Glattstieliger Hexenröhrling auf der Riesalb

  • Guten Morgen beisammen,


    heute möchte ich euch einen Fund aus dem Vorjahr vorstellen, den Tobias Luschner und ich auf der Riesalb im Riedlinger Holz bei Donauwörth ab dem 6.9.2022 gemacht hatten: Suillellus queletii, der Glattstielige Hexenröhrling. Markant ist die weinrote Färbung im basalen Stielfleisch, die bei älteren Exemplaren häufig schon ohne Anschnitt von außen zu erkennen ist. Manche Stiele zeigten mehr oder weniger deutlich Tüpfchen auf dem Stiel – ich dachte bislang, der wäre immer "glatt" (Name!). Auffällig war zudem, wie farbvariabel die Fruchtkörper waren: Die Hutfarben waren an einer Stelle Ockerorange und an einer anderen Stelle Weinrotbraun.








    Habitat ist ein Buchen-Eichen-Mischwald auf Kalk mit eingestreuten Kiefern. Einige Meter weiter steht eine kapitale Eiche, die wir als Mykorrhizapartner vermuten. Allerdings stammen die Funde von verschiedenen Stellen, die ein paar Meter auseinander liegen. Aber wer weiß schon, wie groß so ein Myzel werden kann und welche Bäume in der Umgebung damit vernetzt sind. In der Umgebung wachsen u.a. Amanita pantherina, der Pantherpilz, Entoloma lividoalbum, der Weißstielige Rötling, Entoloma sinuatum, der Riesen-Rötling, Lycoperdon mammiforme und der Flocken-Stäubling, um den Fundort näher zu charakterisieren.


    Für mich war es das erste Mal, dass ich die Art live zu Gesicht bekommen habe, entsprechend groß war die Freude über diesen Fund. In der "Roten Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands" (2016) wird die Art als im Bestand "gefährdet (Kategorie 3)" geführt, insbesondere der kurz- und langfristige Bestandtrend sollen stark rückläufig sein. In der Roten Liste der Großpilze Bayerns (2009) wird der Glattstielige Hexenröhrling gar als "stark gefährdet (Kategorie 2)" ausgewiesen.


    Wer kennt Suillellus queletii ebenfalls aus eigener Anschauung und kann noch Wissenswertes zu der Art beitragen?


    Gruß, Andreas

  • Diesen schönen Pilz kenne ich genau so, wie du ihn portraitierst.


    Ich habe ihn bereits vor einigen Jahren (seit dem nicht mehr, da zu trocken) im Stadtpark in Deggendorf angetroffen.

    Dort wächst er zusammen mit N. xanthopus und S. luridus sowie weitere "Parkbegleitpilze" wie C. radicans und zahlreichen Filzröhrlingsarten.
    Als Mykorrhizapartner vermute ich die dort angepflanzten Blutbuchen.


    Liebe Grüße

  • Servus Andreas,


    den Glattstieligen habe ich bisher auch nur 1x gefunden. Den Fundort suche ich aber nicht soo regelmäßig auf, nur sporadisch... und dabei habe ich ihn nie wieder gesehen. Deine welligen Exemplare haben irgendwas abgekommen (Virus?) – auch bei Deinem Schnittbild sieht man, dass die Stielhyphen ebenfalls wellig sind.


    Bilder und Kommentare zu meinem Fund vom August 2018 kannst Du hier (http://www.pilzepilze.de/cgi-b…bs/pconfig.pl?read=336891) nachlesen –> am Ende des Exkursionsberichts. Weitere Begleitpilze in dieser Ecke waren Russula solaris (Sonnen-Täubling), Lycoperdon echinatum (Igelstäubling), Craterellus cornucopioides (Herbsttrompete) und nicht näher bestimmte große orange-gelbe Korallen.


    Wenn Du im Pilzepilze-Forum "queletii " eingibst, findest Du schon einige Fundanfragen/-meldungen. Verbreitet ist der Glattstielige sicherlich, aber eben selten beobachtet. Bei den sogenannt "seltenen" Arten frage ich mich immer, ob sie wirklich selten sind oder nur selten frukifizieren?! Vielleicht haben sie ein sehr robustes Myzel und es deswegen nicht nötig, ihre Energie für Sporenbildung zu vergeuden.


    Viele Grüße – Rika

  • Guten Morgen beisammen,


    Manche Stiele zeigten mehr oder weniger deutlich Tüpfchen auf dem Stiel – ich dachte bislang, der wäre immer "glatt" (Name!).

    meine Beobachtung hatte Andreas schon einmal vor rund 5 Jahren in einem anderen Thema hier im Forum erwähnt:

    Da der Glattstielige ja keineswegs völlig glattstielig ist, sondern durchaus feine pünktchen haben darf


    Spannend ist auch Christophs Hinweis, dass Neoboletus erythropus, der Flockenstielige Hexenröhrling, ebenfalls weinrote Farbtöne in der Stielbasis aufweisen können soll:

    ich kenne den Flocki auch mit Blutrotem Fleisch (in der untersten Stielbasis). Hier ein Vergleichsfoto aus dem Netz: http://www.pharmanatur.com/Myc…erythropus%20discolor.htm


    (mal wieder einer der "discolor"-Kollektionen -aber auf dem zweiten Foto sieht man ganz unten im Stiel deutlich rotes Fleisch und der Fruchtkörper ist fit)


    Mit etwas Glück fruktifiziert der Röhrling heuer erneut. Dann will ich Mal die Sporen ausmessen, um den Quotienten zu ermitteln. Außerdem interessiert mich, ob die Frk. genauso aussehen wie im Vorjahr.


