Hallo Ingo,
ja, es wäre ganz gewiss sinnvoller, wenn die Leute vor dem Sammeln wüssten, was für Pilze sie mitnehmen können.
Ja, es gibt bei uns vor allem in der festen Pilzberatungsstelle in Magdeburg, die abwechselnd von 4 PSV besetzt wird, Schlangen von Leuten, die mit ihren Körben dort hinkommen um sie "durchwühlen zu lassen (bzw. sie kippen sie meist auf den Tischen aus. Einige sind grundsätzlich mehrfach im Jahr da, lassen ihren Korb kontrollieren und bringen mal einen ihnen unbekannten Pilz mit und wollen wissen, was das ist.
Es kann durchaus sein, dass allein die Existenz dieser Beratungsstelle Unwissende verführt in den Wald zu gehen und einzuraffen, was geht, weil es ja dann eine Instanz gibt, die kontrolliert.
Ich selbst biete keine Zeiten an, werbe nicht, trotzdem kommen ab und zu Leute nach vorherigem Anruf hier an (ganz selten mal ohne vorherigen Anruf) weil sie grad in ihrem Garten was gefunden haben und wissen wollen was das ist, es kommen Leute von Waldtour und wollen ihre 2 Körbe kontrolliert haben (ein Vater mit ca. 9 jährigem Sohn kommt regelmäßig und fragt mir Löcher in den Bauch, aber es bleibt bei dem Knaben jedesmal was hängen, denn beim nächsten mal erzählt er mir was er gefunden hat, "weil ich es ihm doch das letzte mal sagte". Die stecken aber auch regelmäßig ein 2-Euro - Stück oder einen kleinen Schein in die Sparbüchse des LVPS, die dann auf dem Tisch steht.
Es kommen aber auch Leute, die nach 20 Jahren Genuss einfach mal wissen wollen, ob die Champignons im Vorgarten auch wirklich Wiesenchampignons sind. Es war aber noch niemand hier, der mir tatsächlich einen solchen vor die Nase hielt. Aber die Ossis vertragen eben halt auch Karbolchampinons ohne hinterher Klobrillenabdrücke auf den beiden Backen vom überaus langen Sitzen zu bekommen.
Die Alternative, keine Pilzberatung mehr anzubieten und keine Führungen mehr zu machen führt also ganz sicher zum Rückgang der Pilzsammler, führt aber auch zu mehr Nierentransplantationen und mehr Toten nach Vergiftung. (Und zu weniger Leuten, denen wir erklären können, wie schön die Dinge der Natur doch sind).
Da es keine Meldepflicht für Pilzvergiftungen mehr gibt, seltsamer Weise aber für Salmonellose, an der in der BRD aber wahrscheinlich weit weniger Leute sterben als an Pilzvergiftungen, kann man nur mit großer Fehlerwahrscheinlichkeit aus bekannten Zahlen für die DDR hochrechnen:
In besagtem Ossiland gab es von 1971-1989 exakt 47 erfasste Todesfälle nach Pilzvergiftung. Pro Jahr 2,5 Tote also. Dazu kamen pro Jahr durchschnittlich 117 vergiftete Personen, die ärztlich vorstellig und behandelt werden mussten. Das auf 17 Mio Einwohner. Rechnet man jetzt auf die angegebenen 83 Mio Deutsche hoch ergibt das ....
Und jetzt kommt noch kurz die Fehlerbetrachtung:
Ich denke/glaube, dass im Osten verhältnismäßig mehr gesammelt wurde. Jetzt gibt´s für jeden Verbraucher Pilze in der Büchse im allerbilligsten Supermarkt und als Frischware im Gemüseregal - zu Ostzeiten wurden Champignons als Frischware quasi nur unterm Ladentisch gehandelt und die Dinger in Büchsen für Horrorpreise nur in den Delikat-Shops. Die Motivation mal Pilze essen zu können wenn man sich selbst welche sammelt, war also eine andere.
PS: Ich habe mich ganz oben in meinem Beitrag natürlich verschrieben, es jetzt aber verbessert. Die 1. Pilzberatungsstelle auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt wurde 1914 bgründet.