Beiträge von Clavaria

    Hallo zusammen


    Ich habe hier diese Entoloma-Kollektion, die ich letztes Jahr als E. ortonii bestimmt hatte.

    Habitat war eine grasige Skipiste im montanen Nadelwald (Larix, Picea) auf ca. 1700m.

    Salix sp. ist mir am Standort nicht aufgefallen, wäre auch untypisch in diesem Habitat.

    Die Sequenzierung hat nun ergeben, dass es sich um Entoloma sericeoalpinum handelt (99.8% Übereinstimmung, ebenso E. atrosericeum ss. Vila).



    Die Fruchtkörper sind schon etwas entwässert, was natürlich bei der Bestimmung kein Vorteil ist.

    Dadurch bin ich im Schlüssel von FE5b falsch abgebogen, sie waren für mich eher mittelbraun als sehr dunkelbraun.

    Das zeigt mal wieder: Farben und Habitat sind bei Entoloma meistens mit Vorsicht zu geniessen, man sollte immer auch Alternativen in Betracht ziehen.





    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Ich habe das Ergebnis der Sequenzierung. Die Kollektion stimmt zu über 99% überein mit etlichen Sequenzen von E. subcuboideum.

    Somit hat sich die morphologisch beste Übereinstimmung bestätigt, das ist beruhigend.


    Viele Grüsse

    Raphael

    Hallo zusammen


    Ich habe es inzwischen aufgegeben, die "richtige" Familie einer Gattung herauszufinden.

    Im Moment arbeite ich gerade an Xeromphalina, dazu folgendes Zitat aus der Monographie (2004):


    Xeromphalina was placed in the tribe Myceneae by SINGER (1986) while KÜHNER (1980) placed it in the Marasmieae. This genus is sometimes placed in the family Xerulaceae (REDHEAD 1987) that is not accepted by some other mycologists (e. g. CORNER 1991). The present authors place it in the Tricholomataceae in the sense of SINGER (1986) near Baeospora, Mycena, and Marasmius.


    Im Index Fungorum ist Xeromphalina aktuell in der Familie Mycenaceae. Offenbar wurde die Meinung seit Erscheinen der Monographie mindestens noch einmal geändert.


    Wer hat nun recht? Vermutlich keiner, das sind alles nur Meinungen aufgrund verschiedener Merkmale.

    Heute bemüht man sich mit genetischen Methoden das alles zu bestätigen, umzukrempeln oder zu festigen - aber wer weiss denn, ab wieviel % genetischer Abweichung (vereinfacht gesagt) ein Pilz in eine andere Familie gehört? Auch dieser Grenzwert muss der Mensch wiederum mehr oder weniger willkürlich festlegen. Man kann sich da auf irgendwas einigen, aber dadurch wird es nicht zur Wahrheit, sondern es ist dann einfach die gegenwärtige wissenschaftliche Ansicht.

    Letztendlich ist also - wie Wolfgang schon schreibt - das Konzept einer "Familie" nur ein Fantasieprodukt der Menschen, um Struktur ins Chaos zu bringen. Dadurch aber nicht weniger nützlich, man muss sich einfach damit abfinden dass es nichts Eindeutiges und Endgültiges ist.


    Noch zum Begriff "Tricholomataceae s.l." bei Winkler/Keller: Das dient den Autoren zur Strukturierung ihres Buches, und um sowohl "klassischen" als auch "modernen" Lesern einen Zugang zu ermöglichen. Sie berücksichtigen sowohl die klassische Grossfamilie Tricholomataceae (darum s.l.), die auf morphologischen Merkmalen basiert, aber dann auch die neue/breitere Aufteilung aufgrund genetischer Erkenntnisse.


    Lg Raphael

    Hallo zusammen


    Das hier könnte für Entoloma-Interessierte spannend sein. Letzten Herbst habe ich in einem Trockenrasen unter verschiedenen Büschen ein Entoloma gefunden, das ich nicht bestimmen konnte. Die Sequenzierung hat nun ergeben, dass es sich um das kürzlich neu beschriebene Entoloma coracis handelt:


    Entoloma coracis am Standort


    Sporen


    Cheilozystiden


    HDS


    Gruss Raphael

    Hallo Kai


    Ich meine noch einige Fehler in den Schlüsseln gefunden zu haben:


    Schlüssel 4.3:

    27* und 32 verweisen beide auf Ziffer 32.

    Und nirgends auf Ziffer 34 verwiesen.


    Schlüssel 4.4:

    6* und 8* verweisen beide auf 8. Ich vermute 8* müssen auf 9 verweisen.


