Giftige Pflanzen -> Giftige Pilze

  • Hallo zusammen,


    im Nachbarforum gab es mal eine Diskussion zu Vergiftungen durch Mykorhiza Pilze, in diesem Fall Steinpilze, die unter giftigen Pflanzen, hier Eiben, wuchsen.


    Giftige Pilze? - Pilzforum.eu
    "Jung und von ungiftigen Bäumen essbar" stand bei einer Pilzbeschreibung im Internet. Demnach muss man beim Pilzesammeln nicht nur auf giftige Pilze, sondern…
    www.pilzforum.eu


    Für mich wurde das Thema gestern aktuell, als ich wunderschöne Steinpilze, die mutmaßlich mit einer nahestanden Buche zusammenleben, direkt unter Eibe fand. Ich habe vom Verzehr u.A. Aufgrund der Diskussion abgesehen und kann damit auch zukünftig gut leben :D


    Aber ich frage mich, ob es offizielle Empfehlungen oder Erkenntnisse der DGfM hierzu gibt, auch für PSV, die im Zweifel gar nicht wissen können, was so im Umfeld des vorgelegten Sammelgutes alles wuchs?


    Freue mich auf Rückmeldung.


    Viele Grüße

  • Hallo Compris,


    auch hier gab es dazu Diskussionen mit verneinenden Ergebnissen.



    Berndt - Stadler DGfM-Mitteilungen 2017-1.pdf


    Beste Grüße

    Stefan

  • Hallo Stefan,

    danke für die Links. Ich habe verstanden, dass Pilze die Giftstoffe aus Pflanzen wie Eibe oder Robinie nicht aufnehmen, nicht einmal dann, wenn sie diese Pflanzen verzehren. Für Symbiosepilze gibt es folglich noch weniger Verdacht. Kann man den Stand der Erkenntnis so zusammenfassen?


    VG

  • Hallo Compris,


    ich möchte - etwas abschweifend vom eigentlichen Thema - etwas zur Giftigkeit der Eibe ergänzen. Im o.g. verlinkten Thread im Pilzforum wurde die Seite von Botanikus.de erwähnt. https://www.botanikus.de/infor…en/alle-giftpflanzen/eibe


    Darin wird sich sehr gewundert, warum so ein hochgiftiges Gewächs z.B. in der Nähe von Kindergärten etc. angepflanzt steht. Dosismengen, ab wann eine gefährliche oder tödliche Vergiftung eintritt, sind dort aber nicht nachzulesen, nur in Bezug auf Tiere.


    Ich bin auch im Pflanzenbestimmungsforum aktiv, da kam kürzlich von neuen Haus-mit-Garten-Besitzern eine Anfrage zu einem selbst nicht eindeutig bestimmbaren Nadelbaum (es war eine Eibe), weil kleine Kinder im Haushalt sind.

    Das gab mir Anlass zu recherchieren, wie oft denn überhaupt Vergiftungen (bei Kindern) auftreten, man liest darüber doch so gut wie gar nichts? Und überall stehen Eiben ...


    Ich habe einen interessanten, wissenschaftlich fundierten Blog gefunden - die Autoren sind "vom Fach" (innere Medizin, Nephrologie, Notfallmedizin)

    Darin zur Eibe, mit vielen Quellenangaben weiter unten:

    Eibenvergiftung: Europäische Eibe – ToxDocs


    Zitat

    Dabei werden Eibennadeln und die Beeren mit ihren Samen oftmals von Kleinkindern in geringen Mengen konsumiert. Da die Samen für eine Giftfreisetzung im Darm gut zerkaut werden müssen und dann bitter schmecken, und von den Nadeln meist nur ein bis zwei geschluckt werden, verlaufen diese Ingestionen fast immer harmlos. Nur ganz vereinzelt treten moderate Symptome über Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall hinaus auf.

    ....

    Ganz so harmlos wie es in dieser Untersuchung erscheinen mag, verlaufen Vergiftungen im Erwachsenenalter jedoch oft nicht. Hier werden Eibennadeln meist in suizidaler Intention verspeist oder ein aus ihnen gekochter Sud getrunken. Für diese Szenarien gibt es einige in der Literatur beschriebene Fälle schwerer und teils tödlicher Vergiftungen. So konnten Reijnen und Kollegen 22 in der Literatur beschriebene tödliche Vergiftungen mit europäischer Eibe identifizieren.5 Dabei scheint die tödliche Dosis für einen Erwachsenen bei etwa 50g Eibennadeln6 oder etwa 42-91g für einen 70kg schweren Patienten5 zu liegen. Mühlendahl berichtet, dass der Konsum des Suds von 50-100 Nadeln für Erwachsene tödlich enden kann.3



    Wirklich gefährlich würden demnach nur rel. hohe Menge an Eibennadeln (bzw. der entsprechenden Giftmenge aus zerkauten Samen).