    Gruß, Andreas

  • Hier noch ein paar Links zu Bildersammlungen, um einen Eindruck der Variabilität zu bekommen:


    Suillellus queletii (Schulzer) Vizzini, Simonini & Gelardi 2014
    Suillellus queletii (Schulzer) Vizzini, Simonini & Gelardi 2014 Tassonomia Divisione Basidiomycota Classe Agaricomycetes Ordine Boletales Famiglia Boletaceae…
    www.funghiitaliani.it


    Nahuby.sk - Atlas húb - Suillellus queletii - hríb Quéletov - hřib Quéletův


    Boletus queletii


    Gruß, Andreas

  • Hallo,

    Zum Glattstieligen habe ich keine Bilder aber ...

    Spannend ist auch Christophs Hinweis, dass Neoboletus erythropus, der Flockenstielige Hexenröhrling, ebenfalls weinrote Farbtöne in der Stielbasis aufweisen können soll:

    Hierzu hatte ich vor einiger Zeit folgende Beobachtung machen können:
    Neoboletus cf. erythropus (Gegen Neoboletus xanthopus sprach für mich die samtige Hutoberfläche, trotz der "Gelbfüßigkeit".)


    Es wirkt fast, als wäre die gesammten Rotpigmente der Stielrinde stattdessen in der Basis konzentriert.

    VG Thiemo

  • Hallo zusammen,


    bei kritischen Kollektionen müsste man zu erst mal mittels Melzers checken, ob die Stieltrama denn überhaupt amyloid reagiert -> Suillellus oder ob sie das nicht tut -> Neoboletus. So ganz einfach aus der Hand raus sind diese vielgestaltigen Hexenröhrlinge gar nicht immer zu bestimmen, finde ich. Zumal ja mit Suillellus mendax noch ein Hexenröhrling existiert, der queletii durchaus ähnlich sehen kann.

    Von allen Arten gibt es komplett oder teilweise pigmentlose Kollektionen, die dann rein schwefelgelb sind oder entsprechend scheckig. Es wurde z.B. auch schon ein reingelber Hexenröhrling im Pilzforum.eu gezeigt, den ich sequenzieren lassen habe und der sich dadurch als Suillellus mendax herausgestellt hat.

    Suillellus queletii soll die gedrungensten Sporen all dieser Arten haben, so dass bei reifen Sporen der Q-Wert zumindest diese Art gut bestimmbar macht.


    In Istrien meiner Erfahrung nach die häufigste rotporige Röhrlingsart.


    beste Grüße,

    Andreas

  • bei kritischen Kollektionen müsste man zu erst mal mittels Melzers checken, ob die Stieltrama denn überhaupt amyloid reagiert -> Suillellus oder ob sie das nicht tut -> Neoboletus. So ganz einfach aus der Hand raus sind diese vielgestaltigen Hexenröhrlinge gar nicht immer zu bestimmen, finde ich. Zumal ja mit Suillellus mendax noch ein Hexenröhrling existiert, der queletii durchaus ähnlich sehen kann.

    Von allen Arten gibt es komplett oder teilweise pigmentlose Kollektionen, die dann rein schwefelgelb sind oder entsprechend scheckig. Es wurde z.B. auch schon ein reingelber Hexenröhrling im Pilzforum.eu gezeigt, den ich sequenzieren lassen habe und der sich dadurch als Suillellus mendax herausgestellt hat.

    Hállo Ándreas,

    es scheint manchmal auch Kollektionen aus dem Dunstkreis vom Flockenstieligen Hexenröhrling zu geben die im Stielfleisch mit Melzers positiv daher kommen, da muss man weiter beobachten und es ist zu einfach zu sagen das nur die Gruppe um Suillelus amyloid positiv ist. Auch Boletus noncolarans ist Jod positiv und wurde von Heinz Engel in der Beschreibung in der Pilzflora Nordwestoberfrankens eher in die Ecke vom Glattstieligen Hexenröhrling vermutet,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Servus Matthias,


    Auch Boletus noncolarans ist Jod positiv und wurde von Heinz Engel in der Beschreibung in der Pilzflora Nordwestoberfrankens eher in die Ecke vom Glattstieligen Hexenröhrling vermutet

    noch nie von der Art gehört – was nichts heißen muss.