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Danke für all die Inputs. Ich habe nun eine neue Messung gemacht, ohne diese merkwürdigen Sporen. Und nur solche, wo man die typische Form sieht, und der Apikulus im Schärfebereich sichtbar ist. Damit komme ich auf Werte die sehr gut zur Beschreibung passen:

    8.2-9.5 x 7.2-8.8 µm, Q=1.0-1.2


    Nun zu den Kaulozystiden: Diese morphologische Abweichung liess mir keine Ruhe, also habe ich das Material noch ein zweites Mal ausgepackt und untersucht. Mit viel Geduld konnte ich dann doch einige Kaulos finden. Auch wenn die unspezifischen, keuligen Elemente deutlich in der Überzahl sind. Bitte entschuldigt die schlechten Bilder.




    Ich denke nun passt alles zusammen.


    Gruss Raphael

    Hallo Kai


    Danke für das Feedback.


    Was die Sporen angeht: Ich muss nochmal präzisieren wie ich da gemessen habe. Bei normalen Rötlings-Sporen ist mir das klar, aber bei diesen kubusförmigen bin ich unsicher.

    Ich habe nur solche gemessen, wo der Apikulus seitlich sichtbar ist. Dann natürlich ohne Apikulus, und so gut es geht nicht die Diagonale gemessen.



    Im Bild die zwei anderen Sporen sind offensichtlich kleiner (8-8.5 µm), aber man sieht den Apikulus nicht. Hätte ich die trotzdem berücksichtigen sollen?


    Gruss Raphael

    Hallo zusammen


    Ich habe meine Kollektion nun sequenzieren lassen.

    Das Ergebnis zeigt eine Übereinstimmung von über 99% mit fünf Kollektionen von Entoloma rhombisporoides, alle aus dem Paper Noordel. et al. 2022. Darunter auch die Sequenz des Holotyps.


    Gruss Raphael

    Hallo Kai


    Ah, dieses Paper hatte ich noch nicht, das klärt natürlich alles auf. Vielen Dank.

    Immer wieder erstaunlich, wie variabel die mikroskopischen Merkmale bei einigen Arten sein können.


    Ich hänge mal die Beschreibung von E. heterocystis an. Die Zeitschrift erscheint nicht mehr, der Artikel wurde vor fast 30 Jahren gedruckt, ich hoffe es stört niemanden. Falls doch, lösche ich es natürlich wieder.


    Viele Grüsse

    Raphael




    Hallo zusammen


    Ich habe hier noch einen zweiten Rötling, an dem ich mir die Zähne ausbeisse.

    Habitat gleich wie bei E. subcuboideum (er wuchs direkt daneben): Magere Waldwiese, Picea, Pinus, Betula in Reichweite.

    Möglicherweise auch Flaumeichen, die gibt es in dem Wald auch, ich weiss aber nicht ob eine in der Nähe wuchs.

    750m auf Kalk.


    Durchmesser bis etwa 15 mm. Lamellen meist mit Zahn herablaufend. Hut schwach genabelt. Geruch mehlig.


    Stiel auf ganzer Länge fein überfasert.


    Sporen heterodiametrisch, recht gross, etwa 10.5-13 x 8.5-9.5 µm. Teilweise eher wellig-höckerig als eckig.


    Zuerst dachte ich die Basidien seien rein 2sporig.


    Später fand ich dann aber auch 4sporige Basidien, etwa 50/50 gemischt am gleichen Fruchtkörper.

    Schnallen an der Basidienbasis vorhanden, aber selten und schwer zu finden.


    Cheilozystiden vorhanden, nicht viele, aber in jedem Präparat konnte ich welche finden. Einige davon zylindrisch oder subfusiform.


    Meistens aber deutlich kopfig.


    An der Stielspitze findet man viele kaulozystoides Elemente, zylindrisch oder leicht kopfig.


    HDS mit schwachem, intrazellulären Pigment. Keine Inkrustationen, auch nicht in der Subkutis.


    Nun habe ich hin und her geschlüsselt und habe viele Arten in Betracht gezogen, aber keine passt so richtig:

    - E. queletii ist 4-sporig, sollte keine Schnallen haben, und eine sterile Lamellenschneide.

    - E. cettoi könnte mikroskopisch einigermassen passen, ist aber auch 4-sporig, sollte aber nicht so kräftig gefärbt sein, und gehört eigentlich in den mediterranen Raum

    - E. heterocystis würde in vielerlei Hinsicht auch gut passen, hat aber keine Schnallen und ist 4-sporig. Leider ist in der Mic. Veget. Medit. keine Abbildung.

