Hallo zusammen,
heute möchte ich einmal über einen interessanten Fund während meins Schottlandurlaubs berichten.
In der Nähe von Aviemore in den schottischen Highlands. Wir
bezwingen den 810 m hohen Meall a‘
Bhuachaille (wessen gälisch etwas eingerostet ist – es wird Meal a
wuhkal ausgesprochen und bedeutet so
viel wie Berg des Schäfers). Dann, auf dem Abstieg auf der anderen Seite des
Berges, kurz unterhalb des Gipfels und immer noch oberhalb der Baumgrenze eine
Überraschung: dort stehen Pilze! Und gar nicht mal so wenige.
Beim Näherkommen entpuppen sich diese als Rotkappen. Schon
liegt man mal wieder platt auf dem Bauch und macht Bilder. Die damit verbundene
Nähe zum Pilz bzw. dem Boden lässt dann urplötzlich die Frage aufkommen, womit
diese Rotkappen verflixt noch mal eine Mykorrhiza bilden, denn Bäume sind weit
und breit nicht zu sehen. Ringsumher ist lediglich sehr niedrige Heide, ebenso
niedrige Heidelbeeren und eine preiselbeerähnliche Pflanze, die ich nicht
einzuordnen weiß.
Ich schnappe mir ein mittleres Exemplar für weitere Studien
und mache mich an den langen Abstieg, anfangs von immer noch weiteren
Exemplaren der Rotkappen begleitet, bis dann der Pilzsegen (immer noch über der
Baumgrenze) so langsam versiegt und die Heide wieder höher steht.
Zu Hause dann der Blick in die zwei mitgebrachten
Pilzbücher. Hm, die „Heiderotkappe“ ist die altbekannte Leccinum versipelle,
wobei die auch gebräuchliche Bezeichnung "Birkenrotkappe" auf das Vorkommen unter eben
jenem Baum explizit verweist. Aber da
waren eben keine Birken, geschweige denn andere Bäume. Ich bin ratlos. Da fällt
mir mein Retter in der Not ein. Mein „Backoffice“, der stets geduldige und mir
mit Rat und Tat zur Seite stehende Andreas Kunze. Also schnell mal ein paar
Fotos per WhatsApp nach Deutschland geschickt und Andreas mit meiner Theorie
einer Mykorrhiza dieser Rotkappe mit Heide konfrontiert.
Andreas vermutete das Vorkommen einer Zwergbirke (Betula
nana) und wir schauten uns die Nahaufnahmen von der Vegetation akribisch genau
an, aber die Zwergbirke war partout nicht aufzuspüren. Ich hatte eine solche
vor Ort auch nicht bemerkt. Allerdings hielt Andreas die Mykorrhiza einer
Birkenrotkappe mit Heide für unwahrscheinlich und schlug daher vor, die
Facebookgruppe der britischen Pilzler zu Rate zu ziehen. Während Andreas dies
tat, nachdem ich ihn mit einigen weiteren Detailaufnahmen versorgt hatte,
tauchten vor meinem geistigen Auge Bilder von britischen Mykologen auf, mit
Bussen anreisend und auf Knien den Berg nach Zwergbirken absuchend….
Inzwischen kam ein erster Vorschlag von Andreas: Leccinum
rotundifoliae, die mit Betula nana und Betula humilis Mykorrhiza bildet.
Allein, die Birken, wie klein auch immer, mussten ja erst mal da sein und ich
sah mit schon zum zweiten Mal den doch recht anstrengenden Aufstieg bewältigen.
Der Ansatz mit den Zwergbirken hatte mich auch nicht wirklich überzeugt, da die
Hutfarben einen sehr dunklen Ton, deutlich dunkler als das übliche leuchtende
Orangerot der Birkenrotkappen aufwiesen. Diesen Ton hatte ich allerdings bei
Fichtenrotkappen schon gesehen.
Während ich die mitgenommene Rotkappe aufschnitt und die nur mäßige und langsame Grauverfärbung des Fleisches dokumentierte (im Bild nach mehr als 2 Stunden, viel mehr passierte auch nicht), kam Andreas schließlich anhand des Hinweises auf die preiselbeerähnliche Pflanze dem Rätsel auf die Spur. Er vermutete, dass es sich bei dieser um die echte/immergrüne Bärentraube handelte (Arctostaphylus uvaursi), ein Heidekrautgewächs und Symbiosepartner der Fuchs/Nadelwaldrotkappe Leccinum vulpinum, mir als Fichtenrotkappe bekannt und in Schottland schon des öfteren begegnet.
Einige Tage später fand ich weitere Exemplare dieses schönen
Pilzes, nun ordentlich "wie es sich gehört" in einem Wald unter Fichten.
Das aufgeschnittene Exemplar konnte ich als Belegexemplar
aufbewahren, da ich dieses Mal Sorge dafür trug, dass diesem nicht das gleiche
widerfuhr wie meinen anderen Proben, die diesen schottischen Räubern zum
Opfer fielen (man beachte das verschlagene Grinsen des rechten Diebes).
Alles in allem eine tolle Erfahrung. Nochmals vielen lieben Dank an Andreas, der vielleicht noch Lust hat, den ein oder andern ergänzenden Kommentar abzugeben.
Viele Grüße von
Babett