Hallo Gerhard,
weil Entoloma sphagneti zum einen einen großen Arealanteil in Deutschland hat, der zudem noch im Arealzentrum liegt (jedenfalls Nord- und Nordwestdeutschland, wo die meisten Standorte liegen), und zum anderen die Art nicht einfach nur ein Moorbewohner ist, sondern sehr spezielle Vorlieben zu haben scheint. Sie wächst nämlich bevorzugt oder (fast) ausschließlich an Stellen in Mooren, die etwas nährstoffreicher sind. Des weiteren kommt sie in Norddeutschland durchaus auch in Erlenbrüchen (mit Sphagnum, Torfmoos-Schwarzerlenbruchwald) und selbst in feuchten Laubmischwäldern (mit Sphagnum) vor. Diese Biotope sind keine FFH-Gebiete. Da die Art in Nord(west-)Deutschland wesentlich mehr Fundorte hat als im Süden, haben wir (ehrlicherweise Matthias Lüderitz) den Anteil an Standorten in FFH-Biotopen auf nicht über 50% eingeschätzt.
Die Art ist vor allem in Zentraleuropa verbreitet, kommt im Süden und Osten nicht vor, und strahlt nach Norden kaum über die boreale Zone aus. Zumindest Nordwestdeutschland dürfte sich daher im Arealzentrum befinden.
Zur Gefährdung global: Die Art wird als Kandidat für die Europäische Rote Liste („relevant for assessment“) geführt (DAHLBERG/ ECCF, in prep.). In Österreich und Deutschland „vom Aussterben bedroht“, in Dänemark „stark gefähr-det“ und in den Niederlanden „gefährdet“. In Norwegen und Schweden galt die Art bisher trotz ihrer auch dort großen Seltenheit als „ungefährdet“, wobei in jüngster Zeit die Moorbiotope generell auch in Skandinavien zunehmend als „gefährdet“ betrachtet werden.
zusammenfassend:
Verantwortung D: in „besonders hohem Maße“ [!!]
Nach dem Einstufungsschema für Verantwortungsarten von LUDWIG & SCHNITTLER (2007) gilt für Entoloma sphagneti die Kriterienkombination „A3 ^ Lz“ und somit eine Klassifizierung in Kategorie „!!b“. Der Anteil Deutschlands am Gesamtareal dürfte über 33 %, aber deutlich unter 75 % liegen (geschätzt 40-45 %). Lz = Lage im Arealzentrum.
Würde man nur Lage im Hauptareal statt im Zentrum annehmen, würde sich eine Einstufung in !a ergeben, da wir die globale Gefährdung mit "?" bewertet haben. Jedenfalls kamen wir für "stark gefährdet" nicht auf die geforderten 9/10 des Areals und können die Art daher global nur entweder als "gefährdet" oder besser als "nicht einheitlich bewertbar" einstufen.
Würde man den hohen Anteil der deutschen Vorkommen an der Gesamtverbreitung anzweifeln, und nur die Stufe 10-33% annehmen, dann käme man ebenfalls mit der Zentrumslage in Einstufung !b. Und letztlich kommt man bei Vorkommen 10-33% und Lage nur im Hauptarela auch dann noch auf eine hohe Verantwortlichkeit (!c), wenn man wenigstens eine global Einstufung als "gefährdet" postuliert - was bei dieser Art eigentlich unzweifelhaft ist.
Da E. sphagneti gleichzeitig eine hohe Zeigerfunktion für hochwertige Biotope hat, wollten wir diese Art gernbe mit dabei haben. Außerdem ist es uns dadurch möglich gewesen, auch ein in Mooren vorkommende Art aufgrund ihrer weiteren Biotopbindung an Sphagnum-stellen in nicht-FFH-Gebieten mit in die Liste zu nehmen.
Praktischer Sinn und Ziel dieses ganzen Verantwortungsgedöns der BfN-Liste ist ja, dass es einen speziellen Fördergeldertopf für Projekte mit diesen Arten gibt bzw. geben wird, für den auch kleinere Institutionen wie Vereine, NABU-Gruppen und ähnliche Anträge stellen können. Man könnte dann z.B. unter der Begründung "Biotoppflege für die Verantwortungsart Lactarius lilacinus" Gelder für die Renaturierung eines Erlenbruches einwerben, selbst wenn in diesem Biotop L. lilacinus gar nicht nahgewiesen ist, aber das Biotop einen potentiell (wieder-)besiedelbaren Lebensraum bietet.
beste Grüße,
Andreas