    - E. cremeoalbum hätte gemischt 4-/2-sporige Basidien, aber teils inkrustierte Hyphen und ist auch nicht so kräftig gefärbt (ob immer so?).


    Vielleicht sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und übersehe irgendeine andere Art. Was meint ihr?


    Viele Grüsse

    Raphael

    Hallo Kai


    danke dir!

    Ich habe noch rasch die Stielrinde angeschaut, keine Plagues vorhanden.


    E. subcuboideum passt somit, bis auf die Pleurozystiden.

    Habt ihr solche Pleurozystiden auch an anderen Kollektionen beobachtet? Ich finde nirgends einen Hinweis darauf.

    Ich konnte nur nahe an der Schneide welche finden, ist das taxonomisch ohne Relevanz?


    Viele Grüsse

    Raphael

    Hallo zusammen


    Ich habe heute in meinem Hauswald einen Rötling gefunden, der mich in den Wahnsinn treibt.

    Habitat: Magere Waldwiese mit einzelnen Birken in einem Föhren/Fichten-Wald auf Kalk, ca. 750m (Pfynwald im Süden der Schweiz).



    Stiel leicht faserig, bei älteren Exemplaren poliert und nur noch am Apex etwas bereift-filzig.


    Sporen rhomboid und pentagonal (im Bild auch eine Fremdspore von einem anderen Rötling)


    Sporenmasse etwa 9-10.5 x 9-10 µm.

    Basidien viersporig, mit Schnallen.


    Schneide dicht gepackt mit leicht dickwandigen Cheilozystiden, fast steril, dazwischen nur einzelne Basidien.


    Die Zystiden haben teilweise einen stark gestreckten, teils eingeschnürten Apex, etwa 40-90 µm lang.


    Ärgerlich: Im Lamellenschnitt findet man mühelos Pleurozystiden, hier etwa 200 µm von der Schneide entfernt.


    Die Kaulozystiden sind ja in der Gruppe wichtig. Am Stielapex gibt es massenhaft keulige Zellen, die wohl eher unspezifisch sind. Aber hier und da, vielleicht 1% der Kaulos, gibt es eine mit gestrecktem Apex, wie die Cheilozystiden.


    Die HDS ist unspektakulär mit intrazellulärem Pigment.


    Wenn ich nun nach FE 5b versuche zu bestimmen, komme ich zu keinem klaren Ergebnis:


    Angenommen, ich lasse die wenigen Kaulozystiden als differenziert gelten:

    Dann komme ich auf E. rhombisporoides, das aber nur wenige, unauffällige Cheilozystiden haben sollte.


    Wenn ich die wenigen Kaulozystiden als unspezifisch einstufe, habe ich drei Kandidaten:

    - E. perrhombisporum sollte nur wenige pentagonale Sporen haben, in meiner Kollektion sind die sehr häufig

    - E. subcuboideum gefällt mir fast am besten

    - E. pratulense passt vom Habitat her nicht

    Bei all diesen Kandidaten sind keine Pleurozystiden erwähnt.


    Irgendwie passt das alles nicht zusammen, deshalb hoffe ich dass mir hier jemand helfen kann.


    Viele Grüsse

    Raphael

    Hallo Rika


    Beim Knopfstieligen Rübling ist es noch schlimmer...


    Von 1889 bis 1997 gehörte er zu Collybia oder Marasmius, je nachdem ob man Kummer oder Karsten glauben wollte.

    1997 wurde er ein Gymnopus. Dafür hatte ich noch halbwegs Verständnis.

    2019 wurde daraus ein Zwergschwindling, Marasmiellus :/

    2021 wechselt er zu Collybiopsis

    to be continued...


    Ich hoffe immer, dass die Umkombinierungen erstmal aufhören, sobald eine Gattung einmal gründlich durchsequenziert wurde.

    Scheint aber nicht immer der Fall zu sein...


    Gruss Raphael

    So, hier noch die zweite Kollektion. Sie wuchs etwa 20 Meter entfernt:


    Ich weiss, eine jämmerliche Kollektion. Normalerweise würde ich die nicht mitnehmen, aber für dieses Kartierungsprojekt kann ich alles bei Bedarf sequenzieren lassen. Drum wollte ich ihnen eine Chance geben. Der Hut ist hier eher feinschuppig, keine Tendenz zu strähnigen Fasern.


    Mikroskopisch ist fast alles identisch zu sein, bis auf feine Unterschiede in der HDS:

    Hier ist das Pigment weniger intensiv braun:


    Ich meine, dass die beiden Kollektionen zur gleichen Art gehören.


    Gruss Raphael