"Meruloide Ölhaut" – Meruliopsis corium

  • Hallo miteinander!


    Vor ein paar Tagen begegnete mir beim Stöckchendrehen dieser ausgedehnt wachsende Rindenpilz. Eigentlich hat er viele markante Merkmale, aber ich scheitere wieder mal bei der Bestimmung (mir steht hierfür nur GpBW Bd. 1 zur Verfügung). Wo ist nur mein Knackpunkt beim Schlüsseln? Das Präparieren fürs Mikro hat diesmal ganz gut geklappt, auch ohne KOH, nur in Wasser. Langsam bekomme ich Übung...


    Fundort:

    Hainbuchen-Eichen-Mischwald mit eingestreuten Linden, Buchen, Ahorn und Weiden; basischer Untergrund; 540 m üNN.

    Auf der Unterseite und seitlich an liegendem Laubholzast, vermutlich Buche, Ø ca. 5 cm, etwa 1 m lang.


    Makro-Merkmale:

    • durchgehende Fruktifikation von über 50 cm Länge, das untere Drittel des Astdurchmessers umwachsend
    • am oberen Rand feine Hütchen bildend ––> bis 1 cm abstehend, Oberseite: flaumig-striegelig, gezont, weißlich
    • Hymenophor gefaltet-meruloid (ich kann das jung nicht als irpicoid bezeichnen, in "alten" Teilen vllt. schon, siehe Fotos – vermtl. einer meiner Schlüssel-Knackpunkte?), jung cremefarben, älter fleischrot-bräunlich
    • Rand weiß flauschig, Gesamtdicke 0,5 mm, läßt sich älter papierartig vom Substrat abziehen
    • KOH 20%: gelbbräunliche Verfärbung



    Auflicht 20x: links (jung) faltig-meruloid, rechts (älter) eher irpicoid


    Flauschige "Haare" am Rand, 20x


    Links: Oberseite der gezont + striegeligen Hütchen; rechts: filzige Unterseite der abgezogenen Fruktifikation, beide 20x


    Da ich hier nur noch ein Bild unterbringen kann, gibt es gleich eine Fortsetzung in meiner "Antwort": Die Mikro-Merkmale + Fotos dazu, dann ist alles beieinander.


    Bis gleich – Rika

  • So, hier die Forstetzung:


    Mikro-Merkmale:

    • keine Schnallen
    • Zystiden? Wenige dünnwandige verbogen-schlanke "Hyphenenden" im Hymenium, manchmal gegabelt
    • deutliches Subiculum aus dickwandigen, mäßig verzweigten, septenlosen Hyphen, mit bevorzugter Richtung (Textur)
    • Subhymenium dünnerwandig, knorrig, verzweigt, mit Septen
    • Flauschiger Rand: lange, wenig verzweigte Hyphen mit runder Spitze, gelegentlich septiert
    • Sporen: zylindrisch bis leicht allantoid oder auch lang-ellipsoid, mit kurzem Appendix, glatt, hyalin, Melzer negativ – aber Sporen kollabieren!
    • Sporenmaße: 6,4...8,0 x 2,8...3,2 µm, Q = (2,1)2,3...2,5(2,8); im Mittel 7,3 x 3,0 µm, Q = 2,4, n =17
    • Basidien: 4-sporig, meist kurze Sterigmen (aber eine mit langen Sterigmen gesehen?!), lang-keulig, 26 x Ø 5 µm (nur eine gemessen)
    • Jetzt zu dieser Öl-Geschichte: Auf den Hyphen am Rand + Unterseite befinden sich Auflagerungen, teils eckige Inkrustierungen, aber meist runde Öl(?)tröpfchen. Im Subhymenium + zwischen den Basidi(ol)en gibt es sehr viele dieser Tröpfchen. Beim Quetschen tritt massenhaft dieses Öl aus, bildet nicht nur Tropfen, sondern auch blöde Schlieren, die einem die Sicht nehmen. Auch ohne Quetschen vermehrt sich dieses Öl im Laufe der Zeit – ich vermute, dass meine heiße Glühfadenlampe am Mikro dies bewirkt. Daher mein Arbeitsname "Meruloide Ölhaut".

    Links: Schnitt 80x (Sichtfeld-Ø 1600 µm); rechts: Subiculum + Hymenium mit dicken Öltropfen 320x (Sichtfeld-Ø 400 µm)


    Links: Rand"haare" 320x; rechts: inkrustierte Hyphen mit Schnalle der Unterseite, Zoom aus 320x


    Weitere Hyphen-Typen 320x:


    Subhymenium mit Basidiolen, Basidie, beide 800x (Sichtfeld-Ø 160 µm)


    Sporen: links in Wasser, rechts kollabiert in Melzer (800x)


    Bei der Interpretation mono-/di-/trimitisch tu´ ich mir immer noch schwer, aber monomitisch kann das ja nun nicht sein. Bei noch einem Punkt habe ich Schwierigkeiten: Wie erkenne ich (den Unterschied zwischen) Zystidien/Hyphidien???