    Es ist für mich kaum vorstellbar, dass - selbst wenn das theoretisch möglich wäre (und die Untersuchungen sagen dazu NEIN) - Pilze aus dem giftigen Substrat oder über Mykorrhiza oder pures "Danebenstehen" (und Mykorrhiza mit einem anderen Partner), dermaßen relevante Mengen anreichern könnten.


    Hat die Eibe überhaupt (Ekto-)Mykorrhiza-Pilze (mit denen ein "Stoffaustauch" stattfinden könnte)? Das ist nicht genau bekannt!

    Sie hat keine spezifischen Mykorrhiza-Pilze, also Pilze, die nur oder hauptsächlich mit der Eibe "sich verbändeln".

    Ob andere Pilze, die hauptsächlich mit anderen Bäumen M. bilden, hin und wieder auch mit der Eibe Mykorrhiza bilden können, das ist bisher nicht nachgewiesen! Auch gibt es nur wenige substratspez. Saprophyten und Parasiten.

    Eibenbegleitende Pilze - LWF-Wissen 10
    Gemäß ihrer Lebensweise werden bei Pilzen Symbionten, Saprophyten und Parasiten unterschieden. Erstere bilden eine Lebensgemeinschaft mit Gefäßpflanzen, aus…
    www.lwf.bayern.de


    Bei Bäumen, die keine Ekto-Mykorrhiza-Partner haben, liegt meist (oder immer?) Arbuskuläre Mykorrhiza vor.

    Dies wurde auch für Taxus baccata nachgewiesen, z.B. hier nachzulesen (Taxus lt. Tabelle nur mit Arbuskulärer Mykorrhiza)

    https://www.research-collection.ethz.ch/bitstream/handle/20.500.11850/146161/eth-25107-01.pdf


    VG

    abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo abeja,


    warum sollten denn Pilze überhaupt hochkomplexe Giftstoffe aus der Eibe aufnehmen und auch noch anreichern? Das ergibt doch physiologisch keinen Sinn für die Fruchtkörper. Myzelien werden ja ohnehin nicht verspeist. Wenn doch, so müssten diese Stoffe aufgespalten werden und wären dann ja nicht mehr die Giftstoffe, die in einem Fruchtkörper findbar und für uns gefährlich wären.


    Beste Grüße

    Stefan

  • Hallo,

    Hallo abeja,


    warum sollten denn Pilze überhaupt hochkomplexe Giftstoffe aus der Eibe aufnehmen und auch noch anreichern? Das ergibt doch physiologisch keinen Sinn für die Fruchtkörper.

    warum reichern Pilze Cadmium an oder Arsen? Das ergibt auch keinen physiologischen Sinn. Manches passiert vermutlich einfach und solange es keinen Nachteil für den Organismus mit sich bringt muss es ja auch nicht weggemendelt werden.

    Oder flappsig ausgedrückt: Weil sie's können?


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Stefan,

    beim ersten Lesen deiner Antwort hatte ich den Eindruck gewonnen, dass du meine Worte anders aufgefasst hast als von mir gemeint, aber vielleicht interpretiere ich da zu viel hinein.


    Ich habe nicht für die Hypothese argumentiert, dass Giftstoffe übernommen werden.

    Jedoch griff ich diese (experimentell widerlegte) Hypothese ( zumindest bei einigen bekannten Saprobionten und Substrat mit Pflanzengiften) nochmals auf. Ich setzte sie in Bezug zur Giftigkeit der Eibe (dosisabhängig) und zur (theoretisch vielleicht möglichen) Ekto-Mykorrhiza, die bei der Eibe nach bisherigen Erkenntnissen aber gar nicht vorliegt.

    Eine solche Symbiose (mit Giftpflanzen) klingt für viele Leute sehr verdächtig.