    Im IndexFungorum wird das Taxon als nom. inval. aus dem Jahr 2000 ausgewiesen:

    Zitat

    Boletus noncolorans H. Engel & Philipp, in Pohl, Pilzfreunde Südhessen Sulzbach e.V. 2: 55 (2000)


    Nomenclatural comment: Nom. inval., Art. 36.1(a) (Melbourne)


    In der MycoBank wird das Taxon hingegen als gültig, jedoch aus dem Jahr 1989, geführt:

    Zitat

    Boletus noncolorans Engel & Philipp: 73-74 (1989) [MB#580155]


    Für mich verwirrend, um ehrlich zu sein.


    Gruß, Andreas

  • Hallo Mâtzè,


    also dass es echte Flockis gibt, die amyloid im Fleisch reagieren, habe ich noch nie gehört. Wenn Du da eine Publikation weißt, wäre ich Dir sehr dankbar.


    Was "Neoboletus" immutabilis alias Boletus erythropus var. immutabilis alias Boletus noncolorans betrifft, so ist dort explizit eine amyloide Fleischreaktion in der Beschreibung angegeben. Was dann - wie Du ja selbst schreibst - schon Engel damals veranlasst hat, seinen Pilz in die Nähe von Suillellus queletii zu stellen. Auch Klofac (2007) in der ÖZP führt ihn nicht bei Neoboletus erythropus auf sondern bei Suillellus queletii (dort noch alles unter Boletus geführt).

    Und gerade dass die Boletenspezialisten dieses Taxon nahe zu Suillellus queletii stellen zeigt doch, dass die Amyloidreaktion bei Suillellus als konstant positiv, bei Neoboletus für konstant negativ angesehen wird.

    Ich kenne keine Sequenzierungsdaten für immutabilis/noncolorans, vermutlich wurde der nie sequenziert. Man müsste mal Michal Miksik anfragen, ob er das im Zuge seines demnächst erscheinenden Röhrlingsbuches gemacht hat. Jedenfalls wäre ich sehr neugierig und würde mal prophezeien, dass er molekular nicht nahe bei Neoboletus liegt.


    beste Grüße,

    Andreas

  • In der MycoBank wird das Taxon hingegen als gültig, jedoch aus dem Jahr 1989, geführt:

    Hallo Andreas,

    die Beschreibung der Art ist halt aus dem Jahr 1989

    Im IndexFungorum wird das Taxon als nom. inval. aus dem Jahr 2000 ausgewiesen:

    Das wird dann wahrscheinlich im Jahr 2000 beabeitet bzw dort eingefügt worden sein, das verschiedene Bearbeiter unterschiedliche Meinungen zu Arten haben gab es ja schon immer. Aber letztendlich weiss man ja in der Regel welcher Pilz gemeint ist auch wenn es verschiedene Namen dafür geben tut,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo Andreas,


    das ist ein Fehler in Index Fungorum. Da die Art eh inval. ist, ist es nicht so wichtig, weil der Name damit quasi nicht existiert. Ich werde Paul Kirk trotzdem gelegentlich schreiben dass er es ändert. Der Name wurde erstmals 1989 erwähnt, wie in Mycobank richtig steht. Allerdings nicht "Legitimate", was dort dann wiederum falsch ist.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Es wirkt fast, als wäre die gesammten Rotpigmente der Stielrinde stattdessen in der Basis konzentriert.

    VG Thiemo

    Hallo Thiemo,

    das könnte auch irgendein Befall sein, die Fleischtrucktur im Stiel ist unterbrochen. Letztes Jahr im Odenwald ist mir ein hellhütiger Flockenstieliger Hexenröhrling aufgefallen beim vorputzen im Wald mit roter Stielbasis in frisch,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo Matthias,


    Als mögliche Ursachen für die komische Rotfärbung kommen natürlich auch pathologische in Frage.


    Ich fand es interessant, da ich beim Flocki bisher noch nie auf so eine Eigenheit gestoßen bin und sich dies mit der oben berichteten Beobachtung von Christoph deckt.


    VG

    Thiemo

  • Hallo,

    Hallo Thiemo,

    das könnte auch irgendein Befall sein, die Fleischtrucktur im Stiel ist unterbrochen. Letztes Jahr im Odenwald ist mir ein hellhütiger Flockenstieliger Hexenröhrling aufgefallen beim vorputzen im Wald mit roter Stielbasis in frisch,

    viele Grüsse

    Matthias

    ich finde dass die violettrote Färbung der Stielbasis bei all diesen Rotporern einen anderen Farbton hat als die Rotfärbung von Pusteln, Netz oder sonstiger Stieloberflächenstruktur. Ich glaube daher nicht, dass es sich um dieselben Pigmente handelt, auch bei den Flockis nicht.

    Andererseits finde ich, dass die violettrote Färbung der Stielbasis in den Flockis - die ja selten mal auftritt und die ich eigentlich für einen Befall halte - denselben Farbton hat wie die Stielbasen der Suillellus-Arten. Was die Befalls-These jetzt nicht wirklich unterstützt zugegebenermaßen. Dennoch halte ich die Stielbasenfärbung von Neoboletus und die von Suillellus für zwei auf unterschiedlichen Ursachen basierende Dinge. Ich kann das aber nicht begründen, außer dass es bei Suillellus immer so ist, bei Neoboletus aber nur eine Ausnahmeerscheinung.


    beste Grüße,

    Andreas

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