    Es gäbe noch eine Menge weiterer Bilder, z.B. von den Vielleicht-Zystiden, von noch viel mehr Öl in Tropfen und Schlieren, Schnitt durchs Subiculum in 800x... Aber vermutlich wissen "die alten Rindenpilz-Hasen" eh schon, was ich da gefunden habe!? Hilft mir jemand auf die Sprünge?


    Danke & eine gute Nacht – Rika

  • Guten Abend Abeja,


    Du hast mal wieder eine Punktlandung geschafft – vielen Dank! Der Lederfältling passt perfekt!


    Nun habe ich nachgeschaut, warum ich beim GpBW-Schlüssel nicht zum Ziel gekommen bin:


    (1) Beurteilung des Hyphensystems – GpBW-Generalschlüssel Frage 18: Das hatte ich ja schon befürchtet und deshalb mono- wie auch dimitisch weiterverfolgt. Im Ryvaren nachzulesen hat mir auch nicht allzu viel gebracht – leider sind die Zeichnungen der Hyphentypen unvollständig, und im Text steht, dass die Beurteilung nicht einfach ist... Um seinen Worten wirklich folgen zu können, müsste man eine Hyphe komplett durch die gesamte Fruktifikation hindurch verfolgen und seine Entwicklung sehen können = zumindest für mich bisher utopisch. Ich hatte ja dickwandige, wenig verzweigte, unseptierte(!) generative(?!) Hyphen, aber eben auch dünnwandige, lange Hyphen mit Septen und das knorrige, starkverzweigte, septierte Zeug, aus dem sich die Basidien bilden. In der PFE hält man sich bezüglich des Hyphensystems auch vornehm zurück ;-).


    (2) Erkennen von (Septo-)Zysti(di)en – GpBW-Generalschlüssel Frage 25: siehe oben in meinem 2. Beitrag im vorletzten Absatz.


    (3) Selbst wenn ich nun in den richtigen Schlüssel 10 abbiege, kommt nun die KO-Hürde bei Frage 5, ich zitiere (das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen): 5 Hymenium merulioid bis poroid ––> 6; 5* Hymenium glatt ––> Meruliopsis! Okay – ich hätte checken müssen, dass das Blödsinn ist.


    Zu dem vielen Öl: Die "oil drops" in Deinem zweiten Link beziehen sich auf den Sporeninhalt, zumindest konnte ich nirgends sonst was drüber finden, auch auf den Bildern ist da nix entsprechendes zu sehen, nur eckige Krusten. In GpBW sowie PFE steht dazu auch nichts, auch nicht über gegabelte Zystiden...


    Tja, das Fazit lautet: bessere Bestimmungsliteratur...


    Herzliche Grüße – Rika

  • UmUlmHerum

    Hat den Titel des Themas von „"Meruloide Ölhaut"“ zu „"Meruloide Ölhaut" – Meruliopsis corium“ geändert.
  • Hallo Rika,

    ich habe die Art erst nur beim Mitlesen hier und da kennengelernt - und als ich sie dann selbst fand, kam mir das Erscheinungsbild immer recht eindeutig vor, auch beim "vergleichenden Bildergucken" ;) : einerseits dieses Hymenium und dann aber auch die Hutkantenbildung mit flauschiger Oberseite.


    Was aber die Schlüssel in der Literatur betrifft, oje ... das klingt ja kompliziert und dann auch noch uneindeutig.

    Ich könnte mir diesen komischen Schlüsselschritt mit dem Hymenium (glatt oder nicht) so vorstellen:

    Diese Art schafft es durchaus, in ganz jungem Zustand ziemlich glatt zu wirken, nur minimal gerunzelt. Angeblich soll die Fruchtschicht auch beim Eintrocknen glatt(er) erscheinen können. So hochgradig meruloid bis fast poroid habe ich die Art selbst noch gar nicht gefunden. Um diese glattere Option überhaupt mit verschlüsseln zu können (in einem dichotomen Schlüssel), muss man das wahrscheinlich abgrenzen gegenüber den Arten, die das nicht machen, d.h. die "in jeder Lebenslage" meruloid sind.

    Trotzdem ist das höchst verwirrend, wenn man nicht die ganze Bandbreite schon mal gesehen hat.


    Zur Frage monomitisch, dimitisch usw. - so wie ich das verstehe (hoffentlich richtig):

    Die Art soll ja "monomitisch" sein und das, obwohl man hier optisch "unterschiedliche" Hyphen sieht (Wandstärke, Kristalle, Verzweigungsmuster, Dichte). Diese Erscheinungsformen sind aber in unterschiedlichen Schichten des Fruchtkörpers (im Schnitt, nacheinander) zu sehen.

