Pilzsporen giftig?

  • Hallo zusammen,


    Ein Zitat von http://www.mykopedia.org/pilze_sammeln


    Einige Arten sind so stark giftig, dass bereits deren Aussporen auf andere Pilze im Korb bedenklich ist.



    Ist diese Aussage korrekt? Wird das gelehrt?
    Dass ein Korb, in dem Giftpilz(e) zwischen Speisepilzen gefunden wird, komplett entsorgt wird (also ohne Korb ;) ist mir bekannt. Aberich führte dies darauf zurück, dass sich Giftpilzfragmente zwischen den essbaren unerkannt verstecken könnten.


    Wenn obiges Zitat zutrifft, wäre eigentlich sogar ein Geruchstest problematisch..?


    LG, Jens








  • Hallo Jens,
    ich halte das Aussporen für unbedenklich, da kommen doch wirklich nur kleinste Mengen zusammen, kannst ja mal probieren wie lange es bei einem Sporenabwurf zuhause dauert bist du ein Gramm zusammen bekommst. Zumal ja im Wald auch oft Speise- und Giftpilze nebeneinander wachsen und dadurch ja auch nicht automatisch giftig werden,
    viele Grüsse
    Matthias

  • Hallo Jens,


    nicht alles glauben was geschrieben steht ;)


    Die Giftmenge in einem Sporenabwurf kann man getrost vernachlässigen, zumindest was spürbare negative gesundheitliche Folgen betrifft.


    Es gibt eine Studie eines türkischen Mykologen, bei dem die einzelnen Teile von Amanita phalloides und Amanita phalloides var. alba untersucht wurden. Dabei wurde festgestellt, dass die Sporen einen äußerst geringen Amanitin- und Phalloidingehalt aufweisen, nämlich nur etwa 1-3 % des Gehaltes von Hut, Lamelle oder Stiel. Der Studie nach enthält 1 Gramm Sporenpulver 0,09 Gramm alpha-Amanitin.
    Die letale Dosis von alpha-Amanitin beträgt 0,1 Gramm pro Kilo Körpergewicht. Selbst bei einem 18 Monate alten Kleinkind (= 10 kg Körpergewicht) müssten dann 10 Gramm Sporenpulver verzehrt werden, um die letale Dosis zu erreichen!


    Natürlich sind auch Schädigungen unterhalb der letalen Dosis zu vermeiden! Dennoch wird selbst ein mehrstündiges Absporen eines Knollenblätterpilzhutes nicht genügend Pilzsporen auf andere Pilze bringen, dass Kinder oder Erwachsene sich damit ernstlich vergiften könnten. Insbesondere wenn man in Betracht zieht, dass die Sporen zum allergrößten Teil sowieso nicht vom Verdauungstrakt aufgeschlossen werden. Bei den Zellen des normalen Hyphengewebes von Pilzen geht man davon aus, dass ca. 10 % aufgeschlossen werden können. Bei Sporen dürfte diese Quote noch deutlich niedriger sein, denn man kann sie im Erbrochenen und selbst im Kot noch nachweisen, was mit allen anderen pilzlichen Fruchtkörperteilen nicht mehr möglich ist. So gesehen müsste unser exemplarisches Kleinkind also nicht nur 10 Gramm Sporenpulver zu sich nehmen, sondern 100 Gramm, da ja bestenfalls 10 % der Zellen aufgeschlossen werden.


    Anbei noch eine Exceltabelle mit den Ergebnissen der türkischen Studie. Die Original-Quelle kann ich leider nicht angeben, ich habe sie vor längerer Zeit aus einer Veröffentlichung im mycologia-europaea-Forum herauskopiert, wo sie der Autor vorgestellt hatte.


    beste Grüße,
    Andreas


    P.S.: Interessanterweise kam die türkische Studie zum Ergebnis, dass die var. alba ein nur etwa halb so starken Gehalt an Amanitin und Phallotoxin aufweist im Vergleich zur nicht-albinotischen Form. Ob dies natürlichen Schwankungen der Art zuzuschreiben ist, oder ob der Stoffwechsel der pigmentlosen Exemplare tatsächlich anders ist, wäre an weiteren Untersuchungen zu belegen.

  • Hallo zusammen,


    Vielen Dank für die erklärenden und Andreas auch für die besonders umfangreiche Antwort. Mit der Excel-Tab hat's wahrscheinlich nicht geklappt... Ist aber auch nicht elementar. Die von euch aufgeführten Fakten lassen jetzt wohl jeden zum gleichen Ergebnis kommen:

    kurzes Schnüffeln bedenkenlos erlaubt!


    LG und nochmals Danke,
    Jens

  • Hallo in die Runde,


    Es gibt eine Studie eines türkischen Mykologen, bei dem die einzelnen Teile von Amanita phalloides und Amanita phalloides var. alba untersucht wurden. [...] Die Original-Quelle kann ich leider nicht angeben, ich habe sie vor längerer Zeit aus einer Veröffentlichung im mycologia-europaea-Forum herauskopiert, wo sie der Autor vorgestellt hatte.


    das könnte in diesem Aufsatz publiziert worden sein:
    http://www.sciencedirect.com/s…cle/pii/S0041010113003942


    Gruß, Andreas

  • Hallo,


    natürlich hätte es mit der EXCEL-Tabelle schon geklappt - wenn ich denn dran gedacht hätte sie anzuhängen......
    Da .xls keine erlaubte Dateiendung ist, habe ich einen Screenshot als jpg angefertigt.


    Der von AK_CCM zitierte Artikel ist zwar von den von mir gemeinten Autoren, enthält aber nur die Werte der var. alba. Die Werte von var. phalloides sind an anderer Stelle publiziert worden.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo zusammen,


    danke für die Tabelle mit den Messwerten.


    Der von AK_CCM zitierte Artikel ist zwar von den von mir gemeinten Autoren, enthält aber nur die Werte der var. alba. Die Werte von var. phalloides sind an anderer Stelle publiziert worden.


    zumindest wird auf den Seiten 231-232 der Gehalt von Alpha-, Beta- und Gamma-Amanitin sowie Phalloidin und Phallacidin aufgeschlüsselt nach den Fruchtkörperbestandteilen Hut, Lamellen, Stiel, Volva und Sporen, aber auch nach der gesamten Fruchtkörpermasse getrocknet und frisch als Balkendiagramm visualisiert.


    Wen die Arbeit interessiert: Mehl an mich.


    Gruß, Andreas

  • Hallo Andreas



    zumindest wird auf den Seiten 231-232 der Gehalt von Alpha-, Beta- und Gamma-Amanitin sowie Phalloidin und Phallacidin aufgeschlüsselt nach den Fruchtkörperbestandteilen Hut, Lamellen, Stiel, Volva und Sporen, aber auch nach der gesamten Fruchtkörpermasse getrocknet und frisch als Balkendiagramm visualisiert.


    nur von Amanita phalloides var. alba, oder auch von var. phalloides? Wenn letztere auch mit in diesem Artikel als Vergleich gezeigt werden, dann meinte ich genau diesen Artikel.
    Möglicherweise sind die Werte von var. phalloides schon vorher mal woanders gezeigt worden.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo Andreas G.,


    Es werden beide gezeigt und damit scheint es der von dir gemeinte Artikel zu sein.
    Ausserdem wird eine Gen-Sequenz von beiden gezeigt, in denen ich keinen Unterschied der Basenpaare entdeckt habe. Die var. alba scheint sich in dem Gen-Abschnitt jedenfalls nicht zu manifestieren.


    LG, Jens

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