma vernum und Entoloma aprile heutiger Auffassung nur anhand der jeweils schwach isodiametrischen Sporen kaum trennbar, zum Anderen zeichnet Britzlmayr die Sporen so grob das sie zu vielen Arten passen könnten.
    Zum besseren Verständnis habe ich mal die Tafel mit Agaricus aprilis (Nr. 117) kopiert und hier eingestellt.



    Was übrigens Britzlmayr unter Majalis verstanden hat bleibt mir unklar. Auf keinen Fall ist es die heute Entoloma majaloides genannte, freudig gelbbraun gefärbte Art.


    Gruß gerhard

  • Hallo Gerhard,


    danke für die Zusendung der Tafel, die ich hier selbst versuche einzustellen:



    Das Verständnis von "majalis" könnte hier der Schlüssel zu Deiner Frage sein, von daher sollte man da nachforschen. Ich selbst besitze von der ganz alten Literatur aber nichts.


    Liebe Grüße,



    Wolfgang


    @Gerhard: Dein Anhang hatte mehrere Leerzeichen im Dateinamen und keine Endung ".jpg"

  • Hallo an alle,


    bei der Frage, was majalis ist, bin ich bei Lange fündig geworden.


    Auf Tafel 74 zeigt er einen "Rhodophyllus majalis", der m.E. gut in die Subgen. Entoloma passt.


    Nach indexfungorum ist die Erstbeschreibung und die Sanktionierung von Fries:
    Agaricus majalis Fr., Observ. mycol. (Havniae) 2: 172 (1818 )
    Fr., Syst. mycol. 1: 205 (1821)
    http://www.librifungorum.org/I…1&ImageFileName=0205b.jpg


    Was jedoch der heute aktuelle Name von majalis ist, ist mir weiterhin unklar.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    Herzlichen Dank für die Einstellung der Tafel. Offensichtlich wurde beim Speichern des Scans - obwohl JPG - keine Endung angehängt.


    Was E. majalis anbetrifft, so ist das für mich ein "Nebenthema". Für mich sind die Unterschiede zwischen der heutigen Auffassung von Entoloma aprile und der Beschreibung der Art durch Britzlmayr für eine Art einfach zu gravierend. Diese Unterschiede habe ich ja eingangs aufgelistet.
    Hätte ich nicht Entoloma vernum x-mal gefunden, so dass ich inzwischen die extreme Variabilität dieser Art genau kenne, und hätte ich nicht auch unsere heutige Entoloma aprile desöfteren in Händen gehabt, so wäre ich garnicht auf den Gedanken einer Verwechslung gekommen.


    Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    im Gegensatz zu Dir kenne ich vernum nur von einem Standort (wo sie als sehr typische Nolanea auftritt) und aprile nur aus Büchern. Daher leuchtet mir Deine Idee nicht so ein, dass man diese Arten vertauschen könnte.


    Es gibt aber außer der 1:1-Verwechslung noch weitere Optionen: Könnte es sein, dass Brizlmayer eine der dunkelbraunen Formen von clypeatum vor sich hatte?
    Das wäre mit dem frühen Erscheinen, der dunklen Farbe und dem schwachen Geruch besser vereinbar, oder?


    Grüße,



    Wolfgang

  • Lieber Gerhard


    Ich habe E. vernum nur einmal auf Magerrasen im Depot gesehen. Funddatum 01.04.2000, damals von Thomas Münzmay bestimmt. E. aprile kenne ich leider nur aus der Literatur.


    LG Karl

  • Lieber Gerhard,


    Das hutige Konzept von Entoloma aprile is wesentlich besiert auf der Interpretation und ausfuehrliche Beschreibungen von Romagnesi dieser Art Ich kann mich dabei vorstellen dass Romagnesi, weil er nicht der Kenntnis und Erfahrung hatte wovon Du redest, sich einfach hat leiten lassen von der Beschrankte Information in Britzelmayers veroffentlichungen. Wir wissen alle, dass die machmal schwierig zu interpretieren sind. Die Tafeln sind Handkoloriert, und sind von einer zu den anderen Expemplar manchmal auch unterschiedlich. Es kann sehr gut sein dass Du recht hast, und dass Britzelmayer der Pilz beschrieben hat, der spater von Lundell als E. vernum veroffentlicht ist. Trotzdem wurde Ich sehr zuruckhaltend sein die Synonymisierung durch zu fuehren, weil beiden Arten (E. aprile im Sinne Romagnesis, und E. vernum Lundell) gut etabliert und under diesen Namen bekannt sind in sehr vielen Publikationen. Mit anderen Worte, Ich wurde dies im Ruhe lassen....
    Was denkst Du?


    Mit herzlichem Gruss


    Machiel

  • Lieber Machiel,


    Da ich gestern von einer Urlaubsreise zurück gekommen bin (ohne Internet), kann ich erst jetzt auf Deinen Beitrag antworten.


    Obwohl ich sicher bin das Romagnesi bei der Verwendung des Namens nicht richtig recherchiert hat, bin ich auch der Meinung man sollte da nicht alles umkrempeln. Da die Fehlinterpretation aber sehr offensichtlich ist, wird irgendwann Jemand dieses Thema wieder aufgreifen. Deshalb wäre zu überlegen ob man nicht anstreben sollte den Namen Entoloma aprile als nomen dubium auszuweisen und für die derzeit darunter verstandene, gut abgegrenzte Art einen neuen Namen vergibt.


    Herzliche Grüße
    Gerhard

  • Lieber Gerhard


    Auch Ich war einiger Zeit im Urlaub in Spanien. Wenn die Daten von Britzelmayer eindeutig zu interpretieren sind und E. aprile ein synonym von E. vernum sein soll, kann mann nicht gleichzeitig den Namen E. aprile als nomen dubium betrachten. Dann muss man die Synonymie erkennen, und den Namen E. vernum fallen lassen. Daneben muss man dann naturlich auch einer neuen Name fur E. aprile sensu Romagnesi errichten, mit Typus material aus der Umgebung von Paris (Ich habe diesen Art mit Romagnesi gesammelt, mit Bild, also das letzte Ware kein Problem.
    Ich schlage vor wir beraten uns weiter gemeinsam uber dieses Thema, und wenn wir uns daruber einigen, ware ein Artikel in Z. Mykol. wohl eine Option?



    Mit besten Grussen, auch an Ursula! Wir haben uns zu lange nicht gesehen


    Machiel

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