Im Herbst entdeckte ich plötzlich an den Hölzern auf der Unterseite, da wo sie durchgehend Erdkontakt haben, sehr zarte "weiße Keulchen". Ich habe etwas abgewartet, dachte sogar wegen der teilweise transparenten jungen FK an einen in der Entwicklung gestörten Schleimpilz, aber sie werden weder größer noch zerfallen sie.
Sie sind immer noch gut sichtbar, d.h. wenn man 1 mm kleine Keulchen als "gut sichtbar" bezeichnen kann ...
Man sieht auf dem Substrat einzelne dünne Hyphen, wie Spinnwebfäden. Die Keulchen sind zuerst fast durchscheinend und etwas zugespitzt .. und sie bleiben sehr weich. Später wird der obere Teil weißlich und sieht auch etwas "puschelig" auf der Außenseite aus. Im älteren und etwas angetrockneten Zustand tritt im oberen Bereich eine leichte Gilbung ein.
Ich habe zuerst bei Typhula und Mucronella gesucht, aber ich fand nichts, was in Größe, Form, Wuchsweise und Substrat übereinstimmen könnte.
Die einzige ähnliche sehr kleine Typhula wächst auf Blättern aus einem Sklerotium, hier gibt es aber dieses Subikulum aus Hyphenfäden.
Kann das eine Ceratellopsis-Art sein?
Da würde die Größe und die Wuchsweise (nach unten, bzw. ziemlich ungeordnet) passen. Allerdings sind die meisten Arten deutlich zugespitzt, wie schon die Namen "acuelata" oder "acuminata" besagen. Sie sollen zum Teil eine sterile Spitze haben, die man sogar makroskopisch als "anders" wahrnimmt. Aber auch die Substrate stimmen nicht mit meinem Fundort überein, sie wachsen lt. Angaben nicht auf Rinde.
Nur Ceratellopsis sagittiformis erschien mir auf Bildern ähnlich, obwohl meine Pilzchen nicht wirklich pfeilförmig sind, höchstens die ganz jungen FK. Bei der Art wird auch u.a. diverse Rinde als Substrat angegeben. Seltsamerweise findet man unter dem Namen sehr wenige Bilder im I-net.
Seit Mai 2020 scheint diese Art aus phylogenetischen Gründen in eine neue Gattung überführt worden zu sein - sie ist gar nicht näher verwandt mit den anderen Ceratellopis-Arten und heißt jetzt Bryopistillaria sagittiformis (Pat.) Olariaga, Huhtinen, Læssøe, J.H. Petersen & K. Hansen
Phylogenetic origins and family classification of typhuloid fungi, with emphasis on Ceratellopsis, Macrotyphula and Typhula (Basidiomycota)
bei Researchgate herunterladbar
Darin gibt es auch eine sehr ausführliche Beschreibung, wobei ich die makroskopischen Punkte sehr zutreffend finde.
Zitat
"Basidiomata gregarious or caespitose in groups of 2–5 basidiomata, 0.7–1.2 mm high, simple, with a short stipe. Fertile part narrowly claviform, sharply delimited from the stipe, white, 0.6–0.1 × 0.15–0.3 mm. Stipe short, cylindrical, glabrous or with sparse hairs, hyaline white, 0.1–0.4 × 0.1–0.2 mm. Subiculum spreading out on the substratum among basidiomata. Apex pointed and sterile in very young basidiomata, hyaline white, then obtuse and fertile. Basidiospores ellipsoid, sometimes in tetrads, hyaline, smooth, without iodine reactions, 4.5–6.5(–8) × 3–3.5(–4) µm. Basidia claviform, (1–2–)4-spored, 16–23 × 4.5–7 µm, clampless. Subhymenium composed of globose to subglobose hyphae, thin-walled, hyaline, 4–10(–12) µm broad. Generative hyphae cylindrical to fusiform, hyaline, thin-walled, clampless, 2.5–6(–9) µm broad, without iodine reactions. Hyphae on the stipe surface cylindrical, thin-walled, clampless, 3–3.5 μm broad. Caulinar hairs sparse, cylindrical, thin-walled, up to 50 × 3 μm. Subiculum formed by cylindrical hyphae, thin-walled, straight, branching at right angles, clampless, 3–4 μm broad. Skeletal hyphae absent. Crystals sometimes present among the medulla hyphae, bipyramidal or sphaeroid. Attempts to obtain cultures from shed spores on MEA unsuccessful."
Hier dann auch viele Bilder
Allerdings steht da im Text was von "amyloid spores" - auch bei den einzelnen Bildern teilweise als sehr schwach amyloid beschrieben. Das wäre ein Widerspruch zu dem oben zitierten ausführlichen Text, wo überall steht "without iodine reaction". Allerdings sind die bebilderten und untersuchten Funde zum Teil neueren Datums (von 2021) als der beschreibende Text. Ein kleiner Versuch meinerseits mit Melzer zeigte mit bloßem Auge keine sichtbare Färbung - ich habe aber nur von außen auf reife FK etwas davon aufgebracht.
Hier nun mein Fund, im Dezember fotografiert:
Ich habe also rosa Flecken, schwarze Pünktchen und weiße Keulchen zu Hause. Wenn jemand Interesse an diesen Dingen hat, kann ich gerne Proben zur Verfügung stellen. Ansonsten würde ich versuchen, die Dinge zu konservervieren und selbst auf noch unbestimmte Zeit einzulagern.
Ich wünsche allen einen guten Rutsch und ein erquickliches 2022 !
FG abeja