Die Bedeutung des Mittelwertes bei der Sporenmessung

  • Hallo Jens,


    ich habe zum Thema Mittelwerte bei Sporenmessungen einen neuen Thread gestartet, weil ich dazu noch Fragen habe. Nebenbei benutze ich grundsätzlich dein Statistikprogramm, weil nur so Vergleiche zwischen untersuchten Kollektionen Sinn machen.


    Auf der Amanita-Seite von Tulloss lese ich für die Originalbeschreibung von A. dryophila Sporen = 10.6 - 11.9 × 8.9 - 10.2 µm! Wie habe ich solche Angaben zu interpretieren? Bedeutet dies, dass mein Mittelwert zwischen den beiden Werten liegen muss? Das klingt für mich unlogisch.


    Die von Tulloss angegebenen Sporenmaße würde ich so deuten, dass meine Minimal- und Maximalwerte innerhalb der von ihm angegebenen Spanne liegen müssen. Ist das richtig?


    Viele Grüße


    Christian

  • Hallo Christian,


    ich antworte, auch wenn ich nicht Jens bin:


    Auf amanitaceae.org werden die Sporen von A. dryophila angegeben mit


    (10.0-) 10.2 - 14.2 (-18.2) × (8.5-) 8.8 - 11.0 (-12.8)


    und dort wird auch sauber erklärt, wie das zu lesen ist: die Werte in Klammern sind die min- und max-Werte, die eigentlichen Werte bilden das 95%-Vertrauensintervall (der Bereich, in dem sich 95% aller Sporenmessungen bewegen).


    Die Orginalbeschreibung ist dagegen von Consiglio und Contu, so dass man beim Zitieren natürlich nur deren Werte abschreiben kann, während man die Bedeutung wohl nur in der Original-Literatur nachlesen kann. Leider gibt es keinen einheitlichen Standard, wie Sporenmaße angegeben werden.


    Eine Typuskollektion kann nur einen Mittelwert haben, und die Angabe mit zehntel my lassen eher auf einen statistischen Wert schließen. Von daher ist die Chance gut, dass auch Consiglio und Contu ein Vertrauensintervall angegeben haben. Das würde auch von den Zahlen her passen, denn das Vertrauensintervall der Typuskollektion sollte im (größeren) Intervall der Art liegen.



    Grüße,



    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    vielen Dank für die ausführliche Darstellung. Jetzt ist mir einiges klar geworden. Es kursierten da immer unterschiedliche Ansichten, was die Deutung der Sporenmaßangaben in älterer Literatur angeht.


    Viele Grüße
    Christian

  • Hallo ihr beiden,

    Auf amanitaceae.org werden die Sporen von A. dryophila angegeben mit




    (10.0-) 10.2 - 14.2 (-18.2) × (8.5-) 8.8 - 11.0 (-12.8)

    Der Mittelwert ist hier oben so zu errechnen (10,2+14,2)/2 = 12,2 und analog (8,8+11)/2 = 9,9


    Auf der Amanita-Seite von Tulloss lese ich für die Originalbeschreibung von A. dryophila Sporen = 10.6 - 11.9 × 8.9 - 10.2 µm!

    Der Mittewert ist hier ebenso zu errechnen (10,6+11,9)/2 = 11,3 und analog (8,9+10,2)/2 = 9,6




    Du, Christian, hattest irgendwas um 13,3 x 8,0 als Mittelwert. Das
    sind ganz andere Sporenmaße mit einem ganz anderen Q. Das hat nichts
    miteinander zu tun. Zu dem werden bei amanitaceae.org Werte (besonders nach oben) mit angegeben
    und gehen anscheinend auch noch in Rechnung mit ein, die statistisch
    als Ausreißer hinaus fallen würden. Das bedeutet, dass bei amanitaceae.org der Mittelwert sowieso zu groß ausfällt...
    Wenn man das berücksichtigt, liegen die beiden gar nicht so weit auseinander. Man müßte natürlich die orig. Messreihen mal durch Smaff jagen, um die Werte wirklich vergleichen zu können. So fehlt z.B. die Angabe der Anzahl der Sporen, die vermessen wurden. Bei Tuloss (da hätte übrigens ich gerne mal den link) fehlt zusätzlich auch das Vertrauensintervall. Und seine Spannweite der Länge mit nur 11,9-10,6 = 1,3 µm ist so klein, das man schon fast an das Vertrauenintervall für den Mittelwert glauben kann.