    Dann hatte ich spekulativ geäußert, dass für den unwahrscheinlichen Übergang von Giftstoffen diese mengenmässig eher gering ausfallen müssten, im Vergleich zu den Nadelmengen, die bei der Eibe eine merkliche oder kritische Vergiftung auslösen.


    Du bringst dann einen weiteren Aspekt (bei einer theoretischen Symbiose zwischen einer giftigen Pflanze und einem Pilz) ins Spiel, aber das sehe ich wie Andreas.

    Der Sinn oder Nutzen kristallisiert sich im Laufe der Evolution erst heraus. Es können viele Dinge zufällig passieren und über die Zeit erhalten bleiben, die für die beteiligten Organismen keinen Nachteil darstellen.

    Es könnten neben den wesentlichen, erwiesen sinnvollen Austauschstoffen, vielleicht kleinste Anhaftungen mit dabei sein, völlig zweckfrei ... rein theoretisch.

    Gibt es Untersuchungen zu Mykorrhizapilzen, die nachweislich mit Giftpflanzen verbandelt sind? Mir sind solche Kombinationen an sich überhaupt nicht bekannt.


    VG

    abeja


    PS. auch die Robinie hat keine Ekto-Mykorrhiza-Partner.

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  • Ich freue mich immer wieder über den Austausch hier. Danke für die Antworten. Andreas: Zumindest bei den Agaricus Arten wird gelegentlich betont, dass solche Stoffe in irgend einer Weise für die Fruchtkörperbildung benötigt werden. Ich weiß aber natürlich nicht, ob das stimmt. Umgekehrt werden diese Stoffe von den sie aufnehmenden Pilzen ja aber auch nicht verstoffwechselt (oder doch?). Giftstoffe aus Pflanzen, zb Eibe, müssten aber immer verstoffwechselt werden, weil sie keine Metalle sind?

  • Giftstoffe aus Pflanzen, zb Eibe, müssten aber immer verstoffwechselt werden, weil sie keine Metalle sind?

    Ich antworte mal als Chemiker: nein, das eine hat mit dem anderen wenig zu tun.


    Die menschliche Haut lässt auch einige Stoffe durch, z.B. Lösemittel oder Alkohol.

    Organische Stoffe werden natürlich leichter verstoffwechselt, aber auch anorganisches Arsen kann zu organischen Verbindungen verstoffwechselt werden (siehe Schweinfurter Grün).


    Grüße,


    Wolfgang

  • Gestern sprangen mir auf einem Waldfriedhof ein paar Pfifferlinge ins Auge - und sofort in die Hand. Dann schaute ich mal nach den umgebenden Bäumen: vorne links in 3 m Abstand eine Fichte, vorne geradeaus in 3 m eine Roteiche ... und ganz links, in 1 m Abstand ... eine Eibe.

    Das hat mich nicht davon abgehalten, die Pfifferlinge zu nehmen und zu essen, ohne irgendwelche "seltsamen" Folgen. Ich bin auch ziemlich davon überzeugt, dass in solchen Fundsituationen (parkähnlich, viele verschiedene Bäume) der normale Pilzsammler nicht jeden Baum in der Nähe beachtet, wenn er etwas "Begehrenswertes" entdeckt.


    VG

    abeja

    ... P I L Z E ... können unterirdisch, "unterirdisch", oberirdisch oder "überirdisch" sein.  :S 




  • Hallo Zusammen,


    ich hole das Thema nochmal hervor. Gestern wurde mir der neue PSV Ratgeber der DGfM geliefert. Habe ihn direkt verschlungen.

    Dabei ist mir aufgefallen, dass sich die Falschinformation über angebliche Bekannte Vergiftungsfälle durch Steinpilze, die aus Einebstreu herauswuchsen, als angebliche Tatsache in den Ratgeber eingeschlichen hat. Der Ratgeber bejaht also die Giftigkeit von auf Giftholz wachsenden Parasiten oder Saprobionten wie auch von zufällig durch giftiges Substrat wachsenden Symbiosepilzen.

  • Hallo Compris,


    naja, da steht schon "es wird vermutet". Die Vergiftungen waren ja real, nur die Eiben als Ursache waren (und bleiben) eine Vermutung. Der Gegenbeweis ist bei Taxol noch nicht erbracht, auch wenn die Indizien dagegen sprechen.

    Dass bei Goldregen der Gegenbeweis schon erbracht wurde, steht ja im Satz drunter.


    Dennoch könnte man noch etwas defensiver formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden.


    Grüße,



    Wolfgang

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