    Dimitisch wäre, wenn zwischen den generativen Hyphen auch dickwandigere Skeletthyphen wären - also "Stützkonstruktionen" - aber untergemischt am gleichen Ort.


    Kristalle und Öl

    Ich denke, das könnte damit zu tun haben, wie aktiv gerade der Stoffwechsel ist, in welchem Entwicklungsstadium der Pilz ist, wie feucht er ist usw..

    Wenn z.B. diese "Kristalle" entstehen (woraus bestehen die überhaupt? Weiß man das?), dann sind da mit Sicherheit vorher "flüssigere" Stadien im Stoffwechsel, aus den Flüssigkeiten fallen dann Feststoffe aus und lagern sich an.

    In der o.g. engl. Seite wurde auch gesagt, dass die Kristalle recht lose sind, nicht besonders anhaften an den Hyphenwänden.

    Und wenn die Sporen Öltropfen enthalten, dann muss der Pilz bei der Sporenbildung (bei dieser "Abschnürung" an den Basidien) diese öligen Substanzen "irgendwie und irgendwo" auch mit produzieren.


    Bei diesen Mikrobildern werden auch "ölige Sekretionen des Hymeniums" (secreciones aceitosas del himenio) gezeigt:

    Byssomerulius corium
    microshongosgarciabona.blogspot.com


    PS. siehe PN


    VG

    abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo Rika,


    trockne den Pilz mal! Dann verschwindet das labyrinthische Hymenium. Wenn du den Pilz dann wieder ins Wasser legst, erscheint die anfängliche Struktur wieder. Der Lederfältling ist sozusagen der "Schwindling" unter den Rindenpilzen. Ich hatte dies einmal ausprobiert und es hat funktioniert.


    Viele Grüße aus Ehingen

    Christian

  • Nachdem die Fortsetzung dieses Threads ins digitale Nirwana entschwunden ist, möchte ich bei späteren Lesern nicht den Eindruck vermitteln, ich sei unhöflich und hätte nicht geantwortet. Mit Abeja habe ich mich persönlich ausgetauscht, meine Antwort an Christian hier:


    Hallo Christian,


    merci für Deinen Hinweis!

    Dass in einem Schlüssel von Exsikkat-Eigenschaften ausgegangen wird, hatte ich nicht auf dem Radar.


    Nun habe ich meine inzwischen staubtrockenen Belege mit 20x-Auflicht angeschaut:

    Maximal 20% des Hymeniums ist tatsächlich "± glatt" (Zitat GpBW Bd.1, Schlüssel 10, Frage 5* ––> Meruliopsis) – 1. Foto; weitere ca. 50% weisen deutliche "Wellen" auf – 2. Foto; die restlichen 30% sind nachwievor klar (netzartig-)faltig – 3. Foto:



    Ergänzung zum besseren Verständnis aus #4:

    Zitat aus dem Schlüssel 10 (GpBW Bd.1, S. 142)

    5 Hymenium merulioid bis poroid ––> 6

    5* Hymenium glatt ––> Meruliopsis


    Daraus folgt für mich, dass die Kriterien an dieser Stelle im Schlüssel nicht wirklich "glücklich" gewählt sind. Auch wenn ich nachlese, wie sich die nachfolgend ausgeschlüsselten Gattungen darstellen, sehe ich Verbesserungsbedarf. So hätte man z.B. einen Großteil der Gattungen/Arten über die Zystidenform (pfriemförmig, kopfig, weder-noch, dünn- vs. dickwandig) unterscheiden können. Die Gattung Athalia wird im Text S. 154 mit "Oberfläche des Hymeniums feucht zuweilen leicht runzelig-faltig, trocken stets glatt..." beschrieben = Widerspruch zu Schlüsselfrage 5, vor allem im Vergleich zu den Lederfältlingen. Hinzu kommt, dass sich in dieser Gattung nur 2 Arten ohne Schnallen befinden, und bei diesen die Sporenform anders ist (deutlich breiter / nicht allantoid wie bei Meruliopsis). Über die nächste artenreiche Gattung Phanerochaete steht auf S. 283: "Bcarp. resupinat ... glatt, warzig oder zähnchenförmig," = also nicht merulioid – siehe oben, erneuter Widerspruch zu Schlüsselfrage 5. Für die beiden Gattungen trifft wohl zu, dass sie rein resupinat sind, also weder Hütchen bilden noch einen flauschigen Rand bilden.


    Tja, das erneute Fazit lautet wiederum: ich brauche bessere Bestimmungsliteratur...


    Viele Grüße – Rika

    Einmal editiert, zuletzt von UmUlmHerum () aus folgendem Grund: Ergänzung: Zitat aus Schlüssel

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