    Um wirklich vergleichen zu können, muß man viel einheitlicher vorgehen. Nicht unbedingt nur mit Samff (es gibt ja auch richtig große Statistiksoftwarepakete), aber es müssen einfach präzisere, ausreisserfreie Werte mit allen nötigen Angaben gemacht werden, weil man sonst nie richtig vergleichen kann und alles nur einen Ahnung bleibt.
    Hier noch einmal meine Ahnung: Deine Sporenmaße gehören zu einer anderen Art als zu A. dryophila.


    Die von Tulloss angegebenen Sporenmaße würde ich so deuten, dass meine Minimal- und Maximalwerte innerhalb der von ihm angegebenen Spanne liegen müssen. Ist das richtig?

    Nein, deine Mittelwerte sollten in der Nähe seiner Mittelwerte für jeweils Länge und Breite liegen. Erstaunlicherweise habe ich, wenn ich denn die gleiche Art noch einmal untersuche( zeitlich und/oder räumlich getrennte Aufsammlungen), immer sehr nah beieinander liegende Mittelwerte gehabt, wie jetzt bei dir auch zu sehen war.
    Meine Folgerung:
    Entweder werden noch viele Fehler beim Messen gemacht (hier fange ich lieber nicht schon wieder an, zu reformieren) oder die Sporengrößen differieren dermaßen (daran glaube ich allerdings nicht) oder sie wurden nicht statistisch korrekt ermittelt.
    Ich weiß, dass es bei Ascos oft starke Differenzen in der Art gibt. Aber da ist man leider auch oft darauf angewiesen, Quetschparäparate zu machen und/oder die Frks. anderen Stresssituationen (Beispiel Trockenheit oder ungenügende Reife) auszusetzen, bevor man messen kann.



    Wolfgang

    und dort wird auch sauber erklärt, wie das zu lesen ist: die Werte in Klammern sind die min- und max-Werte, die eigentlichen Werte bilden das 95%-Vertrauensintervall (der Bereich, in dem sich 95% aller Sporenmessungen bewegen).

    (der Bereich, in dem sich 95% aller Sporenmessungen bewegen) ...sollten


    Das machen sie in der Regel oft nicht, deshalb gibt es Extremwerte (in Smaff in Klammern), die nichts mit Ausreissern (die ja entfernt werden müssen) zu tun haben, sonden eben nur mal knapp neben dem Vertrauensintervall liegen.



    Das hab ich jetzt nur mal schnell zusammengefasst und bin auf Nachfragen gespannt...


    LG, Jens

  • Hallo Christian nochmal,


    hatte ich dummerweise glatt überlesen:

    Auf der Amanita-Seite von Tulloss lese ich für die Originalbeschreibung von A. dryophila Sporen = 10.6 - 11.9 × 8.9 - 10.2 µm! Wie habe ich solche Angaben zu interpretieren? Bedeutet dies, dass mein Mittelwert zwischen den beiden Werten liegen muss? Das klingt für mich unlogisch.

    das habe ich oben zwar schon grob beantwortet, aber noch einmal genauer: Der Mittelwert muß nicht nur zwischen den Werten liegen, er muß auch auch nah am publizierten Mittelwert liegen (auch wenn wir den wie oben selber ausrechnen müssen). Wie nah daran, kann man ohne weitere Angaben (die ja nun leider nicht vorliegen) nicht sagen.
    Warum unlogisch? Nur weil deine Angaben mit den publizierten nichts gemein haben und es sich wohl um unterschiedliche Arten / Varietäten handelt?


    In der Statistik macht man übrigens zuerst einen F-Test und wenn der positiv ausfällt, den jeweils passenden t-Test, der dann auch positiv ausfallen sollte. Ob das bei Pilzsporenmaßen gleicher Art klappt, konnte ich leider noch nicht ausprobieren, da mir momentan die Zeit fehlt, Smaff weiter zu proggen und eigentlich für eine weitere Fortführung von Smaff auch mehr Pilzler damit arbeiten müssen. Nur mit einem guten Datenbestand kann man auf Dauer auch wirkliche Vergleiche anstellen.


    Als ich Smaff geproggt habe, hab ich ganz oft gedacht: wofür mach ich mir den ganzen Stress, wenn sich hinterher herausstellt, dass die meisten Messreihen gar nicht normalverteilt sind? Dann wäre die ganze Arbeit mit der Programmierung der Normalverteilungs- und Ausreissertests umsonst gewesen. Aber bei mir hat sich herausgestellt, dass fast alle Messreihen normalverteilt sind, spätestens nach Ausreisserentfernung. Also, wenn genug mitmachen, lohnt sich auch die Arbeit des nächsten Schrittes (Datensammlungs- und Vergleichsmöglichkeiten).


    LG, Jens

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!